WITH LOVE, September 2010-Reviews

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7 WEEKS
All Channels Off
F2M Planet

Die Franzosen machen aus ihren Idolen kein grosses Geheimnis, QUEENS OF THE STONE AGE, SOUNDGARDEN, FOO FIGHTERS, KYUSS sind ihre Leitlämpchen und dreist wie ich bin, lege ich noch NIRVANA drauf, denn aus dem Nichts kamen die bisher genannten Bands ja nicht. Wo das 2006 gegründetet Quartett der Erstlings-EP "B(l)ack Days" allerdings recht laid-back und sehr reduziert vorging, hört man diesmal auch temporeiche Passagen. "Dust And Rust" macht der Grande Nation jedenfalls alle Ehre, denn alle Tugenden der QUEENS wie schmierige Soli, melancholische Vocals und einprägsame Leads finden sich hier wieder. Das ständige Stop And Go ist zwar gewöhnungsbedürftig, aber dass "All Channels Off" drei Jahre am Debüt gearbeitet haben, macht sich nun bezahlt, denn in Paris und Bordeau darf man als Opener für SUICIDAL TENDENCIES bzw. INFECTIOUS GROOVES ran. Ein größeres Kompliment kann es doch gar nicht geben, oder? (7) Thomas Eberhardt

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CONDUIT
Fear For Those Who Missed It CD
Whirlwind Records

Das Label Whirlwind preist das Debüt der Band aus Coventry recht vollmundig an und die Tatsache, dass mit Jeff Scheetz ein versierter Gitarrist und Producer, der auch bei FAILSAFE hinter den Reglern saß, die Aufnahmen unter seine Fittiche nahm, hat den Briten Selbstvertrauen gegeben und das hört man den elf Tracks auch an. Die kleinen Ecken und Kanten machen das Debüt erst charmant und was mit einer high-budget-Produktion bestimmt verloren gegangen wäre, ist auf "Fear for those who missed it", ein klarer Sympathiepunkt. "I am the moth" bietet Chaoscore-Riffs, während "Onwards and upwards" auf eine deutliche Bassline setzt und auch mal elektrische Loops einbezieht. Gesanglich dominieren die hohen Vocals von Basser Dave, aber Gitarrist Ian setzt dem zuckersüßen Organ seines Kollegen gerne mal ein paar Screams entgegen. Die anfängliche Holprigkeit der Debütanten ist dann spätestens mit dem fünften Song "Snakes and ladders" vorbei und man genießt diesen Uptempo-Smasher nach dem recht durchwachsenen Beginn so richtig. Ein Gespür für Hooklines und Melodien hat diese Nachwuchscombo auf alle Fälle. Ein echter Geheimtipp für Fans von FUNERAL FOR A FRIEND, TEXTBOOK oder TRIBUTE TO NOTHING. Da kann viel draus werden. (6) Thomas Eberhardt

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CURBS
The City Of Dreaming Spires
Pate Records

Schon das Bandlogo steht ganz im Zeichen Groß Britanniens und obwohl die Wiener sich beharrlich im großen Fundus der Musikgeschichte bedienen, will man ihnen diesen Hang zum Zitat nicht zum Vorwurf machen, dafür sind ihre Songs einfach zu himmlisch und schmeicheln dem Hörer mit orchestral ausufernden Arrangements. "The World" ist extrem nah an BLACK REBEL MOTORCYCLE CLUB, "Come On" begeistert durch den STONES-Rhythmus an der Gitarre, einen supereingängigen ASH-Refrain und dezente Southern-Sprengsel im Stile der BLACK CROWES. Ein bunter Strauß an Zitaten, die den Kenner erfreuen, aber auch für Skepsis sorgen, weil eben sehr perfekt abgekupfert wird. Wenn ich daran denke wie viele Songs von der Öffentlichkeit ungehört in den Proberäumen verhallen, weil man sich dabei erwischt hat, wie man bei x,y,z ein Riff aufgeschnappt hat, dann fragt man sich schon, ob CURBS jetzt dreist oder einfach nur in den Brit-Pop verliebt sind. Da man sich aber oft dabei ertappt, wie man die Melodien der Band mitsummt und noch nach Tagen nicht aus dem Kopf bekommt, muss schon etwas mehr hinter CURBS stecken. Für Britrock- und OASIS-Fans eine Pflichtanschaffung und für Österreich ein wahres Aushängeschild. (6,5) Thomas Eberhardt

