WITH LOVE, March 2010-Reviews

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BEGGARS AND GENTRY
DEMO 2009


Bevor ich das unbetitelte Demo von BEGGARS AND GENTRY auflege, werde ich in einer Anrede an den Hörer (in dem Fall ich) darauf aufmerksam gemacht, dass ich beim Anblick des nicht vorhandenen Covers schon ein unfertiges Urteil über die Band gebildet habe. Es wird auch erklärt, warum das so ist, ein versteckter Aufruf zur Toleranz. Conscious Punkrock? Eine Apologie für langweilige Mucke? 5 Kids, 5 verschiedene Perspektiven, 1 Idee: ehrlichen Punkrock machen. Gute Idee! Also mal hören was dahintersteckt, bei Songlängen von durchschnittlich unter zwei Minuten kann´s so schlimm nicht werden. Aber sie verzocken es total: Ein völlig überflüssiges Intrumental-Intro mit einem Gitarrenriff, das super-fresh daherkommen soll, der Mix tötet diesen Versuch leider im Ansatz, die Instrumente sind völlig aneinander vorbeigemischt. Na gut, es ist ein Demo. Aber es wird nicht besser. Es folgen extrem uninspirierte Midtempo-Songs, die man retten könnte, wenn die 5 Kids einfach dreimal so schnell spielen würden. Also gebt mal Gas, Boys! Tja und textlich hat man Worte wie Consume, TV, fucking Church, Pain, Pressure, Cliché, Scars neu gewürfelt um die Gesellschaft ordentlich durchzukritisieren. Wer braucht denn so was? Wie Homer Simpson sagen würde: Je-mand anders! Je-mand anders! Michael Dietz

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BREAK EVEN
The Bright Side CD
Anchors Aweigh Records


Die vier Australier aus Perth haben durch ihren Lizenzdeal mit Anchors Aweigh Records jetzt die Möglichkeit ihr beachtliches Debütalbum auch in Europa an geneigte Hörer zu vermarkten. Irgendwie sind die zwölf Songs eine eigentümliche Mischung aus gepflegter Tristesse und rockenden Ausbrüchen. Das Gitarrist Rowan Selbstmord beging, stellte BREAK EVEN auf eine harte Probe, aber die Band machte weiter und beweist sowohl emotional, als auch musikalisch Charakterstärke. Die zwölf Songs auf "The Bright Side" verbinden brachialen Hardcore der Machart MODERN LIFE IS WAR mit akustischen Interludes, existenziellen Texten und starken Statements für den Zusammenhalt. Powerchords und atmosphärische Elemente werden formidabel verknüpft und so gelingt es dem Vierer Stimmung aufzubauen, sich völlig von banalen Songstrukturen loszuschwimmen und es einfach fließen zu lassen. Mit jedem Hören, gewinnt der Release an Boden und ich bin mir sicher, dass BREAK EVEN noch viele Fans finden werden. "The Bright Side" ist ein echter Grower, und als Digipack ein wahres Schmuckstück. (8/10) Thomas Eberhardt

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BLIND OF 69
So Overrated MCD
Finest Noise Records


Dass dieses Trio im Regal genau neben BLINK 182 stehen würde, kann kein Zufall sein, denn die vier Lieder weisen fundamentale Ählichkeiten mit der Band aus Kalifornien auf, mehrstimmigen Gesang, Pop-Affinität und schmissige Refrains und fragiles Picking auf der Elektrischen. "Break The Past" kann ohne Einschränkung gefallen, lässt auch Vergleiche mit den ATARIS oder UNWRITTEN LAW zu. BLIND OF 69 haben definitiv ein Händchen für's Songwriting, dürfen aber noch etwas an der Produktion und dem Gesang arbeiten. Diese "Kinderkrankheiten" sind aber schnell behoben, wenn das Trio am Ball bleibt. Werde mich hüten der Band ihren Stil zum Vorwurf zu machen, denn wenn wir ehrlich sind, dürfte es wieder mehr Bands dieser Facon geben. Nett, aber simpel gestrickt, was die Inhalte und Melodien angeht. Eher was für die Adoleszenz. Wer diese bereits durchlebt hat, wird sich etwas deplatziert fühlen. An dem passablen Release der Band ändert das wenig. (6/10) Thomas Eberhardt

