WITH LOVE, Februar 2010-Reviews

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BOILER
Alles Und Nichts CD
Moving Magnet Records


Der Opener "Alles Und Nichts" ist noch ganz ordentlich, runtergestimmte Powerchords kritisieren den allgegenwärtigen Starkult, aber alles Weitere ist dann stark Niveauabhängig, Texte über's Anbandeln, Aufreißen und Flachlegen, wer's braucht. Wenn BOILER wie in "Feind der Liebe" gegen Extremismus ins Feld ziehen, dann könnte man sie beinahe mit MAGAVIER vergleichen, aber insgesamt ist dieses Album was für Fans der neuen deutschen Härte, die musikalisch wie textlich an simple Kosten gewöhnt sind. (44:11)(5) Thomas Eberhardt

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BRIDGES LEFT BURNING
A Breath Of Loss CD
Down The Drain Records


Die meisten werden "After The Eulogy" oder "The Day The Sun Went Out" von BOY SETS FIRE in ihrer Sammlung haben und BRIDGES LEFT BURNING kann man ohne Zögern danebenstellen, denn die fünf Bayern spielen eine derart ausgereifte Fusion aus Screamo, Emo- und Hardcore, dass man sich fragt, seit wann sie daran basteln. In "Calm Down, It's Not Blood, It's Just Wine" bieten sie spoken word Passagen ebenso wie melodisches Riffing, vergessen dabei aber auch nicht das ein oder andere Metallick. Die Band transportiert ein besondere Spielfreude und dieser Funke springt schnell über und wächst sich zum Flächenbrand aus. Der Gesang ist sehr variabel, aber nie zu süßlich, das Ultimo sind heiser, kehlige Melodiebögen, noch lieber wird aber geshoutet. Durch die Distanz zum momentanen Geschehen ist "A Breath Of Loss" eine Reminizenz an die Neuziger, die Bayern spielen Songs fernab von Trends, haben verinnerlicht, wie mitreissendes Songwriting funktioniert und bieten auch textlich einiges. Spannende Samples verknüpfen die Tracks und neben dem obligatorischen kritischen Denken fordert die Band auch Umweltschutz, setzt sich gegen organisierte Religion ein und versucht auch mal was neues, indem man einen Text an die "Privileged First World Fucks" aus der Sicht eines Menschen in der dritten Welt formuliert. Das werden manche nicht gerne hören, notwendig sind solch unmissverstänliche Methoden allemal. Mit ihrem Debüt haben BRIDGES LEFT BURNING jedenfalls alles richtig gemacht. (28:59) (8,5) Thomas Eberhardt

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BURY MY SINS
Rats MCD
Damage Done Records/ Shark Men Records


Der Titletrack eröffnet das neue Lebenszeichen von BURY MY SINS und wartet gleich mit einem recht traditionellen Metalsolo auf, während der Rest der Mannschaft volles Tempo fährt. Hardcore-Elemente tauchen dann erst im zweiten Song "Oblivion The End" auf, denn hier spielt man vermehrt Stakkato, gönnt sich aber auch wieder ein bombastisches Solo, was aber eigentlich ziemlich überzeugend klingt. Was das Artwork angeht, hat man diesmal was anderes versucht und Daniel Ehrlich hat "Rats" ein ansehnliches Cover verpasst. Stilistisch ist man versucht von Stagnation auf einem hohen Niveau zu sprechen, denn das kennt man ja schon von HSB, MAROON oder CALIBAN. BURY MY SINS haben sich in den letzten Jahren ja ebenfalls merklich Richtung Metal entwickelt und das Interlude "Talent" schwingt kurz die Progmetal-Keule, bevor "Trapped Meaningless" wieder mal einen Hardcore Song bietet, der anfangs an TERROR erinnert, dann aber schnell in, wohlgemerkt technisch perfekten, Metal à la SLAYER oder DEATH umschwenkt. Ein Hammertrack, der von einem ebensolchen nämlich "The Killer In Me" gefolgt wird und das Release aus dem Gewohnt-Gut-Status in die Katagorie Holy Shit katapultiert. Da ist noch Luft nach oben, aber jetzt bloss nicht zu schnell nachlegen. (25:52) (7) Thomas Eberhardt

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CUMBERSOME
Welcome To The Good Life CD
Cumbersome.de, Eigenproduktion


