Euer letztes Album Victorian Leaves auf Swing Deluxe war absolut klasse, wie waren denn die Reaktionen, die ihr bekommen habt?

Michael/Bass: Das Album kam glaube ich wirklich im Allgemeinen gut an und ich denke, wir können damit zufrieden sein. Immerhin hat sich niemand groß beschwert.

Euer Quartett ist zum Trio geschrumpft, wie kam es denn dazu und fürchtet ihr nicht, dass sich das negativ auf den Sound auswirken könnte?

Michael: Kurz nachdem die Victorian Leaves rauskam, haben wir noch ein paar Konzerte mit einem neuen Gitarristen gespielt, der dann nachdem er ca. ein Jahr bei uns spielte, aus zeitlichen Gründen ausstieg. Wir haben lange überlegt ob wir zu dritt weitermachen, aber sind uns dann recht schnell einig geworden, dass wir es bei einer Gitarre belassen. Ich denke nicht, dass sich das negativ auf den Sound auswirkt, eher im Gegenteil. Wir machen einfach andere Musik zu dritt. Mit weniger muss man sich immer etwas mehr einfallen lassen, außerdem hat sich unsere Einstellung zur Musik geändert, uns ist klar geworden, dass die Musik die wir machen in erster Linie etwas ist, was aus uns rausfliest, ganz egal ob gut, schlecht, langweilig oder nach dem und dem klingt.

Thomas: Zudem konnten wir feststellen, dass unser Gesamtsound hierdurch an Klarheit gewonnen hat. Dieses differenzierte, gezielte Wahrnehmen der einzelnen Instrumente, haben wir auf unsere letzten Platte schon sehr vermisst. Es geht bei uns nicht mehr darum zu denken das eine Band nur einen guten Sound erzielt wenn sie zwei Gitarristen besitzt. Es ist oft, meiner Meinung nach eher das Gegenteil der Fall, schöne Bassläufe werden häufig durch "Gitarrenwände" zerstört und erhalten keine Chance zu wirken, wobei dies doch für einen gut funktionierenden Song sehr wichtig ist.

Holger: So gern ich auch unsere anderen Gitarristen hatte, und ich Grüße an dieser Stelle besonders Ali, muss ich sagen, dass uns zu dem Zeitpunkt des letzten Ausstiegs nichts besseres passieren konnte. Nach der "Victorian leaves" war schon recht klar, das die nächste Platte anders klingen soll. Durch die Tatsache das wir nun plötzlich nur noch zu dritt waren, bedeutete das für uns, dass wir gezwungen waren uns zu verändern. Ich denke das hat sich sehr positiv auf die neue Plattte ausgewirkt.

Warum kategorisch den vierten Mann ablehnen?

Thomas: Es ist nicht so, dass wir kategorisch den oder die vierte Person ablehnen. Das würde ja heißen das wir unbedingt nur als Trio weitermachen wollen. Dies muß generell aber nicht der Fall sein. Was wir derzeitig nicht wollen, ist eine zusätzliche Gitarre. Jeder von uns kann sich aber durchaus damit anfreunden das ein anderes Instrument, welches auch immer, dazukommt. Wir alle mögen sehr gerne elektronischer Musik. Ich kann mir sehr gut vorstellen, noch mehr an Instrumentierung im "klassischen" Sinn zu reduzieren, um dieser Art von Musik in unserer einen dominanteren Platz zu geben. Auf unserer neuen Platte hat der Einfluß an elektronischer Musik zugenommen, allerdings alles in dem Maß, dass wir dieses auch Live umsetzen können. Wir hatten für diese Platte Songs fertig bei denen fast komplett auf Gitarre und Drums verzichtet wurde. Allerdings haben wir im Studio festgestellt, dass diese Songs auf der neuen Platte noch keinen Platz haben. Vielleicht auf der nächsten???

Michael: Ich glaube wir haben, nachdem unser letzter Gitarrist ausgestiegen ist, festgestellt das wir zu dritt erst einmal besser funktionieren. Wir drei kennen uns schon ewig, wir haben die selben Menschen kommen und gehen sehen. Wir haben schon viele Jahre geteilt und wohnen immer noch alle in derselben Stadt.