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BULLDOG COURAGE
From Heartache To Hatred CD
WTF Records


Arbeiterklasse Hardcore, wie man ihn so authentisch selten gehört hat, Texte über kranke Beziehungen, Loyalität, Kneipenschlägereien, Korruption und das Leben in Albany, New York. Der Sänger röchelt sich in bester Roger Miret-Manier durch 14 Tracks, während bei den Riffs CAUSE FOR ALARM, STREET DOGS und SOIA Pate standen. Das Album ist zwar pathosgetränkt, aber extrem mitreissend und man merkt schnell, dass Shane Williams eine ehrliche Haut ist und viele Anekdoten zu erzählen hat. Die Streetpunk-Anleihen wie in "Live Before I Die" lockern die Beatdown- und Bollopassagen gut auf und die East Coast Combo hat eine gigantische Rhythmussektion, die auch bei hohem Tempo auf gute Beats achtet. Mit Singalongs geht man sehr ökonomisch um, in "Blood And Whiskey" bekommt man dann aber doch mal hymnische Backups präsentiert und das Warten lohnt sich definitiv. "This City" ist dann etwas schwach auf der Brust, bleibt aber auch der einzige Filler. Gegen Ende läuft das Quintett nochmal zur Höchstform auf und covert mit "Revenge" einen BLACK FLAG-Klassiker, ohne dabei blass auszusehen. Alles in Allem ein Release, den man im Regal haben muss. Für NYHC-Fans ein gefundenes Fressen und schlichtweg ein Ausnahmealbum, das "Scratch The Surface" durchaus das Wasser reichen kann. Ein Götteralbum. (8,5/10) Thomas Eberhardt

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BULLDOG FIGHT
Stranger Than The Night CD
Tocado Records


Man stelle sich eine Band aus Nick Cave, Ray Mazarek, Les Claypool, MADRUGADA- und PLEASUE FOREVER-Mitgliedern vor, setzte sie in einer schmutzigen Ecke von Rotterdam aus, stelle ihnen ein paar Sinthi mit Geige zur Seite und fertig wäre die logistisch aufwendigere Variante von THE BULLFIGHT. Ein Quintett das all diese Elemente verbindet, existiert nämlich seit 2006 in den Niederlanden und wird treue Hörer von BOTANICA und MARDI GRASS BB sicherlich bald um sich scharen. Das Debüt "One Was A Snake" verhalf der Band in ihrer Heimat bereits zu einem Insiderstatus, den sie mit den zehn grandiosen Songs dieses Album bestimmt noch ausbauen können, den der teils elektrische Folk-, Polka- und Jahrmarktssound ist perfekt arrangiert, obwohl er stets laid-back und zugedröhnt wirkt. Bisweilen bemerkt man, dass Nick Verhoevens Stimme noch nicht so kaputt klingen mag, wie seine Texte ihn charakterisieren, aber dieses kleine Manko macht sich nur in ein paar Songs bemerkbar. Wie Tom Waits zu klingen, ist eben nicht jedem vergönnt. Trotzdem passt das Label Pop-Noir ganz gut zur Band und was die Texte angeht, hat Verhoeven natürlich einen guten Namen zu verlieren, wer Paul Verhoevens Filme verabscheut, sollte tunlichst die Finger von THE BULLFIGHT lassen, den inhaltlich geben sich die Namensvetter nicht viel. Dieses Album ist aber nichtsdestotrotz ein Meilenstein des Genre und wird bestimmt bald einstimmig von der Presse gefeiert werden. Um dem vorwegzugreifen, bezeichne ich THE BULLFIGHT mal als Meister des zeitlosen Songs und einzig legitime Erben von MADRUGADA und PLEASURE FOREVER. (40:52) (8,5) Thomas Eberhardt

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BLACK-OUT BEAUTY
Horrortrip MCD
Noise Records