Der erste Automatismus beim Hören von CUMBERSOME war, dass der Lautstärkeregler für mehr Bombast sorgen durfte. Eigentlich ein gutes Zeichen, denn der Opener, der den Namen des Albums trägt ist die handwerklich beeindruckende Schnittmenge aus einem frühen FAITH NO MORE-Song und einem aktuellen MUSE- oder QUEENS OF THE STONE AGE-Track. "When Decoration Fades" erinnert dann eher an LINKIN' PARK, während "Starter Kid" in die BILLY TALENT-Richtung geht. All diese Einflüsse sind aber sehr gut in den eigenen Stil der Band aus Haltern am See integriert und zeigen eher die Sozialisation, als dass sie der Versuch wären schnell an Ideen zu kommen. Aufnahme und Artwork sind professionell, die Gitarren meist runtergestimmt, in "Feed The Flame" versucht man sich erfolgreich an melodischem Tandemgesang, während die Gitarren mit Powerchords in der Tradition von FAR das Fundament für den radiotauglichen Song legen. Die Tendenz der Texte geht ins Kryptische, um sind auch bei näherer Untersuchung nicht unbedingt leichter zu entschlüsseln. Insgesamt also ein recht komplexer Brocken, den man aber auch einfach emotional angehen kann und als gutes Indierock-Album von Anfang bis Ende durchhören wird. Von CUMBERSOME hat man bestimmt nicht das letzte Mal gehört und wer von "Welcome To The Good Life" ebenso begeistert ist wie ich, kann sich ja noch das Debüt "Some Bloomy Diary Nightmare Called Reality" von 2006 holen. (33:14)(7) Thomas Eberhardt

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CHASIN' FOR GLORY
Rookie CD
Finest Noise Releases/Radar Records


Joseph Wetzel, Sänger von CFG, sagt klar und deutlich er "habe die Schnauze voll von Liebesgeheul auf 4/4 Beats, wenn nebenbei die halbe Erde krepiert" und so ist der Punkrock der Bayern politisch. Das Debüt "Sooner Said Then Done" wurde passend dazu auch mal auf dem Stadtplatz in Straubing auf die Bühne gebracht um gegen die NPD zu demonstrieren. Trotz der Agenda in einem Song wie "Thrill Of The Hunt", der sich gegen Massentierhaltung richtet, wirkt das Quartett nie besserwisserisch, sondern schafft es immer tolerant zu vermitteln. Stellenweise wirken die Songs zwar etwas hölzern und auch der Gesang könnte noch abwechslungsreicher sein, aber für eine junge Combo sind CFG durchaus gut. Besonders überzeugend ist die Band, wenn sie wie in "Second Best" ein hohes Tempo vorlegt, oder wie in "Chasin' For Glory Vs. I Jones" stark auf Rhythmik setzt und facettenreiche Vocals bietet. "Anti-Fa" ist der einzige Song auf Deutsch, wirkt flüssiger als die anderen elf Tracks und bietet mit seinem Aufruf gegen den Faschismus ein gelungenes Ende für diesen politischen Rundumschlag. (35:10) (7) Thomas Eberhardt

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DANTE'S DREAM
Begins Here MCD
Finest Noise Records/Radar


Virtuoses Akustikgeklimper eröffnet das Album von DANTE'S DREAM, also nichts mit den Zyklen der Hölle, stattdessen hört man unspektakulären Gitarrenrock, der von der kränkelnden Musikindustrie mit Preisen überhäuft wurde. Hochpolierte Loungemusik, die mich aggressiv macht, weil sie einfach entwurzelt klingt und in einem Track zwischen Emo und Elektro pendelt und dem Ganzen dann noch einen absolut deplatzierten LIQUIDO Refrain aufsetzt. Zwischendurch gibt es einen Simon And Garfunkel-artigen Akustiksong, danach singt der Sänger über Weltraumreisen. WTF? (47:40)(3) Thomas Eberhardt

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IN-SANE
Trust Me, These Hands... Are Worthless CD
Moonlee Records/Fond Of Life Records


