WITH LOVE, August 09-Reviews

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ALIVE AT LAST
Anchors Aweigh MCD
Pretty Pink Records


Einleitend muss man wohl sagen, dass Pretty Pink Records ja das Label von den PUNK'D ROYAL-Leuten ist und uns bisher schon einige tolle Veröffentlichungen wie QUENTIN LAGONZA bescherte. Mit ALIVE AT LAST liefert das junge Label erstmal eine melodische Hardcore-Scheibe ab, die sich aber mit dem Standard hierzulande durchaus messen lassen kann. Der Gesang ist melodisch, die Refrains catchy und die Gitarren haben einiges an Power. Amerikanisch anmutender Emocore, aber ALIVE AT LAST streuen auch mal gerne ein derbes Riff und brutales Shouting ein wie in "Since Promises Were Broken", schnell folgt aber dem Peitschenhieb das Zuckerchen. Die sieben Songs sind mitreissend, klingen nicht so beliebig, wie viele der Konkurrenten es tun und werden somit bestimmt ihre Freunde finden. Gangshouts, Overdubbs, schnelle Leadriffs und eine solide Aufnahme lassen dann wenig Anlass zur Kritik, selbst wenn ich auf den cleanen Gesang hätte verzichten können und der Titeltrack "Anchors Aweigh" auch ganz ohne Taktexperimente ein schöner Song gewesen wäre. Aber wollen wir ihnen den Willen zur Innovation nicht ankreiden, die Fünf treffen mit ihrem Debüt auf alle Fälle ins Schwarze. (24:59) (7/10) Thomas Eberhardt

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ATLASES
When The Ocean Met The Sky MCD
Day By Day Records


Elektronische Beats eröffnen die Ep von ATLASES und ebenso melancholisch wie schon das Artwork es andeutet, steigen die fünf Engländer dann auch ins Geschehen ein, es wird geklimpert, langsam aufgebaut und die ersten Assoziationen sind eigentlich eher die EDITORS als irgendwelche Hardcore Combos. Die stimmungsvollen Riffs werden dann aber von einer Powerchordwand nach vorne gedrückt und so bekommt das Ganze eine recht bedrohliche Aura. Dass es sich bei ATLASES um eine instrumentale Band handelt, schlägt nicht weiter negativ zu Buche, wissen die drei Gitarristen doch den Hörer zu beschäftigen. Für Freunde von RED SPAROWES und FROM MONUMENT TO MASSES gibt es viel zu entdecken. Das Artwork passt zu den getragenen Songs und selbst wenn's nur vier Songs sind, die Spielzeit ist mit beinahe einer halben Stunde recht episch ausgefallen, also kein Grund auf "When The Ocean Met The Sky" zu verzichten. (29:31) (7/10) Thomas Eberhardt

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BLINDING ZOE
Enigmatic Trips
Finest Noise Releases/Radar


Schon seit 2001 ist die Band aus Karlsruhe aktiv und nachdem ihre selbstbetitelte Debüt MCD auf Finest Noise wiederveröffentlicht wurde, kommt jetzt die erste Full Length des Trios. Stilistisch bewegt man sich im Dunstkreis von SILVERCHAIR, NIRVANA und späten LIFE OF AGONY zu "Seeds"-Zeiten. Seine Texte baut Patrick Hirschberger auf Ethik, Moral und Antikriegsthemen auf. Die sehr ernsten Themen sind neu für das Grunge Genre und wollen nicht so ganz ins Raster passen, aber neben "Warlord" gibt es ja auch noch andere Songs. Mir persönlich fehlt der Identifikationsfaktor, denn mal ist es anklagend, mal melancholisch, aber insgesamt eben recht pessimistisch. Wer eine anständige Portion Weltschmerz mitbringt, der wird "Enigmatic Trips" bestimmt zu schätzen wissen, aber wenn wie in "Prisoner" die Stimme schwankt und der richtige Ton nicht so recht getroffen sein will, dann hält sich bei mir der Enthusiasmus in Grenzen. Ganz nett, nicht mehr, nicht weniger. (38:05)(6/10) Thomas Eberhardt

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COMING UP FOR AIR
Protagonauts 10"
Lechuza Records/ Lala Records/ Güldenes Haar


