WITH LOVE, Oktober 2013-Reviews

OKTOBER 2013

Text?

BEACH GHETTÖ UNICÖRNS
Friskier Benefits MC/CD
Creaky Planks Records


New Wave Vocals und abgefahrene Punk-Melodik treffen auf charmanten Dilettantismus, was die Produktion angeht. Der Tandemgesang ist definitiv zu sehr im Vordergrund und die Drums klingen irgendwie künstlich, aber der kryptische Text zu "Pets and teens" in dem es über die "Rabbit navy" geht, gleicht dieses Manko rasch wieder aus. Einfach herrlich authetischer Punkrock, der sehr britisch klingt und eine etwas verschrobene Mixtur aus TOY DOLLS und THE DAMNED zu "Love Song"-Zeiten ("Machine gun etiquette") ist. Das Tape hat einen Song mehr als die CD und gerade die eigenwillige Melodik der 2007 gegründeten Band überzeugt auf alle Fälle. ThEb (6,5)

Text?

CELESTE
Animale(s) 2LP
Denovali


Ich hab so den Eindruck, als ob CELESTE aktuell etwas weniger atmosphärisch wären, als noch auf "Morte(s) Nee(s)" und sich eher dem wüsten Black Metal der frühen Neunziger widmen. Die Lyrics der Band aus Lyon sind weiterhin auf Französisch und wenn man sich die Mühe macht alles zu dechiffrieren, düfte man wohl den Winter über beschäftigt sein. Da ist von Schiffbruch die Rede, dem man ohne Angst entgegenblickt, von zerfetzten Herzen ("serre comme son coeur lacere") und das Gesamtkonzept ist eine Art "Romeo und Julia" Neuauflage, die sich natürlich auch im Artwork widerspiegelt. An die frühere Relaxtheit der vier Vorgängeralben erinnert lediglich "(X)" ein Instrumental mit vielen Verschnaufpausen. Es wird das einzige dieser Art bleiben. Wer sich von NACHTMYSTIUMs "Silencing Machine" etwas mehr erhofft hat, darf sich hier ein Upgrade holen, denn CELESTE packen tatsächlich die ein oder andere Schippe drauf, ohne dass es stumpf würde, denn die beklemmende Atmosphäre bleibt schon erhalten. Mit seinen zwölf Songs echt ein Mammutwerk, aber für Genrefans unverzichtbar. ThEb (8,5)

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CUT YOURSELF IN HALF
Mekkanizm
New Heavy Sounds


Stoner und Artverwandtes bleibt weiterhin der heiße Scheiß und CUT YOURSELF IN HALF aus Bradford, UK, tun ihr Möglichstes um ein Plus an Abwechslung in die Geschichte zu bringen. Hervorgegangen sind CYIH aus einer ziemlich obskuren aber recht unterhaltsamen Band namens JON JONES AND THE BEATNIK MOVEMENT. Die aktuellen Ideengeber sind in "Do or die" recht offensichtlich, denn RED FANG und MASTODON sind deutlich als Einfluss hörbar, aber New Heavy Sounds haben schon ein Faible für außergewöhnliche Bands (siehe BLACK MOTH) und so bringt die Combo natürlich auch MC5 Soli, QOTSA-Vibe und KVELERTAK-artiges Riffing mit chaotischen Sequenzen. Etliche Songs haben eine deutliche Noise-Schlagseite und so nimmt man auch Bezug auf britische Institutionen wie GODFLESH. Trotz all dieser bekannten Einflüsse sind CUT YOURSELF IN HALF durchaus originell denn der Vierer hat einen höllischen Groove und ergänzt diesen teils mit psychedelisch-grungigen Vocals, andererseits mit cholerischen Schreien, wie in "The end" oder mit spacigen Gitarren ("Little misadventure"). Die Gitarren fusionieren hierbei langsam doomende Riffs mit deutlichen Seattle-Referenzen, was eine Kombination ist, die man bereits von BONE MAN kennt und dort ja auch hervorragend passt. Das Abgrenzungsmerkmal zu anderen Combos sind einfach coole Ideen wie das Intro zu "You carry the curse" und der recht atypische, sehr intuitive, und funktionale Gesang. Fazit? Ein Album, welches von Mal zu Mal hören wächst und über Wochen mehr als gut bei Laune hält, aber eine echt hektische Kehrseite hat. ThEb (7)