IN-SANE aus Slovenien haben es sich zum Ziel gemacht Melodypunk mit einer rotzigen Streetpunk-Attitüde zu paaren und vergessen dabei auch nicht das ein oder andere Hardcore-Riff. Das man als Trio unterwegs ist, versuchte man aber leider durch das Aufdrehen aller Regler zu kompensieren, was den Sound etwas schwammig macht. Bis auf dieses kleine Manko überzeugt das zweite Album der Band aber ohne weitere Einschränkung kurze Hardcore-Smasher wie "Mrtev Policaj/Dead Cop" werden durch hymnische 90s Punkrock-Songs wie "Red Carpet Pretenders" super ergänzt. Die Texte, die bis auf eine Ausnahme auf Englisch sind, zeugen von Intelligenz und kritisieren gängige Schönheitsideale, ebenso wie Krieg und IN-SANE sind überzeute Weltverbesserer. Es sind elf Lieder plus ein Bonustrack und wer STRIKE ANYWHERE oder ANTI FLAG im Regal stehen hat und Wert auf Inhalte legt, ist mit IN-SANE mehr als gut beraten, denn hier hört man modernen Melodycore mit Köpfchen. (32:32) (6,5) Thomas Eberhardt

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LIGHTHOUSE
Abyssus Abyssum Invocat CD
Anchors Aweigh


Es dauert nicht lange bis LIGHTHOUSE einen mit ihrem düster-bedrohlichen Hardcore in ihren Bann gezogen haben. Zwischen den Polen UNBROKEN und NOVEMBER COMING FIRE bauen sie verzweifelnd schleppende Songs zusammen, die stets poetische Texte zu bieten haben, selbst wenn mancher für die Leküre des Booklets wohl eine Lupe brauchen wird. In "Blue Almost Black" orientiert man sich dann eher an MODERN LIFE IS WAR, denn während der Sänger heiser vor sich hinröchelt, setzten die beiden tiefergestimmten Gitarren auf dröhnende Powerchords, ohne den sie flankierenden Bass auszustechen, denn der ist erfreulicherweise immer hörbar und daran darf sich gerne jede Band ein Beispiel nehmen, denn meist wird der Viersaiter ja übertönt. Das Artwork von Joshua Andrew Berlanger (Defeater, Heaven Shall Burn und The Banner) ist ganz ansehnlich und ebenso düster wie dieser erste längere Release des Quintetts. Metallisch-disharmonischer Hardcore ohne Soli und nur mit vereinzelten Leads, der zwar nichts vollkommen Neues bietet, die bekannten Fragmente aber sehr professionell zusammenfügt und live bestimmt noch intensiver rüberkommt als auf der EP. Wenn LIGHTHOUSE mit diesen Liedern auf Tour sind, sollte man sie nicht verpassen. "Abyssus Abyssum Invocat" findet einfach den goldenen Mittelweg zwischen kopfloser Wut und komplexen Arrangements mit atmosphärischer Note. Ein Grower, den man oft auflegen kann. (19:53) (7) Thomas Eberhardt

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LOST IN CONFUSION
The First Session CD
Down The Drain Records


Ein ungewöhnlicher Einstand für ein neues Hardcore-Label. Down The Drain, aus Bayern, das kürzlich den DRIVING THE SALT Backkatalog auf einem Album veröffentlichte und dem Ganzen auch neue Songs spendierte, machte den Auftakt der Labelhistory nämlich eigentlich mit LOST IN CONFUSION, die eine Art Funkcore spielen, also Punkrock der Marke RANDY, MILLENCOLIN gepaart mit RHCP-Elementen und funky Basslines und Gitarrenlicks. "Get Off Your Knees" schließt an die Heydays des Melodycore an und die Spielfreude, die der Vierer mitbringt, machen den häufigen Teenagethemen und dem bisweilen aufkeimenden Musikschulmief den Gar aus. Man muss der Band ihre Originalität einfach hoch anrechnen, denn es wäre sicherlich einfacher gewesen Metalcore zu machen, aber dann lieber an eine Band wie MINDJIVE auf Burning Heart denken und ganz was anderes auf die Beine stellen. Zwölf Tracks für Funk- und Groovefans. Weiter so! (41:43) (7)

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NOISE CAPITAL
Majestic CD
Finest Noise Releases/Radar