Zusammenhangloser Möchtegern-Deathmetal aus Luxemburg, leider fehlt es dem Sänger an Durchschlagskraft und es klingt eher nach einem Aprilscherz, wenn man sich „In The Mouth Of Madness“ anhört, als nach einem Metalsong. Ganz akzeptabel sind die melodischen Leads in „Chuck Norris“, aber stimmlich will das Timing hier nicht ganz stimmen, auch die Drums liegen daneben, die DILLINGER-Riffs werden bis zur Gänze strapaziert und zehn Jahre nach „Calculating Infinity“ gibt es dafür keinesfalls Innovationspreis. Sorry, dass es in einer Tour so weitergeht, aber die hohen Vocals nerven ebenfalls tierisch und die Growls überzeugen mich nicht und Songs wie „Corpseeater“ braucht echt kein Mensch, da wird Karnevalsstimmung mit CANNIBAL CORPSE-Hohlheit kombiniert, nein danke. Thomas Eberhardt

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COPY OF A COPY
This Is It
Flix Records


Nein, das ist nicht die neue Platte vom Mann der 1000 Nasen, auch keine Kopie von ihm. Dass wir es trotzdem mit einer Kopie zu tun haben, darüber lassen Bandname und das Cover, das ein paar graue Business-Klone in Reih und Glied zeigt, keinen Zweifel. Wen versuchen die Franzosen also zu kopieren? Lagwagon zum Beispiel, No use for a name, Propaghandi, frühe Apers, diese mindestens leicht amerikanisch klingenden Up-tempo-Punkbands, die die 90er zu Hauf hervor gespült haben. COPY OF A COPY fügen ihrem Sound noch ein paar moderne New-Metal-Brüller bei. Das macht die Sache nicht origineller, aber darum geht es auch nicht. Die Scheibe läuft bei allen gut durch, die oben genannte Bands gut finden, Da es keinen herausragenden Song unter den 8 zwei- bis dreieinhalbminütern gibt, braucht sie auch nicht viel Aufmerksamkeit und wird ihren Dienst im Auto und beim Grillen am See ordentlich erledigen. Für die Texte hat man übrigens eigens einen fünften Mann engagiert. Wie so häufig sind die beiden Sänger leider sehr schwer zu verstehen und abgedruckt hat man die Lyrics auch nicht. Wer extra einen Texter engagiert hat doch bestimmt was zu sagen. Wir werden die Botschaft dann auf der nächsten Platte erfahren. (6,5/10) Michael Dietz

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HIRSCH EFFEKT
Holon: Hiberno CD
Midsummer Records


THE HIRSCH EFFEKT haben auf “Holon-Hiberno” achtzehn Songs versammelt und kombinieren spinnerte Griffbrettakrobatik mit deutschen Lyrics, die zwar wenig Grund zur Kritik geben, aber auch nicht allzu tiefgründig wären. Andererseits setzt die Band auf atmosphärische Passagen, die gerne mal mit Stakkato Riffs und leichtem disharmonischen Geschrammel einhergehen. Das in den Onlinemags hochgelobte Album läuft bis „Zoetrop“ recht unspektakulär durch, lässt dann durch das AT THE DRIVE-IN-Riffing aufhorchen, erinnert wegen der recht hohen deutschen Vocals aber immer an Mainstream Pop. Dazu gibt es CHIODOS-Elemente, die in dem besagten Song völlig zusammenhanglos arrangiert werden. Diese kompositorische Beliebigkeit und anything-goes-Mentalität zieht sich durch das gesamte Album. Was auf der Strecke bleibt, ist das Lied. Ist auch gar nicht möglich bei all den Streichern, elektronischen Beats und Loops noch auf solche Banalitäten wie Songwriting zu achten. Viele Online Mags haben hierum einen mächtigen Wirbel gemacht, den ich in keinster Weise nachvollziehen kann. „Holon“ ist weder handwerklich herausstechend, noch stimmig oder stimmungsvoll. Die lateinischen Benennungen der Tracks machen diese bewusste Verkopftheit nur noch unerträglicher und die amateurhaften EMB-Ansätze in „Laxamentum/Assorto“, denen dann Streicher untergejubelt werden, setzen dem Ganzen die Krone der Absurdität auf. Selten so eine Fahrstuhlmusik gehört. Man kann Struktur und Form ad absurdum führen, dabei aber trotzdem den Hörer zu belohnen stellt eine Herausforderung dar, die so einfach nicht zu meistern ist. Wenn dem so wäre, gäbe es alle zwei Jahre ein „Calculating Infinity“ oder „ Relationship and Command“. Die heiße Luft, vor allem von der Schreiberzunft hierzu abgesondert wird, zeigt wie planlos und opportunistisch die meisten Mags geworden sind. Den Bands hilft so ein unbegründeter Lobgesang wenig. (6/10) Thomas Eberhardt