COMING UP FOR AIR aus Much bei Köln sind wirklich ein Powerhouse. Bisher gab es ein Demo und eine extrem limitierte Split mit DEAD FLESH FASION, aber mit der neuen 10" inklusive Download-Code, darf jeder wieder hoffen doch einen Release zu ergattern. Die Lp ist optisch ein Klassiker, das Cover ist im Siebdruck-Verfahren gestaltet worden und die Musik klingt nach frühen CONVERGE. Screamo ohne Süßholzgeraspel. Super Sound, druckvolles Songwriting, düstere Riffs und morbide Soundscapes sorgen für ein Wechselbad zwischen unmenschlichem Gekeife und stimmungsvollen Passagen. Die Texte handeln von Verzeifelung, Aufgeben und sind in eine überzeugende Bildersprache verpackt. Fünf Tracks, die ihnen so schnell keiner nachmacht. (8/10) Thomas Eberhardt

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DAY OF THE DEAD
Perspectives CD
Anchors Aweigh Records


Es ist erstaunlich, welche Regionen sich DAY OF THE DEAD schon durch's Touren erspielt haben, denn man war drei Mal in Europa unterwegs, besuchte die iberische Halbinsel, Brasilien, Spanien, Portugal und sogar die Ostküste der Vereinigten Staaten. Typisch Hardcoreband veröffentlichte man eher Kleinformate seit der Gründung im Jahr 2001, darunter zwei Splits mit RUINER und eine weitere mit DAMAGE DONE. Den ersten Longplayer "Old Habits Die Harder" hatte man noch als Quintett eingespielt, aber auch als vier Mann starke Gruppe können DAY OF THE DEAD noch überzeugen. Ihr Hardcore ist atmosphärischer, aber auch dunkler geworden, die Message bleibt. Die Portugiesen sind Vegetarier/Veganer und bezeichnen sich selbst als Straight-Edge-Band ohne dabei jedoch den Zeigefinger zu erheben. Die Texte sind abstrakt, von Wut gekennzeichnet und gut durchdacht. Mit Rui Bras und Makoto Yagyu hat man Gäaste von VULTURES und IF LUCY FELL an Bord, die der stilistischen Weiterentwicklung gut zu Gesichte stehen. Die schnelle Aggression wurde von erdrückender Wut abgelöst und die neun neuen Tracks, allem voran der Titletrack vereinen traditonellen Hardcore mit modernen Elementen wie einer bedachten Herangehensweise und leicht doomigen Riffs zum Aufbau einer bleibenden Stimmung, die tiefer greift als bloße Aggression. Leichte Kritik möchte man am Gesamtklang üben, denn die Produktion könnte etwas klarer sein, die Höhen stärker, ohne dass man gleich ein überproduziertes Album gehabt hätte. Insgesamt aber ist "Perspectives" aber noch reifer als das Debüt und dürfte Fans von MODERN LIFE IS WAR oder ANOTHER KIND OF DEATH ansprechen. (20:11)(7) Thomas Eberhardt

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ESCAPE TO SEA
Forever, Whatever Happens MCD
Day By Day Records


Wider Erwarten schlagen die Briten hier sanfte Töne an, statt den für's Label typischen traditionellen Hardcore zu spielen. Vergleichbar ist das, was das Quintett hier abliefert eigentlich nur mit Genregrössen wie BY A THREAD, THURSDAY oder ELLIOTT, da man in Reverb gehüllte Riffs mit kraftvollem Drumming ergänzt und eine beachtliche Stimme obenaufsetzt. Trotz der Fülle an Effekten und Instrumenten ist alles transparent, man hört den Bass deutlich, die Drums knallen und die Stimme glänzt, ohne aber die anderen Instrumente zu überschatten. Neben einem Demo ist dies die erste Veröffentlichung der Band, aber trotz der mangelnden Erfahrung hat man auch im Sudio für einen tollen Sound gesorgt und so ein Ausrufezeichen hinter die vier Songs gesetzt. Kein durchschnittlicher Release, sondern wirklich die ehrlichste und beeindruckendste Veröffentlichung seit der letzten MOROS EROS Scheibe. Unbedingt mal anhören und Bauklötze staunen. (18:14)(8/10) Thomas Eberhardt

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FORCE WITHIN
Endurance LP
Lechuza Records


