WITH LOVE, September 2010-Reviews

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CALEYA
These Waves Will Carry Us Home MCD
Midsummer Records


Schleppend beginnt der Rerelease des CALEYA Debüts und dieses markante, etwas gedrosselte Tempo grenzt den Fünfer dann auch schon von zahlreichen Mitbewerbern um des Hörers Gunst ab, denn wo oft ohne Bedacht gedroschen wird, setzen die Hamburger auf atmosphärische Elemente und ab dem zweiten Track "Sirens Song (out in her cold arms) kommt einem dann die erste BARONESS- oder MASTODON-Referenz in den Sinn. Dezente Melodik dominiert von massiven Riffs, die eher in der Magengrube zünden, als den Intellekt anzusprechen. Dann immer wieder marzialische, herrschaftliche Leads, die teils gesprochene, meist geschriene Vocals begleiten. Klar, von KYLEASA und Konsorten ist man noch Meilen entfernt, aber im nationalen Kontext dürften CALEYA durchaus eine exponierte Position einnehmen, wenn sie fleißig auf Tour gehen. Unbedingt antesten! Thomas Eberhardt (6,5)

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David Celia
I Tried CD
Proper/Rough Trade


Kanadier sind eine Spezies für sich und David Celia benötigt nur wenige Songs, um zu demonstrieren, dass THE FLAMING LIPS, LEMONHEADS, Elliot Smith und Jazz durchaus eine Schnittmenge aufweisen, wenn man sich geschickt anstellt. Die 14 Songs des Kanadiers mit kroatischen Wurzeln sind auch textlich geschickt und werfen viele Themen in die Runde, was "I Tried" kurzweilig und auch sehr interessant macht. "I'm Not Texan" und "Sergio" sind meine persönlichen Favoriten, aber auch "Bug's Apocalypse" mit Ida Nielsens Harmonien im Hintergrund wirkt fantastisch. Eine willkommene Abwechslung angesichts der sehr theatralischen Songwriter-Alben in letzter Zeit, was das dritte Album von Celia da so zu bieten hat, es geht also auch anders. (7) Thomas Eberhardt

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DEBT OF NATURE
Crush, Kill And Burn CD
Deity Down Records


Mit ihrem griffig betitelten neuen Album machen die Düsseldorfer Death/Thrash-Grinder DEBT OF NATURED da weiter, wo sie mit ihrer letzten Scheibe "Dreams Kill On Command" aufgehört haben. Mit ordentlichem Sound ausgestattet knüppeln sie sich breakverliebt und technisch filigran durch 11 Songs. Riffgewitter, Doublebass- und Blastspeed-Attacken untermalen die erfrischende Fuck-you-all-Botschaft an alle Mitläufer, Spalter, Faker, Perverse und die ganze Menschheit. Songs wie der alles überrollende Opener "Masturbator Generator" oder der derbe "Caterpillar Walk" sind die ersten Anspieltips für Neugierige. Die stärksten Momente hat die auf 6 Mitglieder angewachsene Band jedoch, wenn der Fuß mal etwas vom Gaspedal genommen wird und der Groove und das melodische Gitarrenspiel in den Vordergrund rücken. Diese Parts werden leider immer schnell von Breaks unterbrochen, so dass die Songs häufig nicht so recht in Schwung geraten. Und im Songwriting liegen denn auch die wenigen Schwächen von "Crush Kill & Burn": die von Riffs dominierten Nummern sind doch meistens ziemlich beliebig ausgefallen und besitzen kaum Spannungsaufbau und daher wenig Wiedererkennungswert. Das Genre als solches bringt das gewissermaßen mit sich und sollte daher Liebhaber dieser Spielart nicht davon abbringen sich DEBT OF NATURE zum Feierabendpogo aufzulegen. Die fehlende Abwechslung lässt mir die 46 Minuten dann aber doch etwas lang werden. Michael Dietz (7,5)

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DISPOSED TO MIRTH
The Value Of Diamonds MCD
Noizgate Records


