Vinyl Rezensionen
BARONESS Yellow & Green 2LP Relapse Records
Wer sich die neuen Songs von BARONESS auf Vinyl zulegt, wird deutlich merken, dass Produzent John Congleton (THE PAPER CHASE) einen fantastischen
Job bei der Produktion von "Yellow&Green" gemacht hat, denn die Vielschichtigkeit, die er und die Band hier in die Rillen gepresst haben, ist schlichtweg erstaunlich. Der bunte Reigen beginnt mit "Yellow Theme", einem stimmungsvollen
Intro, welches von "Take my bones away" gefolgt wird. Der Song ist gewohnt heavy, aber etwas weniger verspielt als die bisherigen Songs von BARONESS. Das Tempo ist ebenfalls moderater und lediglich die Drums kommen
bombastisch daher. Der erste Eindruck verstärkt sich noch bei "March to the sea", denn das Intro ist beatlesk, der Bass legt ein reduziertes Fundament, auf welches Baizley aber eine göttliche
Gesangslinie setzt. Inhaltlich ein Zwiegespräch mit den personalisierten Medikamenten Valium und Morphium. In "Little things" passt man das Tempo etwas nach oben an, bleibt aber weiterhin in Indie-Gefilden und punktet
mit etwas verschrobener Melodik, die auf mehreren Ebenen zugleich zelebriert wird. Gerade das analoge Gewand passt hervorragend zu diesem Doppelalbum. Das die A-Seite beschließende "Twinkler" ist folky, integriert Bienensummen und
sakrale Chöre. Fast schon eine spirituelle Erfahrung.
Die B-Seite von "Yellow" startet dann mit einer Fusion aus THE BYRDS und Hetfield-Riffs. Weiterhin wäre "Yellow" ohne die
psychedelische Phase der Fab Four natürlich nicht denkbar gewesen, denn ein Song wie "Back where I belong" mit seinem schlingernden Reverb-Orgien deutet schon stark Richtung Liverpool und hätte auch gut in die Siebziger gepasst.
Des Weiteren ist er aber ein Wagnis, denn die Metal-Gemeinde wird hier wohl, von einigen weltoffenen Kritikern abgesehen, kopfschüttelnd ablehnen und den Hardcore-Kids wird es unter Umständen nicht
genug knallen. Wie also soll es mit BARONESS weitergehen? Wenn es nach dem recht unspektakulären "Sea lungs" ginge, dann würde der Weg ins Radio führen, aber man kriegt doch nochmal die Kurve und
beschließt "Yellow" mit "Eula", welches einen bleibenden Eindruck hinterlässt, weil es wieder epischer ist und das Effektboard-Solo sprengt wirklich den Maßstab sämtlicher Skalen.
Die zweite LP namens "Green" beginnt mit einem verhaltenen Intro aber "Board up the house" setzt dann primär auf den mächtig wummernden Bass und gibt damit die Marschrichtung für die sieben
noch folgenden Songs vor. Die songs sind im Vergleich zu "Yellow" etwas rockiger
aber keineswegs heavy oder hart und in "Psalm alive" kriegt der erstaunte Hörer sogar eine dominante Hammond-Orgel zu hören, die schließlich von leicht angezerrten Gitarren gekrönt wird.
Insgesamt brillieren BARONESS beständig durch geniales Songwriting, sollen doch andere infernalen Krach produzieren, BARONESS schicken sich lieber an den Rock-Olymp zu erorbern! Mit den achtzehn Songs auf
"Yellow & Green" haben sie sich jedenfalls selbst ein Denkmal gesetzt, soviel steht fest. ThEb (9)
SOLEMN LEAGUE
Different Lives LP
Kids In Misery
Die erste Seveninch von SOLEMN LEAGUE war das, was Kirschkuchen für Agent Cooper in Twin Peaks war, eine Göttergabe. Mitglieder von KURHAUS, ESCAPADO und JUST WENT BLACK werfen auch für die LP
alles in den Ring und können an den Achtungserfolg der Single anschließen. Das Schlagwort heißt Punkrock plus 90er Jahre Indierock mit etwas Schräglage und kleinen Noiseausflügen. Acht Tracks, die wie in "Semiotic Dreams" mal
gerne an JAWBREAKER denken lassen, aber auch ganz viele eigene Ideen verarbeiten und einen ganz individuellen Sound kreieren. "Magnificient Lair" bringt dann einen JOY DIVISION-Bass unter die
Leute, hat aber auch Chöre in Petto, so dass hier einfach souverän die Brücke zwischen 80er New Wave und 90er Indie geschlagen wird.
Eine der besten Platten, die ich seit einiger Zeit gehört habe und definitv ein essentielles Album, wenn man Indie schätzt oder englischspachigen Punkrock mag. Beachtlich ist vor allem,
wie die Berliner-Hamburger-Formation hier das hohe Niveau dauerhaft hält, aber wenn man
drei Jahre in ein Album investiert, dann hat es eben Hand und Fuß und das hört man "Different Lives" auch extrem an, diese Ruhe und Muse, mit der man hier ans Songwriting ging. Unbedingt mal reinhören!
400 Stück gibt es auf schwarzem Vinyl, 100 in grün, also schnell zugegriffen. In der LP-Hülle befindet sich ein schickes Cardboard-Sleeve und so ist Kids In Misery mal wieder ein echter
Hingucker gelungen, der dieses Wahnsinnsalbum schön abrundet. Thomas Eberhardt (8,5)
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