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DEAR JOHN LETTER
Part And Fragment CD/LP
Labelship

"Between Leaves | Forestal" war ein Achtungserfolg, aber in den vergangenen zwei Jahren war das Quintett nicht untätig, denn die neuen Songs sind eine konsequente und qualitativ beeindruckende Fortsetzung des hochgelobten Debüts. SIGUR ROS, MOGWAI, SNOW PATROL und andere Zeitlupenesoteriker werden auf "Part And Fragment" gehuldigt, bevor dann in "Silent Sirens" erstmals wieder die Elektrische bemüht wird. Verspielte Orgelmelodien und stark 70s-lastige Riffs ergänzen das bekannte Credo der Augsburger mit einer psychedelischen Note, die ihre ohnehin schon progressive Herangehensweise noch exklusiver macht. "Of Grandeur" lässt ein Glockenspiel auf Seattle-Gitarren treffen. Viele Passagen spielen mit Lauten und Wohlklängen, führen den Hörer an der Nase herum, um ihn dann wieder mit einem Wahnsinnssong britischer Machart wie "You can`t hear yourself think" zu beglücken. Das Artwork ist schlicht aber ästhetisch, eben so, wie man das von der Band schon kennt. Zur Wahl steht eine 3-Panel-Digipack CD oder LP, ganz nach Plaisir und Platzangebot in den eigenen vier Wänden. Zugängiger ist der Zweitling allemal geworden, die Sperrigkeit ist gewichen, aber die neuen Tugenden stehen den Bayern auch sehr gut zu Gesichte. Progressive-Fanatiker werden dieses grandiose Album lieben und der gemeine Indierocker dürfte daran auch gefallen finden, selbst wenn DEAR JOHN LETTER eher auf Atmosphäre als auf mächtige Riffs setzen. (8) Thomas Eberhardt

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EHRENMORD
Scheitern Am Alphabet CD
Eigenproduktion

Das Intro gleicht dem eines SHELTER-Albums, aber mit Krishna-Consciousness hat das Duo aus Frankfurt nicht viel am Hut. Mit Humor und schrägen Patton-Singalongs schon eher. Das Fundament legt man so, dass "der Eine" auf die Drums eindrischt, "der Andere" sich um den Verstand brüllt. Der Sechssaiter ist so tief gestimmt, dass man den fehlenden Bass wirklich nicht bemerkt, aber die Texte der Frankfurter versteht man beim ersten Hören leider nicht immer. Spinnert sind die zwölf Songs allemal, aber auch verdammt atmosphärisch, bis das Duo dann absichtlich den Stecker zieht und wieder einen Hardcore-Brecher serviert. Bei "Sternchentattoo" dürfen die Backups ganz in QUEENS OF THE STONEAGE-Tradition klingen, aber der Humor steht bei den beiden Jungs ganz klar im Vordergrund und das so herrlich erfrischend, dass man EHRENMORD einfach mal antesten sollte. Selten so geschmunzelt. (7) Thomas Eberhardt

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GHOST OF A CHANCE
And Miles To Go Before I Sleep CD
Midsummer Records/Cargo

Amerikanischen Singer/Songwriter-Sound hat Tobias Heiland von A SAILOR`S GRAVE im Repertoire. AUSTIN LUCAS, SAD RIDERS und WAXWING sind die beiden Pole zwischen denen Heiland oszilliert und vor allem durch seine durchdringend tiefe Stimme begeistert. Konkurrenz gibt es also reichlich, aber Heiland kann sich völlig von seiner HC-Vergangenheit freischwimmen und das zeugt schon von viel Mut. In "Swan Song" sorgt Heiland durch ein spoken-word-Intro für Abwechslung, bleibt aber trotzdem seinem sehr melancholischem Sound treu. Zehn Songs, die leider komplett ohne Drums auskommen wollen und daher oft ein ähnliches Rhythmusschema haben. "Ghosttown" und "Sleeping with the lights on" versucht dieses Manko mit Claps und Stomps zu kompensieren, was auch ganz gut gelingt. "Hideout" wird gesanglich von Anja Troscha unterstützt und sticht ebenfalls positiv hervor. Runde Sache. (6,5) Thomas Eberhardt

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JULITH KRISHUN
VV CD
Shark Men Records