Werden einige wohl von der Split mit TACKLEBERRY her kennen, aber "Endurance" ist dann doch nochmal ein Schritt nach vorne. Schneeweißes Vinyl, tolles Seefahrerartwork und brachiale Texte über die europäische Bequemlichkeit, den Sprit der eigentlich immer noch zu billig ist, sowie die Automatisierung, die uns langsam zu lethargischen Säcken vorkommen lässt. Es fallen Namen wie Emma Goldmann, Schlagworte wie Revolution und man merkt, dass die vier Jungs es todernst meinen. Ist ein interessantes Stilamalgam aus SHAI HULUD und durch die größtenteils deutschen Texte auch LOXIRAN. Die Rhythmusgitarre steht im Zentrum, Leads werden sparsam gestreut und die regelmäßigen Backup-Chöre geben den acht Songs mächtig Power. Schnell sein, das Vinyl ist auf 300 Stück limitiert. Obendrauf gibt es das Album als Cd. Da kann man eigentlich nur noch zur Eile raten, verpassen sollte man das Vermächtnis von THE FORCE WITHIN nämlich nicht. (30:00)(8/10) Thomas Eberhardt

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GALAXY SAFARI
Star Of The Masquerade CD
Granat Records


Der Opener "Save Me" ist die erste Singleauskopplung und daher auch recht glatt und radiotauglich geraten, aber bereits beim zweiten Song "Everything" wird klar, dass GALAXY SAFARI richtig gut unterhalten können, denn ihre Fusion aus THIN LIZZY-Riffs, HELLACOPTERS-Zitaten und ALICE IN CHAINS-Elementen hat man weder tausendfach gehört, noch fehlt es den Songs an Druck. Kurz und knackig sind die Gitarren, der Gesang von Jesper Nyberg ist meist dreckig, manchmal soulig und pendelt zwischen wildem 70ies Rock und DANKO JONES-Anleihen. Das Quartett aus Nyköping glänzt mit seinem Debüt und eigentlich hätte ich nicht damit gerechnet, dass dies die erste Veröffentlichung ist, dazu sind die vier Herren einfach zu treffsicher. Einige der Mitglieder waren bei VICTIMS und DAYBREAK aktiv, was aber vielleicht die Abgeschmacktheit von GALAXY SAFARI erklärt. "Set Me Free" hat einen klaren Hippie-Einschlag, hätte also auch auf der MAD SEASON-LP "Above", einem Projekt von Layne Staley (ALICE IN CHAINS), Mike McCready (PEARL JAM), Barrett Martin (SCREAMING TREES) und John "Baker" Saunders (THE WALKABOUTS), sein können. "Far Too Long" ist ein uptempo Kracher, den man einfach nur genießen kann und in Summe ist "Star Of The Masquerade" ein tolles nostalgisches Hardrock-Album mit Stoner-Anleihen, welches auch Freunde der Grunge Ära ansprechen sollte. Das Digipak sieht zwar untypisch für das Genre aus, macht aber mehr her als eine Plastikhülle. Both thumbs up! (31:39)(8/10) Thomas Eberhardt

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GOLD KIDS
The Sound Of Breaking Up LP
Anchors Aweigh Records


Die Goldkehlchen aus Sardinien sind wieder da und diesmal haben sie ein Biest von einem Album in die Rillen gemeißelt. Um aus der Isolation von Cagliari rauszukommen tourt der Vierer wie verrückt und war neben Skandinavien auch schon in Grossbritannien. Bereits nach drei Songs wird man gewahr, dass die GOLD KIDS sich nicht hinter MODERN LIFE IS WAR, AMERICAN NIGHTMARE oder DEAD STOP verstecken müssen, denn auf den zehn Songs von "The Sound Of Breaking Up" gelingt dem Quartett das Künststück permanent mit voller Kraft zu agieren, ohne irgendwann in Monotonie oder Stumpfheit zu versacken. Mit kleinen Kniffen wie akustischen Interludes und dem schwungartigen Ziehen der Basssaiten erhält man die Spannung und hat dem Genre ein neues Referenzalbum geschenkt. Wenn diese LP nicht das Maß aller Dinge wird, dann weiß ich auch nicht. (38:28)(8,5/10) Thomas Eberhardt

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HEMLOCK SMITH
Keep The Devil Out Of Hillsboro CD
Refoundation