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MAIN ATTRACTION
In Spite Of All CD
Antstreet Records/New Music Distribution


Meine fleißigen Helfer verweigerten nach der ersten akustischen Präsentation erstmal eine Besprechung der Band aus Rom und dass obwohl die Combo seit 1994 aktiv ist. Die Gründungszeit lässt natürlich auf eine Sozialisation inmitten von NOFX, LAGWAGON und Konsorten schließen aber diese Stilrichtung trifft nur bedingt auf die Römer zu, denn hier hatten wohl eher RAGE AGAINST THE MACHINE, MINDJIVE und RED HOT CHILI PEPPERS als Quelle der Inspiration herzuhalten. MAIN ATTRACTION sind also eine Funk/Rock-Band und bisweilen hört man skandinavische HIVES-Riffs wie zum Beispiel in "Broken Record Player", dass MAIN ATTRACTION kurz darauf SYSTEM OF A DOWN-Elemente integrieren macht ihren Reiz aus, kostet sie aber in Songs wie "Tic Toc" auch einige Hörer, denn dieses Crossover-Ding ist zwar witzig, aber wenn man ein Album von MUCKY PUP anhört, hat man wenigstens noch was zu lachen, MAIN ATTRACTION sind mir da zu sehr im Fahrwasser von MINDJIVE oder den WILDHEARTS. Insgesamt ein interessantes, weil ungewöhnlich groovendes Album, aber Anfang der Neunziger hat man sich an dieser Stilrichtung einfach sattgehört. Punktum. Wirklich nur was für Diehard-Fans des besagten Genres. (5/10) Thomas Eberhardt

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NIFTERS
Zalvatore Caine Incorporated CD
Killer Cobra/Sound Pollution


Mit ihrem Semihit “If This One Becomes A Hit, I’m Going To Kill Myself” werden sie manchem noch in den Gehörgängen stecken, falls ihr bisher noch nichts von den NIFTERS wusstet, dann ist ihr Sound eigentlich auch schnell umschrieben, denn typisch skandinavische Elemente wie Stakkatoriffs der Marke AMULET, GLUECIFER und REFUSED werden mit vereinzelten Elektrosounds, recht hohen und stark auf Melodien bedachte Vocals verknüpft. Wo die NIFTERS mit den Vergängerreleases eher auf traditionellen skandinavischen Punkrock/Hardcore gesetzt haben, findet man jetzt mehr double bass, düstere Backups und spinnerte Devin Townsend-Vocals. Elf Songs, die durch eine grandiose Produktion, gehörig Durchschlagskraft und eine dreckige Attitüde mehr als überzeugen. „Feathers And Tar“ geht dann etwas in den EMB-Sektor, packt aber HIM, LORDI und EMIL BULLS als Einflüsse mit ein und schließt weder laute noch leise Momente kategorisch aus. Wer’s etwas schräg und apart mag, aber trotzdem nicht auf herkömmliche Songstrukturen verzichten will, wird hiermit extrem gut bedient sein. Wenn die NIFTERS so weiterocken, werden sie bald Europaweit eine feste Größe sein. Unkonventionell aber überzeugend und gut. (7/10) Thomas Eberhardt

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RADARE
Infinite Regress LP
Shark Men Records


Boah sind die laaaaangsaaaam! Herrlich! Es doomt ganz gewaltig bei Radare. Atmosphärisch-melancholische Gitarrenparts dominieren diese Klangreise, mal zart und sensibel, mal brachial und urgewaltig schwelt es aus den Boxen, immer wieder schreit ganz im Hintergrund eine finstere Stimme den Abgrund in dein Leben. Das ganze klingt vielleicht wie TOOL in Zeitlupe, erinnert in den vielen ruhigen Parts an DARK MILLENIUMS Diana read Peace-Kunststück und die Vocals kommen im Stile von NEUROSIS. Man könnte sich beinahe das berühmte Bier zwischen zwei Snareschlägen bestellen, wenn der Drummer nicht so viele Ghostnotes einbauen würde. Ab und zu wird aber auch mal der 2. bis 3. Gang eingelegt und ordentlich abgerockt. Die Produktion ist transparent und druckvoll und mit jeder Menge Hall vergrößert. Toll ist auch die Dynamik der Aufnahme, wenn die Distortion-Gitarre einsetzt, wird es tatsächlich lauter. Wann gab es denn das zum letzten Mal? Freunde der genannten Bands oder der Stile, für die diese Bands stehen, sollten sich ruhig mal einen Blindkauf leisten, zumal die 44 Minuten "Infinite Regress" auf sammlerfreundlichem Vinyl zu haben sind. (8,5/10) Michael Dietz