Mittlerweile sind JULITH KRISHUN unter diesem Namen seit 2003 aktiv, haben eine Split LP, eine 7", eine 10" Split, plus eine Compilation all dieser Releases veröffentlicht. Nun ist die in Dresden gegründete Band mit ihrem zweiten Longplayer zurück und vor allem gesanglich hat man an der Tonhöhe gezimmert, denn was früher kreischend klang ist inzwischen ein astreines Gebrummel geworden. In "A myth of salt and sin" scheppert der tiefergestimmte Bass bösartig vor sich hin während die Vocals sich mit Stakkato-Gitarren duellieren und fiese Leads diesen Kampf auf Augenhöhe ins Chaotische überführen. Schlichtweg virtuos, wie die vier ihre, sich schon auf der Split abzeichnende, Vorliebe für atmosphärische Momente neuerdings ausleben. "VV" ist beklemmender und bedrohlicher, als die bisherigen Releases und klingt trotz der Tatsache, dass es drunter und drüber geht wie aus einem Guss. Texte wie "Resettlement in Babi Yar", die das SS-Massaker an einer Schlucht nördlich von Kiew von 1941 thematisieren, wo 33 000 Juden ermordet wurden, zeigen nochmal, dass JULITH KRISHUN auch ihrer historischen Verantwortung gerecht werden wollen und aktiv den Faschismus anprangern. Rein musikalisch gaben BOTCH, COALESCE und EVERY TIME I DIE den Sachsen wohl einige Impulse. Das Album kommt als Gatefold Digipak mit Paul Barsch-Artwork und ist auch optisch ein wahrer Hingucker, also nichts wie in den Warenkorb damit. (8) Thomas Eberhardt

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OUTSMARTED
The Amoral Ranger CD
Lockjaw Records

Aller Erwartungen zum trotz sind OUTSMARTED nicht von der Insel, sondern aus Linz. Gegründet wurde das Quintett 2003 und die erste tour bestritt man gleich mit RENTOKILL, teilte sich die Bühne aber auch mit TSUNAMI BOMB, FEAR MY THOUGHS oder WALLS OF JERICHO. Ihren Studioeinstand gaben die Österreicher dann 2007 mit der sieben Song EP "The Panic Theory" und ihre erste Full Length dürfte das derbste sein, was Lockjaw bisher veröffentlicht haben. Melodischer Hardcore, dem von HORSE THE BAND, THE BRONX EVERY TIME I DIE oder der frühen CANCER BATS nicht unähnlich, eben reichlich Groove mit fast schon stonerlastigen Riffs, die im Falle von OUTSMARTED mit kurzen gesungenen Refrains garniert werden. Sänger Oliver hat eine charakteristsiche Reibeisenstimme und insgesamt distanziert "The Amoral Ranger" sich maximal zum Metalcore, geht aber auch nicht die geringste Tuchfühlung mit Emocore ein. Das ein oder andere Southern-Rock Solo darf dafür Einzug halten und wenn die 13 Songs vorbei sind, hat man mit Gewissheit ein großartiges Album gehört. (8) Thomas Eberhardt

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SLECHTVALK
A Forlorn Throne CD
Whirlwind Records/Cms

Über den Stil von SLECHVALK scheint man sich uneins, mal ist die Rede von Black-, dann wieder von Death- oder gar Viking-Metal. Auch wenn die Jungs früher gerne mal Corpsepaint aufgelegt haben, ist ihr aktueller Longplayer mit hymnischen keltischen/skandinavischen Gesängen gespickt und das Schwert gehört zu den neuen Lieblingsaccessoires der Niederländer, also macht es Sinn die Herren in die Pagan-Ecke zu packen, denn für reinen Death sind sie zu langsam, für Black Metal fehlt ihnen mittlerweile der blasphemische Hintergrund. Meckern kann man über ihren neuen Longplayer allerdings nicht, denn was sie machen, machen sie mit Überzeugung und Können. Als Gastmusiker kam Erik Grawsiö von MANEGARM vorbei und Mastermind Shamgarv schafft es, dass SLECHTVALK sich erfreulich von den übrigen Genrebands absetzten, sich wegen ihrer wenig konfrontativen Art hinsichtlich der Religion, aber auch den ein oder anderen Vorwurf aus der BM-Szene anhören lassen. Sticht so ziemlich alles aus, was gerade als Newcomer im Metalbereich kursiert. (7,5) Thomas Eberhardt