Rock zwischen den QUEENS, MUSE und FUGAZI, andersgesagt zwischen den Polen Psychedelik, Pathos und Disharmonie. Ein grosses Projekt, welches dieses Trio hier in Angriff nimmt, aber die "erfahrenen Musiker" hinterlassen einen sehr positiven Ersteindruck. Der Groove von Tom Morello wird mit atmophärischen Passagen ergänzt und die Texte sind bisweilen etwas kryptisch, folglich wird der ein oder andere Durchlauf nötig sein, um bei NOISE CAPITAL durchblicken zu können. Kurt Ebelhäuser von SCUMBUCKET hat die zweite EP der Band produziert und der Nachfolger zu "These Are Your Gods" setzt stark auf Groove und kann bereits mit dem ersten Track "..." punkten. Etwas beliebig klingt dann der Anfnag von Track zwei, allerdings praktiziert man stetig auf einem hohen Niveau und als dann die Reverbpassage mit ihrem Americana-Solo einsetzt, welches doch etwas an die frühen MADRUGADA erinnert, ist man durchaus versöhnt. Für ein Trio schlichtweg eine reife Leistung, auch die musikalische Bandbreite, die Track 3 dann nochmal demonstriert ist bemerkenswert. Das Profil von NOISE CAPITAL leidet leider etwas drunter, aber von den Morello-Grooves erkennt man sie dann doch wieder. Äußerst versierter Indierock, der Song für Song überrascht und den Hörer verblüfft zurücklässt, selsbt wenn's mit Noiserock à la SHELLAC nicht allzuviel zu tun hat. (28:37) (7) Thomas Eberhardt

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THE STILETTOS
Fuck It Rock It CD/LP
Tocado Records/Radar


Seit rund zehn Jahren gibt es THE STILETTOS jetzt bereits und "Fuck It Rock It" ist ihr viertes Album, das zweite für Tocado aus Rotterdam. Den Stil der Band könnte man als von den CRAMPS inspirierten Punkrock mit einer gehörigen Orgelsektion und einer deutlichen ROLLING STONES-Affinität beschreiben. "Head To The Ground" ist sogar etwas an "Paint It Black" angelehnt, aber Fans der HELLACOPTERS, STAGGERS und THE BRIEFS dürften THE STILETTOS zu schätzen wissen. 13 schnelle Garagenrock-Songs, die auch mal gerne auf simple Beats setzen, Hauptsache der Partyfaktor stimmt. Nach "Roulette" von THE MONROES und Mark Lottermans Album ein weiterer Volltreffer auf Tocado Records. "Going Down And Lovin' It" zeigt auch den Wortwitz, den das Trio an den Tag zu legen vermag, denn wer "The only thing that I like at all is listening to the records of THE FALL" in einen derart depressiven Kontext platziert, der hat einfach einen tiefscharzen Humor. "No Denying" setzt dem Ganzen noch eins drauf und reizt die Rhythmik nochmal richtig aus. Dieses Album muss man sein eigen nennen. Die LP ist übrigens über Minstrel erhältlich, bloß nicht verpassen! (27:09) (8,5) Thomas Eberhardt

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TEAMKILLER
No More Fears, No More Darkness, No More Delusions. MCD
Cobra Records


TEAMKILLER machen den nächsten beinahe absehbaren Schritt, denn nachdem die Texte schon immer recht spirituell und philosophisch angehaucht waren, nimmt man sich nun auch bei den Vocals John Joseph von den CRO-MAGS zu "Alpha Omega"-Zeiten zum Vorbild und schließt den Kreis zwischen textlichem Inhalt und Gesangsstil. Das macht Sinn und wird besonders bei den älteren Semestern gut ankommen. Durch die neuen Vocals haben die Stuttgarter auch einen Schritt weg vom Riff, hin zum Song gemacht und sich selbst neu erfunden. Besser hätten sie's nicht machen können. Die Powerchords des Sechssaiters sind eine gute Erdung bei Texten über Wiedergeburt, Wahrheit und den Kreislauf des Leids. Aber keine Angst, die Band bliebt aber immer auf Distanz zur organisierten Religion, aber rein inhaltlich muss man natürlich an CRO-MAGS, SHELTER oder 108 denken. Rund wird das Ganze durch den Groove, der auch diesmal wieder gigantisch ist. "Spiritual Relief" lässt dann beinahe an die BAD BRAINS denken und wer jetzt neugierig geworden ist, sollte ein Konzert der aktuellen Tour besuchen. (20:06)(8,5) Thomas Eberhardt