WITH LOVE, Dezember 2010-Reviews

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AT DAGGERS DRAWN
Serving Sorrow CD
Shark Men Records


Zu Anfang hatte ich so meine liebe Not mit den Berlinern warm zu werden, was haupts?chlich an dem reduziert-nostalgischen Stil der Berliner lag, den man erst nach ?fterem H?ren zu sch?tzen beginnt. OUTSPOKEN und MOUTHPIECE scheinen hier Pate gestanden zu haben und TURNING POINT haben ebenfalls ihre Spuren hinterlassen. Folglich neigt das Quintett selten zu Metalanleihen, sondern setzt auf rhythmische Drums, treibende Gitarrenriffs und l?sst Spoken-Word-Passagen, deren Grundlage die Kurzgeschichte Serving Sorrow ist, f?r die n?tige Abwechslung sorgen. Zehn Songs, die nach und nach z?nden, aber im Bereich des Gesangs trotzdem noch etwas mehr Power haben d?rften. Die Verpackung als Digipack ist so umweltvertr?glich wie m?glich und auch die Kurzgeschichte gibt Denkanst?sse. Somit ist "Serving Sorrow" ein solides Deb?t und AT DAGGERS DRAWN haben f?r HC-Puristen das richtige Programm, ohne dabei uneigenst?ndig zu sein, denn im Jahr 2010 ist die Band definitiv angekommen. D?sterer Hardcorepunk mit K?pfchen eben. Thomas Eberhardt (7)

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BITCH QUEENS
Female Shotgun
Lux-Noise Productions


Wo Glam draufsteht muss es bittesch?n auch triefen vor Klischees. Kaum ein anderes Genre lebt so sehr von der Realit?t enthobener Poserei wie Glamrock und droht dabei immer in Peinlichkeit zu versinken. Das l?sst sich eigentlich nur verhindern, wenn zu einer ?berzeugenden Angeber-Attit?de ein ordentlicher Schuss Selbstironie dazukommt. Ach ja, und die Musik muss nat?rlich auch ROCKEN. Einen Ausflug in die lippenstiftverschmierte Welt der BITCH QUEENS d?rfen alle Anh?nger dieser Spielart mal riskieren. Die Promo-CD ist zwar etwas sparsam aufgemacht und die "female Shotgun" auf dem Cover k?nnten Zacken mutiger posen, aber die griffigen Refrains, knallige Breitwandgitarren mit Weedly-Weedly-Solos unter einem soliden Drum-Rhythmus sorgen daf?r, dass Songs mit programmatischen Titeln wie "Spotlight Electricity", "Lipstick Lover" oder "Hooked on Gasoline" gut funktionieren. Was aber letztlich etwas gez?hmt auf CD gepresst wurde, d?rfte erst live so richtig seine Energie entfalten. Das w?re zumindest mein Anspruch an diese Band, dass wir hier den Soundtrack zu einer schwei?treibenden Party auf deiner lokalen Clubb?hne haben. Wer auf BACKYARD BABIES oder PRIMADONNA steht, sollte trotzdem mal bei einem Konzert der Schweizer vorbeischauen und dann entscheiden, ob dieser gute Glampunkrock-Standart auch zu Hause laufen muss. Michael Dietz (7,5)

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BODYNTIME
Gran Rodeo CD
Go Down Records


Mit diesem Quintett betreten Go Down Records Neuland, denn das f?r Garage-Rock bekannte Label hat erstmalig so etwas wie eine Indieband mit herrlichen Gitarrenleads und Emocore-Anleihen im Programm. Mit diesem Unikum ist es aber noch nicht getan, denn S?nger Simone Moscon gibt sich alle M?he seine Stimme mehr als das ?bliche Gekeife abzuringen und ?berzeugt mit einer Rockr?hre, die Plant und Hendrix als Einfluss erkennen lassen. Genregrenzen ignorieren die Italiener also geflissentlich. Das macht "Gran Rodeo" unberechenbar, kurzweilig, aufregend und sicherlich interessant f?r Indiefans. Das Anfangs recht eindrucksvolle Album verliert leider gegen Ende etwas an Ideenreichtum und landet im soliden Mittelfeld. Thmas Eberhardt (6)

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CARNIVALES
While We're Young CD
Standstraight Records


F?nf h?bsche Schweden, die Beatmusik spielen, soweit ist das Konzept bekannt und THE CARNIVALES werden sich dem kritischen Ohr der MANDO DIAO-Fangemeinde schon deshalb stellen m?ssen. Sie selbst quittieren ihr attraktiv-jugendliches Aussehen mit Selbstironie, indem sie sich als Affen auf dem Cover verewigt haben. Der Stil bewegt sich zwischen Rock mit spanischen Akzenten (Lola) bis hin zu G N' R-Fragmenten (Love Apart). Espen Janson hat eine charakterstarke Stimme und allgemein nimmt das Quintett sich gegenseitig nicht die Luft, sondern ?bt R?cksicht auf die Melodieb?gen des Bandkollegen, so entfaltet sich ein transparenter und raumfordernder Klang. Reichlich Uhhs und Oohs d?rfen nat?rlich fehlen und fertig ist eine gute Alternative zu den mittlerweile sehr kommerziellen MANDO DIAO und THE STROKES (gibt's die eigentlich noch?) Gef?llt. Thomas Eberhardt (7)

