WITH LOVE, May 2014-Reviews

Mai 2014

Text?

KEEP ME ALIVE
Bear Attack CD
Got You On My List Records/Membran


Metalcore ohne Elektronik und Singsang, die ersten Fettnäpfchen wären umschifft. Wenn dann noch HC-Grooves und Crewshouts wie in "I Know That Feel, Bro" hinzukommen und BRIDGE TO SOLACE-mäßige melodische Leads mit brutalen Breakdowns kombiniert werden, dann läuft die Sache fast von alleine. Die EP "The Honeypot" kam 2012 raus und ging stilistisch ein wenig Richtung PARKWAY DRIVE und bot mit "Without beer without me" auch für HC recht untypische Texte. Die zehn neuen Tracks sind allerdings ernster geraten und textlich hält man sich an bewährte Themen wie Solidarität, Idealismus und Freundschaft. Das kann nicht falsch sein, schließlich sind HC-Bands 30 Jahre gut damit gefahren. Die Rythmussektion ist auf alle Fälle fit und wenn in "Ursa Major" Doublebass einsetzt, dann erkennt man, dass der Drummer die Songs gut zusammenhält. Mit "Kristall" ist auch ein Lied auf Deutsch dabei, fiel mir aber erst beim Blick ins Booklet auf, denn die Vocals sind allgemein etwas undeutlich. Insgesamt fällt mir aber die Tendenz auf, die ich bei vielen Bands aktuell erkenne, nämlich so viel wie möglich an Ideen in einen Song zu packen. Oft hilft das dem Track aber nicht unbedingt auf ein höheres Level. Weniger wäre manchmal mehr. Insgesamt ist das Debütalbum der Magdeburger aber eine solide Angelegenheit für Hardcore-Fans, denn eigentlich spielt man melodischen Hardcore, es gibt keine Soli oder andere Metal-Eigenheiten. ThEb (7)

Text?

HAGEL STONE
Where Is Your God Now?
Sweet Poison Records/ Red Cat


Das Powermetal Debüt der Italiener dürfte MANOWAR- und HAMMERFALL-Fans echt zum Ausflippen bringen und auch wenn's jetzt nicht mein Metier ist, muss ich zugeben, dass die zehn Songs wirklich zünden und vom handwerklichen Aspekt her solide sind. Auch die Arrangements überzeugen durch Bombast und die immer wieder eingestreuten "carry on"-Shouts sorgen echt für reichlich 80er Stimmung. Schon der Opener bietet alles, was man von besagten Macho-Metallern kennt, Oktavsprünge, Steinzeit-Metaphern, treibende Gitarren und hymnenhafte Melodien. In "The Anvil" zieht Gitarrist Riz ein derart cooles Solo vom Leder, dass man sich fragt, wie er es schafft sich zugleich dauerhaft um die Vocals zu kümmern, wirklich erstaunlich. Für ein Extra an Bombast sorgen definitiv die Keyboards und auch wenn die Texte im Booklet viel zu klein sind und einem dadurch der Spaß etwas verleidet wird, kann man hiermit gehörig dem "wahren" Metal huldigen. Das ist einfach so true durchexerzierter Powermetal, dass mir echt kein Grund einfällt, das jetzt zu kritisieren, denn um 2014 sowas vom Stapel zu lassen, muss man echt Mut haben. ThEb (6)

Text?

IN THIS TEMPLE
S/t MCD
Finest Noise/Radar


Djent, Deathcore und zugleich atmosphärische Ambient-Passagen? Im Opener "Display" vereint die Band aus Graz all dies und obwohl man sich auf die Deathcore-Parts konzentriert, schaffen die Reverb-Riffs unheimlich viel Räumlichkeit und bereichern den etwas an SUICIDE SILENCE angelehnten Stil der Gruppe doch merklich. "Giving lives" fällt etwas aus dem Raster, da Sänger Jan ins Melodische abdriftet, aber auch besagter Song lebt von den Dreschgitarren und der schieren Brutalität der Combo. Als Bonus gibt es auf der CD noch einen Live-Teaser von "Black River Coast". Die Aufmachung ist zudem für eine Single recht gut, da alle Texte abgedruckt sind und auch das Layout überzeugt. ThEb (7)

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LAVATCH
Mental Deterioration CD
Mudcore Records