Interessant ist, dass ihr bei Day After gelandet seid. Könntest du kurz erzählen wie der Kontakt zu Stande kam?

Michael: Komischerweise sind die Konzerte die wir mit Robocop Kraus gespielt haben immer die gewesen, die uns ein Stück weiter gebracht haben. Nach deren Tour für die "Living with other People" - Platte, haben wir die letzten beiden Konzerte mit ihnen gespielt, u.a. das letzte in Nürnberg. Mira von Day After war auch da. Das Konzert war eines der schönsten das wir je gespielt haben. Und das war`s.

Holger: Das wir nun mit Day After zusammenarbeiten, ist für uns wirklich großartig. Ich denke es gibt nicht viele Labels bei denen wir uns musikalisch sowie auch auf der persönlichen Ebene so gut aufgehoben fühlen könnten. Zumal ich persönlich auch im Vorfeld schon mit Day After sympathisiert habe. Das dies aber so gut und reibungslos geklappt hat, hat mich selbst ein wenig verwundert.

Aufnehmen in Barcelona, wolltet ihr Hobby mit Spaß verbinden? Was war der denn Grund dafür und lässt sich das überhaupt rechnen?

Michael: Wir haben lange überlegt wo wir aufnehmen können. Irgendwann im Juni letztes Jahr spielten wir in Köln. Dort waren auch Leute von ONE MAN AND HIS DROID, die haben Holger Ihre neuen Aufnahmen, die auch dort produziert wurden, vorgespielt. Nachdem wir dann mehr über Santi Garcia und seine Aufnahmen in Erfahrung gebracht hatten, wussten wir dass er der richtige Mann für die Aufnahmen ist. Preislich gesehen liegen wir auf jeden Fall weit unter den Angeboten die wir aus Deutschland angefragt hatten, Flüge und Unterkunft sind nicht so teuer im Februar; und Spanien ist doch ein cooles Land um aufzunehmen, gerade wenn der Ort direkt am Meer liegt.

Holger: Barcelona bzw. Sant Feliu war eine reine Bauchentscheidung. Im ersten Moment hörte es sich für mich schon ein wenig abstrus an dort eine Platte aufzunehmen. Anfangs habe ich nur mal Interesse halber angefragt. Ich bin dann mit Santi näher ins Gespräch gekommen und er hat schließlich die konkrete Anfrage gestellt, "was denn jetzt mit den Aufnahmen wäre." Ausschlaggebend für die Zusammenarbeit war einfach die Tatsache, dass wir musikalisch auf jeden Fall den selben Nerv treffen. Als ich mir schließlich noch die NO MORE LIES -Platte kaufte, (Santis großartige Band) wusste ich, dass es die richtige Entscheidung ist dort die Platte aufzunehmen Zumal im Zeitalter von Billigflügen der Aufwand nicht wirklich soo groß ist!

Ihr werdet nur in den höchsten Tönen gelobt und mit THE TRANS MEGETTI, Q AND NOT U und anderen verglichen, was erwartet ihr euch persönlich vom neuen Album?

Michael: Ehrlich gesagt weiß ich es im Moment gar nicht, wir haben seit den Aufnahmen nicht mehr geprobt, Holger musste seine Diplomarbeit schreiben, Thomas war damit beschäftigt sich einen neuen Job zu suchen und ich musste wieder Arbeiten und zur Schule. Seitdem haben wir die Aufnahmen nicht mehr gehört, ich glaube keiner ist mehr gespannt auf das, was wir da fabriziert haben als wir. Auf jeden Fall sind unsere Einflüsse wieder mal hörbar, ich denke wir versprechen uns hauptsächlich, dass wir jede Menge Spaß auf den Konzerten haben die wir spielen werden. Und das wir b.z.w. Day After nicht auf den Dingern sitzen bleiben werden.