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DEL REY
Immemorial
Golden Antenna Records


Im Grunde ist es gar nicht so schwer, solche Musik zu machen, wie DEL REY aus Chicago das seit 12 Jahren tun. Ein Track dauert 7 bis 12 Minuten. Er f?ngt leise an mit cleanen Delay-Gitarren, die zerbrechlich wirken sollen, im Hintergrund kommt von den Becken oder vom Keyboard atmosph?risches Rauschen. Irgendwann setzt der Bass und ein langsamer Drumbeat ein, der sich in hypnotisierender Wiederholung unweigerlich steigert, alles wird lauter, die Gitarre packt die Zerre aus, der Drummer verdrischt nur noch die Crash-Becken, alle Zuh?rer f?hlen sich jenseits von Zeit und Raum wahlweise in einem intergalaktischen Schwebezustand oder einem verschneiten Nadelwald in Norwegen und flippen v?llig aus. Manche Menschen nennen das, was dann zu h?ren ist, Postrock. Wenn man einen oder - wie im Fall von DEL REY - zwei tighte Drummer hat und ein riesiges Gitarren-Effektboard, muss man diese Musik einfach nur spielen. DEL REY haben sich - ?berraschung - dazu entschieden, diese Musik zu spielen und wer auf die oben beschriebene Rezeptur steht soll ihre Scheibe kaufen, denn die machen das ganz gut. Michael Dietz (7)

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ICON CLAN
Rock n' Roll Rodeo
Whirlwind Records


Icon Clan orientieren sich wie so viele an den unsterblichen MOT?RHEAD. Die einen kriegen?s gut hin, die anderen weniger. ICON CLAN geh?ren zu den anderen. Sympathisch sind sie mir allemal, aber wenn ich ?ber die Musik sprechen soll, ist mir das dann doch alles zu bieder und bierselig. Live-Musik auf CD r?berzuretten ist ohnehin immer ein Drahtseilakt, der eher selten gelingt. Auch ICON CLAN kann man eigentlich erst rezensieren, wenn man sie live gesehen hat, da k?nnte ihr auf CD harmlos pl?tschernder Rock?n Roll mit leichtem Punk-Einschlag durchaus ganz andere Energien mobilisieren. In dieser Form aber ist der H?rgenuss doch stark eingeschr?nkt auch wenn die Rock?n Roll Standards alle erf?llt werden, Bratgitarre, Power-Drums, Reibeisenstimme und die Botschaft von Jugend, Moped fahrn, Party machen, Weiber, Saufen und Prollereien. Ganz nett. Michael Dietz (6)

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OJM
Volcano CD
Go Down Records


Wenn man so lange dabei ist wie die Italiener OJM und den Garagenrock hochh?lt, dann kommt Michael David, Basser von MC 5, gerne auch mal zu einem auf die B?hne und ins Studio. Nach beinahe 15 Jahren ist das aber nicht der einzige Karriereh?hepunkt des Quartetts, denn produziert hat das aktuelle Album Dave Catching, der aucch schon bei EAGLES OF DEATH METAL und QUEENS OF THE STONE AGE die Regler justierte. "Volcano" setzt auf einen sehr erdigen Sound, Bass satt und obwohl OJM auf moderates Tempo setzten, k?nnte man sie als die fleischgewordene Fusion von den HELLACOPTERS und den BLACK CROWES bezeichnen. "Disorder" l?sst die Punkvergangenheit der Band durchscheinen und ist sowas wie der Smash-Hit des Albums. "Escort" l?sst dann eher an Ozzy und seine Soloalben denken, was nat?rlich auch niemandem ein Wort der Kritik entlocken wird. Andrew Pozzi jagt seine Soli durch den Flanger, dass die reinste Freude ist und das Quartett ist auch einsame Spitze, wenn es darum geht Atmosph?re aufzubauen. Der Rausschnmeisser "2012" ist eine m?chtige Reverbballade, die an den Bombast von GUNS N' ROSES denken l?sst und diesen Klassiker w?rdig beschlie?t. Definitiv eher was f?r betagte Musikfans, aber vielleicht ?berzeugt "Volcano" die J?ngeren, das Zeug dazu hat das vierte Studioalbum der Italiener auf jeden Fall. Thomas Eberhardt (8)

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RUN AND HIDE
Way Of Life MCD
Respond With Passion/RWP Records