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DUBIOSIS
Seinsverhessenheit CD
Eigenproduktion


Melodic-Death-Metal aus dem BLACKEST DAWN-Umfeld, der sich nun wirklich nicht hinter internationalen Combos verstecken muss. Das Quintett ist bereits seit 2000 aktiv, veröffentlicht auch kontinuierlich Alben, hat aber seit August 2012 einen neuen Sänger. Also kann man beinahe von einem Neuanfang sprechen. Das Album überzeugt durch smartes Riffing und obwohl die deutschen Texte beim ersten Hören nur schwer direkt dechiffrierbar sind, machen gerade die Texte einen großen Reiz aus. Egal ob Marcus Westhäuser jetzt über Depression, die Heuchellei und Gewinnsucht der Oberschicht oder ganz allgemeine Gesellschaftskritik röchelt, seine Texte haben immer etwas sehr Lyrisches und könnten auch isoliert als Gedichtband bestehen. In Kombination mit AT THE GATES-mäßigem Death-Metal funktionieren sie aber ebenfalls hervorragend. Das Digipak-Artwork von Arael Designs ist auch stylisch und somit darf man von einem gelungenen Rundumschlag sprechen. Unbedingt mal reinhören! ThEb (8,5)

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THE GREAT KHAN
Rise Of The Khan LP
Bilocate Records


Der Gesang ist bereits beim Auftakt "Eye for an eye" dirty und steht der dreckigen Röhre von ARTIMUS PYLEDRIVER-Sänger Dave in nichts nach, wer's etwas weniger aktuell mag, denke an NAZARETH zur "Hair of the dog"-Ära, hier wird jedenfalls gut gebrüllt. Mit "Papa was an alligator" rückt sich die Combo endgültig in die Nähe von Ted Nudgent, MOUNTAIN und BAD COMPANY. Einfach ein authentisches Southen-Rock-Stoner-Album, welches gehörig Cowbell bietet und unheimlich räudig herherkommt. Ich glaube ich hab' seit dem ersten Durchgang der NASHVILLE PUSSY-LP nicht mehr soviel Spass an einem Album gehabt, ist einfach beachtlich, wie THE GREAT KHAN sich bis Titel vier kontinuierlich steigern, ohne dass auch nur ein Hauch von Kompromiss aufkäme. Experimente hört man aber auch noch, so hat "Lay me down" ein Bajolead in Petto, in "Dia de los muertos" greift man natürlich stilecht zur Trompete und "Return of the Khan" überzeugt mit einer pschedelischen Hammondorgel und haut mächtig auf die Zwölf. Auch ansonsten wird immer Wert auf Abwechslung gelegt, egal ob jetzt das Wah-Wah oder ein Flanger-Effekt zum Einsatz kommt, die Israelis sind immer für eine Überraschung gut. Die LP umfasst, im Vergleich zur auf dem bandeigenen Label erschienen CD, vier Bonustracks und ein neues Artwork, welches diesmal von Christoph Heuer stammt und kommt entweder in rot, als marbled vinyl oder in schön schwarz. You decide. ThEb (8,5)

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IN OTHER CLIMES
Empty Bottles, Wasted Nights CD
District 763