Holger: Ich persönlich habe keine expliziten Erwartungen, was das Album angeht. Ich denke das werden wir auf uns zukommen lassen müssen. Was mit so einer Platte passiert, wie sie ankommen wird und wie dann im Endeffekt die Resonanz sein wird, bleibt abzuwarten. Was die Bandvergleiche angeht, muss ich sagen, dass dies sicherlich subjektive Wahrnehmungen sind und jeder Mensch anders Platten wahrnimmt. Bandvergleiche gehören zu der Art und Weise alles kategorisieren zu müssen, wovon sich sicherlich niemand freisprechen kann. Solange sich dann die Vergleiche wie im oben genannten Rahmen abspielen, bin ich sehr zufrieden.

Man hört die Demos seien beeindruckend, hat das gute Kind denn schon einen Namen? Was kannst du schon verraten?

Die neue Platte heißt "Coalition: Now". Ursprünglich waren 13 Songs geplant, wir reduzierten das ganze aber auf 11 Songs, da diese optimal miteinander harmonierten, obwohl alle auf ihre Art wieder sehr verschieden sind. Es sind auch Stücke, die schon auf dem 8-Spur Demo für Day After vorhanden waren dabei. Allerdings ist es bei uns häufig so, dass wir im Studio noch sehr viel an einzelnen Elementen wie Songstrukturen/Texte arbeiten, verändern oder auch komplett rausschmeißen. Das war auch diesmal der Fall. Diese Möglichkeit halten wir uns bewusst offen. Ich denke die Platte ist ein großer Schritt weg von der Victorian Leaves, was allein schon durch den Verzicht auf die zweite Gitarre vorhersehbar war. Diesmal haben wir sehr viel Wert auf Simplizität gelegt und typische Dinge wie Overdubs und Gesänge doppeln bewusst vermieden, was wir zum Teil aber auch Santi Garcia zu verdanken haben , da er dahin gehend die gleiche Einstellung zum Produzieren hat wie wir. Worüber wir uns sehr gefreut haben war das wir mit Artur Estrada, ehemals Sänger bei AINA jetzt bei NUEVO VULCANO, zusammenarbeiten konnten und er einen Gesangspart zu einem der Songs beigesteuert hat. Worüber ich persönlich sehr froh bin, ist das ich weiß, dass wir alle darauf bedacht sind nicht zweimal die gleiche Platte zu machen; und auch die nächste wahrscheinlich komplett anders ausfallen wird. Diese Herangehensweise gibt uns die Chance uns im Musik machen nicht einzuschränken und "Langeweile" zu vermeiden.

Ich weiß, ihr wollt die Texte zur Interpretation flexibel halten, aber was für Themen sind euch als Band denn wichtig, oder geht's euch "nur" um die Musik?

Michael: Auf der Victorian Leaves habe ich noch alle Texte geschrieben. Ich habe es eigentlich nie so gehandhabt das ich mir nicht irgendein Thema rausgesucht habe um darüber einen Text zu schreiben. Meine Texte sind eher so etwas wie abstrakte Malerei, das ganze ist gegenstandslos, was nicht heißen soll das sie hohl oder bedeutungslos sind, sie sind eben Abstrakt, wie Gefühle oder Träume. Das Interessante ist, dass Holger und Thomas völlig andere Herangehensweisen beim Texte schreiben haben und wir trotzdem zusammen Texte gemacht haben. Jeder Song handelt meist von einem oder mehreren Abschnitten in meinen Leben, dabei kann es durchaus Überschneidungen geben. Das heißt: Song soundso, handelt von der und der Zeit, in der ich das und das erlebt, gedacht, gefühlt habe und das ist dabei herausgekommen. Dazu kommt das wir mittlerweile alle drei schreiben, jeder einen anderen Stil hat und wir keine Probleme damit hatten die Texte von jemand anderem zu singen oder einfach verschiedene Gedanken die wir zur selben Zeit hatten, in einen Song zu packen. Wir haben es einfach gemacht, so wie wir einfach Musik machen.

Thomas Eberhardt