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ROLLERGIRLS
In Heaven Everything Is Fine CD
Eigenproduktion


Die ROLLERGIRLS aus Darmstadt machen Instrumental-Alternative Rock. Vier lange, gitarrenlastige Stücke namens Part I - Part IV, die versuchen den Hörer mit nicht enden wollenden Phrasen in Trance zu versetzen. Wie so etwas geht, machen URLAUB IN POLEN vor. Die Rollergirls müssen da noch eine Weile üben. Die langsamen Steigerungen von leise nach laut und schließlich ins leicht Chaotische funktionieren im Prinzip schon ganz gut, aber der Funke will nicht zünden. Gerade die hier so dominante Gitarrenarbeit wirkt ziemlich bieder und leblos und bleibt in allen Stücken auf dem gleichen Grundton hängen. Nach den ersten beiden Stücken ist eigentlich auch schon alles gesagt was den Girls auf den Herzen liegt. Aber die vier Musiker sind noch jung und haben Potential, da könnte noch einiges Interessantes kommen. Der Proberaum, in dem "In Heaven Everything Is Fine" aufgenommen wurde, schwingt leider permanent durch. Auch in Sachen Sound ist hier viel Luft nach oben. Auf der Bühne könnte die Musik der ROLLERGIRLS durchaus funktionieren. Dann sollten sie allerdings nicht so übel verzocken wie im völlig überflüssigen Hiddentrack. (6/10) Michael Dietz

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RAISE THE HUMAN
S/t CD
Antstreet Records/New Music Distribution


Temporeicher Punkrock lautet die Devise dieses Trios, aber bis man sich dessen bewusst wird, vergehen schonmal zwei Songs. Der dritte im Bunde namens „Top Floor“ stellt dann aber die Weichen für ATARIS- und ALL SYSTEMS GO-kompatiblen schnellen Melodycore. Freunde von BLINK 182 werden ebenfalls ihre Freude an dem recht verspielten, melancholischen „Adam’s Song“-Tribut „Nevermore“ haben. Das Layout und die Produktion sind wie immer bei Antstreet gewohnt professionell und auch das Songwriting von RAISE THE HUMAN bietet reichlich Abwechslung, an den leichten Akzent von Giulio muss man sich vielleicht erstmal gewöhnen, aber irgendwie verleiht er der Band auch ihren ganz eigenen Charme. Im Mittelteil des Albums wird dann noch des Öfteren die Akustische ausgepackt, aber nach dem recht drögen "Wednesday", kriegt man nochmal einige echte Rocksongs präsentiert. „Euphobia“ ist dann eine Hymne an den Bachelor, nein nicht den Studiengang, der RAISE THE HUMAN nochmal gerade so aus der Mittelmäßigkeit hebt, selbst wenn die Thematik recht seicht ist. Insgesamt könnte man sagen, dass die Jungs ihre Sache gut machen, aber etwas mehr Druck und hätte das Album bestimmt noch vertragen. (6/10) Thomas Eberhardt

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SAMARAH
The World Stops Turning CD
Antstreet Records/New Music Distribution


Der optische Ersteindruck von „The World Stops Turning“ ist durchweg positiv, ein photorealistisches Artwork, welches aber trotzdem etwas surreal wirkt, da man die Naturbilder entfremdet hat. Musikalisch könnte das Trio auf seinem Zweitling nicht souveräner agieren, die Produktion ist solide, wenn auch etwas steril und das Songwriting weist eine EMIL BULLS- und MUSE-Affinität auf und wird durch Piano, Loops und Samples oft atmosphärisch. Auf der anderen Seite sind da die dicken Powerchords und der druckvolle Gesang von Marcel Staub, der sich auch um die Gitarre kümmert. Dreizehn Lieder fernab von Hardcore, Metal oder Metalcore, am ehesten könnte man von alternative Crossover sprechen. Herrlich untrendy und in „Fire In Your Eyes“ auch etwas von Seattle beeinflusst. Für ein Trio ein mehr als beachtliches Stück Arbeit, das SAMARAH da mit ihren dreizehn Tracks unter Dach und Fach gebracht haben. (8/10) Thomas Eberhardt