Das Debüt "Menschenhai" setzte neue Standards jenseits der ausgetretenen Metalcore-Pfade und mit "The Value Of Diamonds" legt die Band ein an Tapping und Skalen reiches, hochtechnisches Werk vor, welches aber trotzdem melodieverliebt und rhythmisch ausgereift ist. Schon das Intro wirkt dämonisch, eine gesprochene Passage wird rückwärts abgespielt, dann beginnt ein reizvolles Wechselspiel zwischen Stakkatoriffs und hymnischen Leadgitarren. Klar, Chartbreaker sind die Tracks keineswegs, denn so recht blickt man in den fünfminütigen Kompositionen natürlich nicht durch. Unterschwellig Bekanntes taucht wieder auf, aber noch bevor man sich einhören könnte, bricht eine neue Riffwelle über den Krachfetischisten herein. Das Layout ist herrlich klischeefrei und die harmonisch angelegten Leads sind eine Wohltat angesichts des negativen Krachs, den man sonst allerorts geboten bekommt. Nach mehrmaligem Hören wird man diese EP nicht mehr missen wollen und wenn das 2011 erscheinende Album ebenso fantastisch klingt, dann steht diesen Münsteranern eine goldene Zukunft ins Haus. Thomas Eberhardt (8,5)

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THE LAST KILLERS
Violent Years CD
Go Down Records


Laut THE LAST KILLERS spielt es eine untergeordnete Rolle, ob man gerade 16 ist, oder sich schlichtweg so fühlen mag, Recht haben sie, denn Garage Rock erfasst die Essenz der rebellischen Jugendtage recht gut und macht sie für alle zugänglich. Um den Backkatalog der Italiener zu bestimmen, muss man sich ein wenig ins Zeug legen, aber bisher hat man eine Split Seveninch mit THE DIRECTORS veröffentlicht, und zwar 2006 auf Area Pirata, und legte ein Jahr später eine Full Length namens "3 Bombs Over Berlin" nach. Kürzlich erschien "Flesh and Proud", eine 7" in Zusammenarbeit mit Brian Auger. Auger ist passionierter Harmonist, nein, nicht pensionierter, wobei das mit 70 Jahren auch hinkommen könnte. Er spielt also Orgel. Am Anfang seiner Karriere spielte er in der Band STEAMPAKET mit Rod Stewart, später in TRINITY und OBLIVION. Der Legende nach wollte man ihm sogar Jimmy Hendrix als Frontmann für die Band vorsetzen, aber Auger lehnte dankend ab. Nicht so bei THE LAST KILLERS, dort war Auger schnell Feuer und Flamme und erklärte sich zu einer Kooperation bereit. Kein schlechter Auftakt für den zweiten Release der Band. Für Fans von MC5, THE STOOGES, VELVET UNDERGROUND oder HELLACOPTERS sind THE LAST KILLERS ein must-have und das stylische Digipak rundet den tollen Release ab. Go Down Records zementieren mit diesem grandiosen Release ihre schon exponierte Stellung im Garage-Bereich und "Violent Years" von THE LAST KILLERS gehört in jede Retrosammlung. Zwölf Songs mit Kultcharakter! (9) Thomas Eberhardt

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Nilla Nielsen
Higher Ground CD
Gecko Music/Klicktrack


Die Schwedin Nilla Nielsen erinnert mich auf ihrem vierten Album wegen ihrer leicht rauchigen Stimme oft an Bonnie Tylor, ihr Timbre wiederrum lässt an Alanis Morissette denken. Die Songs sind hauptsächlich auf Englisch, wobei mit "Salt" auch ein schwedischer Text dabei ist. Der Opener "Then You Said I Made You Feel Unfaithful" ist ziemlich stark an Johnny Cash angelehnt und auch sonst orientiert sich Frau Nilla Nielsen stark an traditionellem amerikanischen Songwritertum. "Hymn For The Orangutan" steht stellvertretend für ihr ökologisches Engagement, was natürlich erfreulich für eine so massentaugliche Sängerin ist. Veröffentlicht wurde "Higher Ground" auf dem eigenen Label von Nilla, Gecko Music. Im Vergleich zu den voherigen Alben fokussiert die Schwedin sich auf Gitarren, Dance- und Elektro-Elemente findet man auf dem aktuellen Release nicht. "Higher Ground" dürfte Hörern mit Pop-Affinität gefallen, das Cardsleeve-Digipack ist schmuck und enthält alle Texte. Wer mal was anderes hören will, oder noch ein verträgliches Geschenk für die unausweichlichen Festtage sucht, darf zugreifen. (6) Thomas Eberhardt

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PLACENTA
Brutalis CD
Noizgate Records