Gerade in Zeiten großer Experimente und extremer Stilvielfalt, lernt man doch das geradlinige, traditionelle wieder schätzen. IN OTHER CLIMES sind eine echt kom promisslose Combo, die sich an SUBZERO, TERROR und ZERO METALITY orientier und damit voll ins Schwarze trifft. "This is your time" zieht dann das ziemlich hohe Tempo gehörig an und auch "Another chance" hat schon fast eine Trash-Schlagseite, inklusive Solo, aber durch die Crew-Shouts huldigt man wieder deutlich dem Hardcore. Zwar klingen einige Passagen was die Produktion angeht etwas zu modern, weil kaum noch Live-Feeling rüberkommt, sondern die Drums stark im Focus stehen und durch das intensive, eher me talorientierte Spiel manchmal etwas vom Gesamtprojekt ablenken. Es mag international abwechslungsreichere Bands geben, als die Combo von der französischen Riviera und auf die Gesamtlänge zeigt sich die Kehrseite des Purismus, es wird etwas monoton, aber ein Achtserfolg ist dieser Rerelease im Slipcase allemal. ThEb (8)

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ISOLATED
This is Q-Town Not L.A. CD
District 763 Records


20 Jahre Bandgeschichte sind wahrlich Anlass genug sie mit einem neuen Release und entsprechender Party plus Freibier in Quedlinburg, Sachsen Anhalt, zu feiern. Der Stil von ISOLATED ist an AGNOSTIC FRONT und S.O.I.A. angelehnt und textlich gelingt es ISOLATED wieder eine starke Aussage zu transportieren, ohne dabei den Zeigefinger zu erheben. In "Hardcore Polizei" belächelt man halt aufgesetzte Coolness und chronische Bewegungsmuffel auf Konzerten, während "Nur 'ne Phase" Spießertum und "Erwachsenwerden" auf die Schippe nimmt. Der Song wird dann durch etliche Wechsel im Tempo sehr druckvoll und ist live bestimmt ein garant für blaue Flecken und reichlich Endorphinausschüttung. Dass die Texte diesmal hauptsächlich auf Deutsch sind, tut dem Spaß überhaupt keinen Abbruch, weil's nie gestelzt klingt, sondern immer bodenständig rüberkommt. Ein wichtiger Teil von ISOLATED bleibt weiterhin der Humor und wer mehr über die Band wissen will, kann hier unserer Interview lesen. ISOLATED-ITV
Abschließend kann man sagen, dass jeder, der "Just Look Around" liebt, auch mit "This Is Q-Town Not L.A.", dem siebten Album von ISOLATED, gut beraten ist. Toughes Riffing, Singalongs und Spielfreude sind die Elemente, die den Fünfer mit seiner insgesant sehr optimistischen Attitüde, (remember PMA?), zu einer Institution machen, wenn man unverfälschten Hardcore hören möchte. ThEb (7)

Text?

MO FLOW
Bananenrepublik CD
Eigenproduktion


Wenn man sich erstmal ausgiebig über den Bandnamen und Albumtitel geärgert hat, muss man fairerweise feststellen, dass "Feuer in mir" ein gelungener Bluestrack ist. Wenn da nur nicht die recht einfallslosen Texte auf Deutsch wären, könnte ich mich schnell damit anfreunden. In "Alles und nichts" kritisieren die Hamburger nämlich noch des Deutschen liebste Beschäftigung: das Nörgeln. Hier macht man textlich eine ganz gute Figur und auch in "Drachen töten" umgeht man die Pathosfalle, indem man einfach etwas Humor beigibt. Musikalisch bedient sich der Song vieler Jazz-Elemente, bevor man ihn in Richtung Powerchord-Deutschrock steigert. Der Beginn von "Rockstarbaby" orientiert sich meiner Meinung nach rein musikalisch etwas am Vibe von AEROSMITH, aber gesanglich sind da noch etliche Hürden zu überbrücken, auch etwas mehr Tempo würde der Band generell gut zu Gesicht stehen. Insgesamt aber ein unspektakuläres Album, wobei ich zugeben muss, dass Artwork und Engagement natürlich lobenwert sind, aber in Summe macht sich hier nur gepflegte Langeweile breit. ThEb (5)