Mein erstes euphorisches Review zu dieser Scheibe ist irgendwo im Datenberg der letzten Wochen versackt, aber auch mit etwas Distanz ist "Way Of Life" ein tolles Old School Release, welches man mit HANDS TIED, UNIT PRIDE, BETTER THAN A THOUSAND oder TURNING POINT auf ein Tape spielen k?nnte, ohne dass Irritationen entstehen w?rden. Die Samples verdeutlichen den solidarischen Anspruch der Band und das inhaltliche Ziel wieder f?r etwas einzustehen. F?nf Songs haben einem packenden Shouter, reichlich Feedback, groovige Drums und melodische Leads, die auf Stakkato-Gitarren treffen. Dass die Band vor Verarmung und Not nicht die Augen verschlie?t, sondern die Zust?nde weltweit anprangert und trotzdem positive Impulse setzt, imponiert mir. Da darf 2011 gerne auch ein Longplayer erscheinen, bitte mehr davon, denn f?nf Songs sind nat?rlich nur ein Appetizer, der in diesem Fall aber nach mehr verlangen l?sst. Thomas Eberhardt (7)

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SAPHENA
Das Ende einer Wahrheit
Whirlwind Records


Moderner Metal mit deutschen Texten. Brachial, progressiv, atmosph?risch. So stets in der Info, und es stimmt. Das hei?t aber nicht, dass das auch gut ist. New Metal-Screams dominieren die vetrackten Songs voller Staccato-Riffs mit Pathos-Lead-Gitarren. Die deutschen Texte versteht man mit viel M?he, und auch sie triefen vor Pathos, ein weiterer Versuch das Leben zu einer Abfolge von Ungl?ck und Ohnmacht umzudramatisieren. Da die ganze Chose dick produziert ist, k?nnen alle, die diese Art von Musik gut finden, mal ein Ohr riskieren, f?r Screamo-Core ist das wahrscheinlich gar nicht so schlecht gemacht. Ich find?s allerdings nur nichtssagend und nervig. Michael Dietz (3)

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THY FINAL PAIN
Desire, Freedom And Confusion CD
STF Records


Also f?r das Cover gibt's schonmal Abzug in der B-Note, denn Leder, Blut und Sadismus war schon zu Beginn des zweiten Fr?hlings der Death Metal Bewegung in den Neunzigern nicht wirklich Kennzeichen intelligenter Bands wie BOLT THROWER oder PESTILENCE. Rein stilistisch hauen THY FINAL PAIN aber ziemlich brachial in die Death-Metal-Kerbe, also passt die Optik wieder zum Stil. Alle, die es plakativ m?gen, man denke an CANNIBAL CORPSE, DEBAUCHERY oder MORBID ANGEL, werden hier ganz nett unterhalten. Tats?chlich waren Simon Dorn und Marc J?ttner sogar 2006 und 2007 bei DEBAUCHERY aktiv und haben seit ihrem Ausstieg zwei Alben ver?ffentlicht und legen jetzt die dritte Langgrille nach. In seinen besseren Momenten klingt die Band angenehm nach NAPALM DEATH, also d?rften sie durchaus ihre Freunde finden. Ist eben Death Metal der unkomplizierten Sorte. Thomas Eberhardt (6)

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VICTIMIZER
Tales Of Loss And New Found Serenity CD
Deity Down Records


Deity Down, das Underground-Metal-Label der Stunde, schlie?t das Jahr mit einem akustischen Feuerwerk ab, denn die f?nf Niederl?nder von VICTIMIZER spielen erstklassigen Tech-Metal, der in seinen sehr guten Momenten sogar an DEATH denken l?sst. Beim Shouting des zweiten Albums hingegen standen eindeutig GOREFEST Pate. Das einzig Negative, was man anbringen k?nnte, ist die Tatsache, dass w?hrend der gesamten acht Songs derart schnell gespielt wird, dass der Groove etwas auf der Strecke bleibt. Auch beim Drumming wird dieses manko deutlich, da k?nnte man mal das Tempo rausnehmen, selbst wenn die Gitarren schnell agieren. Auf der Habenseite muss man aber die Power verbuchen, mit der VICTIMIZER zu Werke gehen. So wird "Tales Of Loss And New Found Serenity" ein gerne gespieltes Albem, welches zwar beim ersten H?ren etwas einseitig klingt, daf?r aber wie aus einem Guss und einfach konsequent ist. "Left Unsung", "The Eulogy" "Feeding The Rats" und das grandiose "Reunited For Eternity" heben den Longplayer in die erste Liga und die genannten Kritikpunkte sind folglich Disput auf h?chstem Niveau. Das Layout ist ein Hingucker, die Texte gewandt und geistreich, was im Metal ja nicht immer der Fall ist und f?r den adequaten Sound sorgte der Schwede Dan Sw?no, der hier mischte und masterte. Ein echter Dauerbrenner, der aber etwas Zeit braucht und in seiner Konsequenz einfach ein ziemliches Brett ist. Sollte man sich neben den Labelmates PERSISTENSE unbedingt zulegen! Thomas Eberhardt (7,5)