Während der Titeltrack nach im akustischen Gewandt erscheint, offenbart "Blink" dann die gesamte Kuriosität von HEMLOCK SMITH, deren gesamte Fülle sich hier auf 18 Musiker summiert. Auch der dritte Song "My Wonderful Bereaved" ist mit seinen Piano- und Streicherarrangements ein völlig anderer Song als sein Wait'scher Vorgänger oder der reduzierte Opener. In "Queen Of The Springball" übernimmt ein Banjo vorläufig die Hauptrolle, um dann langsam an einen Reggae-Song abzugeben. "Dunkirk/Jerusalem" erinnert dann an MARDIS GRASS BB und PLEASURE FOREVER, wobei die Geige dem Song eine deutliche Zirkuszeltatmosphäre gibt. Die opulente Instrumentierung macht jeden Track zu einer komplett eigenständigen Einheit, wobei aber eben einige Songs sehr poplastig sind und nicht unbedingt mit den übrigen Liedern mithalten können. Wobei 14 Stücke natürlich auch eine enorme Anzahl an Kompositionen für ein Album ist, 12 hätten vielleicht gereicht, denn einige Füller sind dabei. "Family Tree" hat einen Jazz-Touch, mündet in eine Art Big-Band-Style, hat aber auch eine gespenstische Seite. Das Artwork ist stimmig, passt gut zur Musik der Band und als Digipak macht es sich gleich nochmal so gut. Insgesamt ein Album für Erwachsene, die auf kopflastige Geschichten stehen. (61:39)(7/10) Thomas Eberhardt

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KÄFER K
Weg Vom Mehr
La La Records


Die melancholische Art von KÄFER K hat einen besonderen Charme, soviel ist schon beim ersten Durchlauf klar, denn die Vocals sind kräftig und nie weinerlich, prosaisch, aber nie abgedroschen und man hört, dass die Jungs es ehrlich meinen. Der Sänger klingt verlebt, die Gitarren etwas schief, aber ist nicht das gerade extrem sympathisch? In "Freier Spielplatz" wird mit GANG OF FOUR Rhythmen kokettiert, später gipfelt alles dann in einem hymnischen Punkrefrain, der ein unheimlich tristes Bild des wahren Lebens zeichnet, aber "Stadt Ausführen" bietet eine andere Perspektive, indem das Quartett sich zurücknimmt und einen midtempo Verzweifelungsschrei äußerst. Unter Garantie keine gute Laune-Scheibe, aber wer deutsche Texte mit kryptischer Note und aufrichtiger Bitterkeit schätzt, der wird sich hier verstanden fühlen. "Nicht die Makrele" ist dann durchwoben mit maritimen Metaphern und konzentriert sich auf das Wechselspiel von Strophe und Refrain, was dem Song eine erfrischende Simplizität und Kurzweil verleiht. "Kometen" ist dann bester Emocore der No Idea/Some Schule und hätte als Song auch gut auf "Counting Forever" von HOT WATER MUSIC gepasst. Die Verpackung ist handgefertigt und so sind die acht Songs eine recht persönliche Sache, die schwer mit anderen deutschsprachigen Acts zu vergleichen ist, zündet auf alle Fälle und unterhält formidabel. Der Startschuss für die Herbstsesion ist gefallen. (28:31)(7/10) Thomas Eberhardt

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LOVE BUZZ
A Sign On My Skin CD
Elevator Records/Radar


Das Trio aus Sizilien kann bereits auf eine beinahe zehnjährige Geschichte zurückblicken und so ist die Annahme, dass "Sign On My Skin" ein reifes Debüt ist mehr als begründet. Stilistisch gesehen spielt man einigängigen modernen Rock, der manchmal auch an die Grunge Ära erinnert. "Burn Inside" wartet mit einem grossartigen Leadriff auf und verbindet dies mit verspieltem Fingerpicking auf der Rhythmusgitarre, was die rockigen Songs von SUNNY DAY REAL ESTATE in Erinnerung ruft. "Forgive Me" beginnt dann mit derben Stonerriffs und gefällt durch seine ungewöhnliche Melodik. Die Jungs, die inzwischen teilweise in Remscheid wohnen, schaffen es einfach ihren ganz eigenen Sound zu kreieren und dabei lassen sie sich sich auch gerne mal Finessen bei der Rhythmik einfallen, was in letzter Zeit ja oft viel zu kurz kommt. Beschlossen wird "A Sign On My Skin" von zwei Akustiksongs, von denen "Wishing Peace" Simon and Garfunkel ähnelt, während "Stranger" eher in Richtung Bob Dylan geht. Ein schönes Rockalbum. (29:58)(6,5/10) Thomas Eberhardt