Man kann als Band ja einiges falsch machen. Mit einem bescheuerten Bandnamen lassen sich schon mal einige potentielle Hörer abschrecken. Wenn man dann als misstrauischer Konsument noch den Fehler begeht, sich die infantilen Texte durchzulesen, bevor die man die CD einlegt, verschiebt man das Anhören nochmal um unbestimmte Zeit nach hinten. Irgendwann schafft man es doch bis zum Intro und muss sich über genau den Sound ärgern, über den sich neulich ein Kollege in der Rock Hard am Beispiel von Kataklysm so aufgeregt hat: Komplett computerisierte Drums unter einem ebenso digitalen Gitarrensound. Druckvoll ist dass, aber irgendwie auch Techno. Wenn man das erstmal alles verarbeitet hat fällt plötzlich auf, das die 5 netten Jungs vom Bandfoto richtig geilen Scheiß machen, eine ziemlich gekonnte Mischung aus modernem technischem Deathmetal und Grindcore. Bei dem Placenta-Schriftzug war das beinahe zu vermuten. Sinister zu "Hate"-Zeiten fallen mir als Referenz ein, nur etwas wilder eben und mit jeder Menge E-Stakkato-Geprolle. Tja, nachdem man das schlimmste erwartet, ist die Überraschung umso positiver, da lass ich mir doch gerne 8 Punkte abluchsen, mit der Auflage, bei nächsten Mal wenigstens den Sound mit mehr echten Drums und weniger Getrigger auszustatten. Alles andere müssen die fünf Mutterkuchen mit sich selber ausmachen. Michael Dietz (8)

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Rage 46
The Original Soundtrack To The Book Of Susan Ville CD
STF Records


Spätestens seit Twighlight funktioniert die Fusion von Buch und Musik kommerziell ziemlich gut, optimal, wenn dann auch noch ein Blockbuster am Ende des Projekts steht. Susan Villes erster Roman "Rage 46/Prüfung der Götter" ist ein Science Fiction Thriller, in dem Rage zusammen mit Journalistin Susan die Welt vor einem Supervirus retten muss, der die menschliche DNA angreift. Musikalisch untermalt wird der Thriller von 16 recht unbekannten, aber durchaus professionell agierenden Bands. Seichter Rock, gefällig, stimmig und zumeist aus Deutschland. Bekannt sind mir eigentlich nur PRESCENCE OF MIND, die ja bei STF unter Vertrag sind, aber auch Christina Lux, deren Song "Arms Wide Open" etwas an NO DOUBT erinnert, hält den Standard erstaunlich hoch, so dass man selbst als Mainstream- oder Metalhörer Gefallen an dieser Compilation finden kann. Das Booklet listet die Handlungsstränge des Buches auf, die CD kann aber auch für sich selbst stehen. Was der Rock-Underground doch zu bieten hat. Thomas Eberhardt (7)

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RANDALE
Hasentotenkopfpiraten CD
New Tone/randale-musik.de


Die Westfalen RANDALE haben eine löbliche Intention mit ihrer Band, denn sie machen Musik für Kinder. Stellt sich die Frage, ob man Musik aufsplitten muss, damit anschliessend Musik für Kinder, Frauen, Männer, Christen oder Frankokanadier goutierbar ist. Dieser Grundannahme, auch wenn sie jetzt auch etwas überspitzt ist, widerspreche ich. RANDALE tun beherzt das Gegenteil und dass ist auch völlig legitim, schließlich leben wir in einer pluralistischen Gesellschaft. Der animateurhafte Charakter von "Hasentotenkopfpiraten" geht Erwachsenen jedoch schnell auf die Nerven und da die meisten Kinder ungemein gewitzt sind, glaube ich, dass sie den pädagogischen Braten riechen werden. Natürlich dürfen sie die Reihenfolge der Planeten in einem Song lernen, oder sich dabei austoben, allerdings ist das Album mit seinen 13 Songs eher was für Vor- und Grundschulkinder und damit ein echtes Nischenprodukt. Allerdings liegt in der Nische ja auch ein großes Potential. Musikalisch erinnert die Band meist an PUR, im Feuerwehrlied an MAIDEN das Booklet ist aber echt gelungen und sehr ansprechend bebildert. RANDALE polarisieren, soviel ist sicher, Songs wie "Nein" funktionieren, das muss auch gesagt werden, aber ob man seinen Kindern jetzt RANDALE vorsetzt muss wohl jeder Elternteil ganz subjektiv für sich entscheiden. Thomas Eberhardt