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SOME PEDESTRIANS
Blackbird CD
I For Us Records


Sieben mal gepflegter Metalcore mit Trash-Anleihen, DILLINGER ESCAPE PLAN-Versatzstücken und Screamo-Vocals. Mir gefallen die Metalpassagen ganz gut, aber in Kombination mit Stop-And-Go-Parts nervt es doch ein wenig. Wirkt ziemlich dahingeklimpert und strukturlos, da keine Idee zu Ende geführt wird, sondern im Schnellverfahren durch einen neuen Ansatz ersetzt wird. In Track vier beginnt der Sänger dann noch in NEW DAY RISING-Art zu singen und die Gitarren klimpern fragil dazu, was das Fass der Beliebigkeit dann vollends zum Überlaufen bringt. Sorry, aber etwas mehr Konsequenz und etwas weniger Sammelsurium hätten dem zweiten Longplayer der Band aus Ostflandern schon gut zu Gesichte gestanden. Das Layout überzeugt wie stets bei I For Us Records, auch die Produktion ist ganz okay. In "Hands Tied" entwickelt man mal ein atmophärisches Metallead mit hymnischer Melodie, aber statt den Gedanken weiterzuverfolgen, zerhackstückt man den rest des Tracks. Manchmal ist weniger eben mehr. "Last Call" schwimmt im Fahrwasser von POISON THE WELL und zeigt, welches Potential die Band eigentlich hat, aber man müsste den Fokus etwas enger fassen und Groove ist für die Rhythmussektion ein Fremdwort, da ist noch viel zu tun. (6/10) Thomas Eberhardt

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THE STATIC AGE
i/o
Flix Records Primary Records


Beinahe etwas unscheinbar wirkt diese sechs Songs umfassende Veröffentlichung des Stuttgarter Labels Flix Records, aber man hätte sich den „Ehemalige von RIVER CITY REBELS“-Sticker nicht sparen müssen und auch von den Touren mit TIGER ARMY und AFI darf die werte Hörerschaft wissen, denn wieso sollten STATIC AGE ihr Licht unter den Scheffel stellen? Weil sie es so wollen, da bekommt selbst Victory und Tony Brummel eine Absage, weil Integrität bei Adam, der noch als PAPER TIGER aktiv ist und Drew, der in den späten Neunzigern mal bei IN REACH auf Pin Drop Records spielte, keine bloße Phrase ist. So sind die Songs, die sehr wavig daherkommen, und beim ersten Hören recht schnell an Sting und auch etwas an THE POLICE denken lassen, ganz allein für die Subkultur und deren Nutznießer gedacht. Der zweite Song „Already Dead“ ist typisch für die Band, wird von Keys untermalt, während Adam Meilleurs Gesang eher gesäuselt, als gesungen ist. Erst im dritten Song “Daughters And Sons“ wird gerockt. Diese Mixtur aus Offbeat, Wave und Punk ist schlichtweg grandios und THE BEDOUIN SOUNDCLASH wären neben MAXEEN eine moderne Band, die man mit THE STATIC AGE assozieren könnte. „These Days“ setzt dann den schwungvollen Ansatz des dritten Tracks fort und klingt mit dem dominanten Bass wie eine viel stärkere Version von Matt Skibas Nebenprojekt HEAVENS. Vergleiche mit ALKALINE TRIO sind von der Sozialisation her wohl gültig, aber ALKALINE TRIO sind doch wesentlich härter als THE STATIC AGE. Dass diese sich nicht dem MISFITS-Song benannt haben, bleibt zu bezweifeln, JOY DIVISION stehen der Band wohl näher. Leider bisher ein zu gut gehütetes Geheimnis, diese Band aus Vermont, mit ihren drei Longplayern. Einer der wenigen Fälle, wo man von Pflichtkauf sprechen muss. (9/10) Thomas Eberhardt