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MEADOW SAFFRON
Leave The Black Square
Finest Noise Releases/Radar


Wer von einer Combo mit dem Namen "Herbstzeitlose" esoterisches Geklimper erwartet, der wird hier eines Besseren belehrt, denn die Siegener spielen eine recht eigenwillige Stilverbindung aus Postcore, Indierock und progressiven Elementen und das Pflänzchen ist giftig. Am ehesten lassen die Songs an ... AND YOU WILL KNOW US BY THE TRAIL OF DEAD und AT THE DRIVE-IN denken. Damit ist das Repertoire von MEADOW SAFFRON aber noch lange nicht erschöpft, denn "Island" fügt dem Ganzen melancholische Töne der Machart EDITORS und BLACKMAIL hinzu. Das anspruchsvolle Songwriting und die zahlreichen Aha-Momente machen "Leave The Black Square" zu einem Album von internationaler Größe. Wirklich, man kann den zehn Songs sprachlich kaum gerecht werden, diese Band will gehört sein! (39:11)(8) Thomas Eberhardt

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MULTIBALL
The Days That Follow CD
Antstreet Records/New Music Distribution


Am Package haben MULTIBALL schonmal nicht gegeizt, soviel steht fest, das Digipak hat drei Panels, lässt sich ausklappen und ein Booklet gibt es trotzdem dazu. Für das dritte Album ist den Slovenen aber auch ein ganzer Packen guter Songs eingefallen. In Hektik ließen sie es aber nicht ausarten, denn die Arbeiten an "The Days That Follow" dauerten rund zwei Jahre an. Die Songs haben mächtig Druck und verbinden Hardcore mit Poppunk, Streetpunk mit einer Stimme, die hin und wieder extrem nach Jon Bon Jovi klingt, was eigentlich ganz lustig ist. Auch die Leads in "Thin Rope" schaffen eine Sythese zwischen ONE MAN ARMY und 80er Jahre Hairspray-Bands. Lange Rede, kurzer Sinn: Man hört dem Quartett die Heavy-Sozialisation an, wenn auch nur marginal. Heute orientieren sie sich eher an den ATARIS und schreiben bombastische Poppunk-Perlen, die extrem catchy sind, aber genügend Tiefgang für die längere Beschäftigung bieten. "27" ist ein Bastard aus neuen METALLICA und RANCID mit Woo-Woo-Backups, was die Experimentierfreude nochmal verdeutlichen dürfte. Langweilig wird es unter Garantie nicht, dafür haben die Vier viel zu Ideen. Die zwölf Songs können amerikanische Standards halten und dürften MULTIBALL ausverkaufte Häuser auf ihrer Tour im Winter sichern. (38:37)(7,5/10) Thomas Eberhardt

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NULL PUNKT KELVIN
S/t 10"
Lechuza Records


Vom Cover der Teninch entbietet uns Yuri Gagarin einen nostalgischen Gruß. Gehüllt in seinen Raumanzug mit CCCP-Schrift auf dem Helm. Klanglich hört man sphärische Gitarren, die dann aber später richtig losrocken und nicht selten mehr an Hardcore und Punkrock erinnern, als an KETTCAR oder TOMTE, wie man vielleicht angesichts des deutschen Gesangs hätte vermuten können. Selbst für TURBOSTAAT- und MUFF POTTER-Vergleiche sind mir NULL PUNKT KELVIN zu Schade, denn das Oldenburger Trio spielt sich stark an den Riffs orientiert durch seine sechs Songs. Schon der Opener "Totschlagargument" hat, was die Harmonien angeht, eine leichte Schräglage, überzeugt aber gerade durch den Kontrast zwischen den Disharmonien, den Screamo-Backups und dem charismatischen Gesang von Felix und Tobi, die sich den Job teilen und auch gerne mal Bass und Gitarre austauschen. Die Aufmachung der Platte überzeugt ebenfalls und ist an ein Gatefold angelehnt, lässt sich also aufklappen und enthält auch alle Texte. Die stärksten Momente auf der Scheibe sind sicherlich "Totschlagargument" und "Die Anderen", aber auch die Flipside kann mit "Alpinaweiß vs. Zufall" nochmal punkten. Doch, NULL PUNKT KELVIN hinterlassen einen bleibenden Eindruck und machen ihr eigenes Ding, kann man nur weiterempfehlen. (22:44)(7,5/10) Thomas Eberhardt

