Sowohl viele Metaller, als auch Hardcore- und Elektronik-Fans dürften diesem Release entgegen gefiebert haben. Ich persönlich fand den letzten Longplayer "The Silent Circus" in seiner Konsequenz zwar beachtlich, aber doch etwas zu monoton. Anfang des Jahres hörte man dann von einem Soloproject namens GILES, dass Tommy von BETWEEN THE BURIED AND ME ins Leben gerufen hatte. Dort gab es elektoronische Klänge und wer denkt, der Mann habe damit schon seinen Faible ausgelebt, der fehlt.

Gerade elektonische Passagen, eine neue Offenheit für ruhige Elemente und orchestrale Einschübe, die oft an Horrorfilme erinnern und eine überraschende Vielseitigkeit haben Einzug gehalten und stehen BETWEEN THE BURIED AND ME gut zu Gesichte. So grenzt "Selkies: The Endless Obsession" geradezu an einen Progrock-Klassiker und man weiß nicht so recht ob man jetzt DREAM THEATER oder COHEED AND CAMBRIA hört.

Kurz danach wird wieder aus allen Rohren gefeuert und die Gruppe findet zu den Stärken des ersten Longplayers zurück, dessen Lieder noch relativ kryptisch betitelt und für den Hörer nicht ganz so unmittelbar zugänglich waren. Mit "Alaska" wirft der Fünfer jedoch allen szene-typsichen Ballast ab und schert sich nicht mehr um Regulierungen, lässt seiner Virtuosität freien Lauf und erlaubt sich PRIMUS'sche Bassläufe ebenso wie die Freiheit auf die konstruierte Stille ein gezieltes Inferno folgen zu lassen.

Was es nun mit dem Titel "Alaska" auf sich hat, mag mancher sich fragen und tatsächlich, da gibt es Interpretationsfreiraum. Sänger Tommy Rogers scheint sich wirklich eine Nacht mit anschließendem Sonnenaufgang in Alaska imaginiert zu haben. Klingt hippiehaft, ja, möglicherweise sind BETWEEN THE BURIED AND ME flexibel genug, um sich diesem Genre zu öffnen. Sie tendieren bisweilen ja auch zum Free-Jazz. Aber keine Angst, für einen Liveauftritt haben die Fünf noch immer genügend brachiale Metalkracher in Petto. Fragt sich nur, ob sie sich nicht ganz von ihrem bisherigen Stil lösen konnten, oder wollten.

Man könnte "Alaska" durchaus als provokatives Album bezeichnen, denn ganz sicher bin ich mir nicht, ob frühere Fans den eingeschlagenen Weg mit der Band gehen werden, allerdings bin ich mir sicher, dass sich zahlreiche neue Hörer finden werden. Der Weg, den BETWEEN THE BURIED AND ME gehen, ist dem von OPEN HAND nicht unähnlich. Psychedelische Elemente stehen momentan im Vordergrund und auch atmosphärische Passagen sind den Herren ein Anliegen.

Seit man 2000 in North Carolina begann, ist viel Zeit ins Land gezogen. Einige Besetzungswechsel ließen sich auch nicht verhindern, vielleicht klingt "Alaska" gerade deshalb so anders als "The Silent Circus", wer weiß?

Auch wenn sich BETWEEN THE BURIED AND ME mit "Alaska" alte Tugenden bewahrt haben, so findet man viel neues auf diesem Album, dass vom Kritiker-Standpunkt gesehen keinerlei Wünsche offen lässt. Gerade im Moment, wo sich viele Gruppen immer wieder selbst zitieren, ist "Alaska" ein Befreiungsschlag, den so keiner erwartet hätte.


Das Artwork zum Zweitling ist erfrischend klischelos geworden und auch wenn man textlich auf persönlicher Ebene bleibt, so möchte man die Band doch für die musikalische Tatkräftigkeit loben.

Jeder, der statt einem schmucken Booklet mal wieder ein substanzielles und herausforderndes Album in Händen halten möchte, der sollte sich unbedingt an "Alaska" halten.

Thomas Eberhardt