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SLECHTVALK
An Era Of Bloodshed CD
Whirlwind Records/Cms

Zum zehnjährigen Bestehen von SLECHTVALK gibt es ein Best-Of-Album, das Songs von "Falconcry", "The war that plagues the lands" ein Splitbeitrag, einige brandneue Demo- und Coversongs und drei Tracks von "At the dawn of war" zusammenfasst. Gemastert hat Patrick W. Engel, man darf also eine amtliche Qualität erwarten, selbst wenn seit "Falconcry" zehn Jahre vergangen sind. Viele Songs sind orchestral aufgemotzt und kommen sehr bombastisch daher, da werden schon deutliche Unterschiede zum aktuellen Sound der Jungs deutlich, AMORPHIS war damals noch ein klarer Einfluss. Insgesamt ein super Überblick über das Schaffen der Band. Wer gerne auf Klavier, Orgel und vereinzelten Soprangesang wie in "From behind the trees" verzichten möchte, ist mit "A Forlorn Throne" besser bedient, aber beide Releases haben ihren eigenen Reiz. Diese Werkschau macht auf jeden Fall Sinn und auch eine Menge Spass. Sehr überzeugend.(7,5) Thomas Eberhardt

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TEAMKILLER
Bound To Samsara CD
Let It Burn/Soulfood

Die letztjährige EP auf Cobra Records läutete den Richtungswechsel in die CRO-MAGS-Ecke ein und war tatsächlich ein Appetizer, denn schon wenige Monate später haben TEAMKILLER einen Deal mit Let It Burn Records und ihre zweite, aber leider wohl auch vorerst letzte, Full Length fertig. Das Intro baut gehörig Spannung auf, bevor dann mit "No more" ein über vier Minuten langer Angriff auf gemeine Hardcore-Hörer folgt. Gefühlte vierzehn Soli und ein Tapping hätten vor fünf Jahren noch auf ganzer Linie für Irritation gesorgt, aber Felix Grammer tobt sich in bester Rocky George-Manier aus und nimmt sich dann dafür auf dem Rest des Albums etwas zurück. Vergleiche mit "Bad Signs" fallen nicht unbedingt negativ aus, denn mit "Wage of existence" ist auch ein straighter HC-Smasher mit auf dem Album. Das Gros ist allerdings schon recht experimentell. Oft hört man melodische Gesangslinien, die dann noch mit einem Solo in einer anderen Tonlage kontrastiert werden, das muss oft erstmal sacken und ist gewagt. Die Aufnahmequalität erscheint etwas reduzierter als auf "Bad Signs", aber wer primär auf 80ies-Zeug steht, wird es verschmerzen können. Mutig und wegweisend und das obwohl man einige erstklassige Songs schon im Vorfeld einmalig auf der EP veröffentlicht hat und sich so wohl um das Label "Klassiker" gebracht hat, aber ein außerordentliches Album ist "Bound To Samsara" trotzdem geworden. Gehört in jede HC-Sammlung! (8) Thomas Eberhardt

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TO KILL
Antarctica CD
Let It Burn Records

Für ihren vierten und bis auf Weiteres letzten Longplayer haben TO KILL nochmal alle Register gezogen und obwohl der Nachfolger von "When Blood Turns Into Stone" hauptsächlich auf Hardcore-Stakkato setzt, hat das Album auch ein paar Überraschungen zu bieten. Allem voran könnte man den Gastbesuch von Greg Bennick, Sänger der leider längst aufgelösten TRIAL, nennen. Für "The Flight of the Locust" stand er der Band sowohl gesanglich, als auch textlich bei. So wundert es nicht weiter, dass gerade dieser Track inhaltlich nochmal klipp und klar aussagt, dass TO KILL gegen Umweltzerstörung, Krieg und Armut eintreten. Die Musik ist da sekundär, vielleicht haben TO KILL aber auch das Handtuch geworfen, weil dies keine Zeit mehr für Inhalte zu sein scheint. "Antarctica" wirft oft die Frage nach dem Erben auf und jetzt wo die Römer ihrer Band TO KILL ein Ende gesetzt haben, bleibt zu hoffen, dass andere Bands die Message des Quintetts in die nächste Dekade überführen. (8) Thomas Eberhardt