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SUNWASHED AVENUES
S/t MCD
ch.perez@mac.com


Dem Infokärtchen für die Presse sind drei Weichkapseln angeheftet mit der ausdrücklichen Aufforderung diese weder nasal, oral, noch sonstwie zu sich zu nehmen. Was für das skurrile Gimmick gilt, ist für die Ep nur bedingt richtig, denn für die Gehörgänge sind die sechs Songs allemal geeignet. Eine spinnerte Mischung aus Mike Pattons nasaler Stimme, bombastischem Drumming, markerschütterndem Bass, Geflüstere und überraschenden cholerischen Ausbrüchen. "Satan On A Silverplate" hat sogar ein offensichtliches Zitat von FAITH NO MORE integriert, aber eigentlich sind die Schweizer eher eine durchaus sympatische Tributeband, als einfallslose Plagiatoren. Bitte beim ersten Hören keinen sofortigen Klick-Effekt erwarten, so einfach machen es einem THE SUNWASHED AVENUES nicht, aber wer 10 Euro in den Digipak-Release investiert, der bekommt garantiert kauzige Momente geboten, die beim wiederholten Hören zünden und lange nachglühen. (26:20)(7/10) Thomas Eberhardt

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SWITCHBLADE
S/t CD
Trust No One Recordings


Ähnlich KONGH zelebrieren SWITCHBLADE, die im Presseschreiben als die Dreifaltigkeit vorgestellt werden, eine geringe Anzahl an Songs in einer epischen Zeitspanne. Es fällt aber keinesweg negativ auf, dass der erste Song über zwölf Minuten dauert, denn schließlich wollen die Schweden in dieser Zeit auch ihre Vorhersagen an die gebeutelte Menschheit machen. Der Tenor hierbei ist dunkel, unheilverheißend und in bedrohlichen Doom/Sludge gepackt. KONGH kommen etwas schneller auf den Punkt, aber SWITCHBLADE ist ein Tipp für alle, die es etwas epischer und stilvoller mögen. Die Vocals sind ein heiseres Röcheln und sowohl Musik, als auch Artwork ließen sich wohl hervorragend bei einer Opferzeremonie verwenden, hoffen wir mal, dass SWITCHBLADE es beim proben und live spielen belassen. Ich denke mal dieses Album muss man an einem langen Winterabend bei halb geschlossenen Jalousien mit einer Flasche Whiskey oder Absinth hören um sich dann eingehend mit seinen inneren Dämonen zu ringen. Wem solche Szenarien fremd sind, der darf sich diesen stimmungsvollen akustischen Grower gerne mal beim Billard anhören, mal sehen ob die Cues ganz bleiben. (49:12)(6,5) Thomas Eberhardt

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TORTUGA
Kings Of Albany LP
Anchors Aweigh Records


NOVEMBER COMING FIRE ist Geschichte, lang lebe TORTUGA! Die ehemalige Reflections-Band aus England ist scheinbar wieder chaotischer geworden und hat sich vom Doom verabschiedet, um jetzt wieder gepflegt die Songs in ihre Bestandteile zu zerhacken. Überraschend, aber auch nicht unbedingt völlig nach bekannten Formeln vorgehend, denn TORTUGA nehmen gerne auch mal das Tempo raus und röcheln oder fluchen dann innig vor sich hin wie Steve Austin von TODAY IS THE DAY in seinen besten Zeiten. Der erste Eindruck von der wieder eingeschlagenen Chaosschiene ist aber nur bedingt richtig, denn Streckenweise schwelgt man schon gerne in atmophärischen Passagen. Das Album ist kompromisslos und konsequent und das Artwork ein Klassiker von Rupe Nelson. Vinyl gibt es coloriert und limitiert, also schnell sein, wenn BREATHER RESIST, COLISEUM oder JESUS LIZARD bei euch den Ton angeben. Elf Tracks mit so genialen Titeln wie "The Laudanum Boys Club" oder "Dance Like No One's Watching", sie haben doch Humor, die Engländer. (32:43)(7/10) Thomas Eberhardt