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Leslie Moryson & Band
Ich mag dich! CD
Lesliemoryson.de


Der Opener "Gelogen" fusioniert Reggae, DANCEHALL CRASHERS und eine herrliche Hammond-Orgel mit den tollen Stimmen von Leslie Moryson und Verena Schimmel. So muss der Einstieg in ein Album sein, ein Ohrwurm gleich vorneweg. "Ich mag dich" zeigt die Band dann wesentlich radiotauglicher und ist eher eine Ballade mit Pianoklängen und schon ein deutlicher Kontrast zum Rest des Albums, denn "Vielleicht" kehrt wieder zum Offbeat zurück, spielt mit call and response und ist ein cooler Bluessong in THE BLACK CROWES Tradition, der aber nie mit den Vocals konkurriert, sondern ihnen zuarbeitet. Ich werde mich hüten an diesem Album etwas zu kritisieren, denn die Musikalität der "Band" ist beeindruckend. Aber Vorsicht, ist jetzt keine Voodoo Rhythm-Scheibe mit dreckigem Rock n' Roll-Appeal, ist schon sehr clean und bürgerlich und gesetzt, musikalisch aber, wie gesagt, erstklassig. Acht Songs plus ein Remix. ThEb (7)

Text?

RED FANG
Whales And Leeches CD
Relapse Records


Für den Wirbel, den alle derzeit um RED FANG aus Portland machen, hätten sie ruhig einen stärkeren Opener als "DOEN" auf ihr neues Album packen können, aber nach dem ziemlich dünnen Auftakt steht "Blood like cream" dann den alten Hymnen aber in nichts nach. Ist eben ein typischer Partysong, den RED FANG auch schon auf der aktuellen Tour gespielt haben, aber er wird manchem vielleicht nach mehrmaligem Hören sogar etwas zu platt sein. Für andere wird er wohl schnell zum Hit des Albums werden. Ist aber definitiv kein Song, der nach dem erstmaligen Hören noch groß wächst. "Crows and swine" geht da schon eher in diese Richtung, denn der verschachtelte Progtrack überzeugt durch eine schräge Bildhaftigkeit, was die Lyrics angeht, und man fährt spielerisch viele Finessen wie Trash-Riffs zu äußerst moderaten Tempo auf. Da muss man erstmal draufkommen. Auch "Voices of the dead" steht den Liedern des letzten Albums in nichts nach, orientiert sich aber eher an "Bleach" als an gängigen Stoner- oder Hardcore-Bands, aber gerade diese Inspirationsquelle ist natürlich sehr dienlich, wenn man nicht auf der Stelle treten möchte.. Da die Band aus dem Nordwesten kommt, passt's natürlich auch und wirkt nicht aufgesetzt. "Behind the light" ist dann ein GRAVIATORS-ähnlicher Track, sowohl das doomige Riffing, als auch die etwas nostalgischen Vocals erinnern schon stark an die Schweden. Auch "1516" weist wieder eine frappierende Ähnlichkeit zum Organ des GRAVIATORS-Sängers auf. Trotzdem klingt "Whales And Leeches" sehr abwechslungreich. "Failure" und "Dawn rising" sind nämlich eher zähe, langsame und herrlich malmende Tracks, die gerne mal in Richtung gesangliches Experiment steuern und bis auf den, wie gesagt, recht schwachen Opener gelingt RED FANG mit ihrem Zweitling eine extrem vielseitige Fortsetzung zu "Blood Mountain", deren Faszination gerade in der Menge an Einflüssen aus verschiedenen Genres wurzelt. Leider gibt es aber wieder den unvermeidbaren Package-Overkill, so bieten die Deluxe-Versionen der CD und LP zwei Bonustracks, während die normale Edition mit den regulären elf Songs aufwartet und somit weniger zu bieten hat. Aber das sind ja jetzt wieder Sammlerprobleme... ThEb (8,5)