Ich sag's gleich geradeheraus, der aktuelle Release von LAVATCH ist wohl die facettenreichste Veröffentlichung aus dem Hause der Kölner und dabei waren "Polygraph" und "Mammoths Of Cold Souls" sicherlich auch nicht eintönig. Eröffnet wird Album #3 mit dem beklemmenden "Realm of shades", "The tide is turning" hat dann ein cooles TDEP-Riff und auch die Dynamik hinter dem Track ist eine ähnliche. Später setzen dann noch SHAI HULUD-mäßige Gitarren und spoken word-Passagen ein. Ein beachtlicher Song. Abwechslung wird auch danach weiterhin groß geschrieben, denn in "Footsteps" lassen EHG grüßen. Zum Glück fand man wieder den Anschluss an die Vorgängeralben, ich dachte schon, dass die EP "Out of control" jetzt das Maß aller Dinge sei, die fand ich eher durchwachsen. "Rise from the dead" lebt vom getragenen Tempo und messenscharfen Riffs, die hin und wieder fies hinausgezögert werden und dann in einem ellenlangen Drumroll gipfeln. Ein paar schwächere Song gibt es nach hinten raus leider auch. Im Ganzen darf man aber wohl sagen, dass LAVATCH wieder voll da sind. ThEb (7,5) Text?

Text?

MIZZLE
Grasshoppers CD
Expressie Produkties/Feiyr


Der inzwischen in Köln ansässige Niederländer Casper van Beugen dürfte einigen als Gründer von CRIMBLE CROMBLE ein Begriff sein, aktuell spielt er bei KEEGAN und hat mit MIZZLE eben eine weitere Band. Der Opener erinnert mich etwas an THE BLACK KEYS, während "Nancy" und "Chicken Soup" einen deutlichen THE WHO-Einschlag aufweisen, aber auch PINK FLOYD-Psychedelia integrieren. Diese Kombination funktioniert auch auf Albumlänge hervorragend, wobei der zweiten Full Length auch ein paar Gastsänger gut getan hätten. "Middle Of Your Mind" nämlich ist ein gigantischer Psychedelic-Song, der schon von höheren Vocals profitiert hätte. Im Großen und Ganzen ist "Grasshopper" aber ein eindrucksvolles Album und wenn man ein Faible für die "The Who Sell Out"-Ära von THE WHO hat, dann kann man es aktuell kaum besser treffen. Kauzig, einlullend und dank Drummer Peter Richter auch kein dröges Soloalbum, welches das Schlagzeug vernachlässigt. Mit "Run Run Run" ist dann sogar noch ein waschechter THE WHO-Song mit auf dem Album, welchen man als charmantes Tribut verstehen darf und der nochmals unterstreicht, dass Casper van Beugen definitv ein Fan britischer Musik ist. ThEb (7)

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OJM
Heavy CD
Go Down Records


OJM gründeten sich 1997 und waren spätestens mit "Heavy" in aller Munde. Später lief das etwas softere "Talking about revolution" von "The Light Album" auch mal gerne in der Flimmerkiste. Es war also an der Zeit "Heavy" nochmal neu aufzulegen, denn grandiose Basslines und zyklische Riffs gibt es darauf zuhauf und sie sind das Markenzeichen von OJM. Obwohl die Produktion von "Heavy" nicht unbedingt aktuellen Standards das Wasser reichen kann, ist das Songwriting von "The Sleeper" grandios und in "Revelations" kommt die Band mit einem Josh Homme-Vocal-Kniff sondergleichen um die Ecke. "You come" hat dann eine deutliche Doom-Note und dass man anschließend "TV Eye" von THE STOOGES durch die Wüste jagt, schadet dem Track keinesfalls. Insgesamt ist "Heavy" extrem abwechslungsreich und "As I know" dürfte dann sogar Grunge-Fans gefallen, "Strange dreams" ist sogar eine Fusion aus ALICE IN CHAINS und Heavy Blues, einfach genial. Ein Rerelease ist aufgrund des Niveaus von "Heavy" schon eine gute Idee gewesen, eine Neueinspielung hätte es vielleicht noch mehr gebracht, denn obwohl Paul Chain aka Paolo Catena das Debüt produziert hat, sind die Standards in den Studios heute eben andere als noch 2002. Dafür gibt es einen Bonussong auf dem Rerelease und die Band ist auch wieder live unterwegs. ThEb (8)

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OPILIONES
The heart of the harvestman CD
soundcloud.com/opiliones


Ein neues Projekt von KENZARI'S MIDDLE KATA-Leuten, die weiterhin DC-Klängen huldigen und FUGAZI sowie BLUETIP in ihre Songs einfließen lassen. Was beim ersten Hören vielleicht sperrig erscheinen mag, entwickelt sich nach und nach zu einer langfristigen Quelle für abgefahrene Arrangements und Unvorhersehbarkeit. Trotz der chaotischen Note hat der Vierer aber ein Händchen für Catchiness. In "Knife, spoon knife" findet man sogar die perfekte Balance zwischen disharmonischen Elementen und hymnischen Gesangspassagen. "Results" setzt der teils beklemmenden Atmosphäre sogar noch eins drauf. Stop&Go-Riffs sind dann in "Sharkloather" angesagt und die treibende DRIVE LIKE JEHU-Klampfe liefert einen Kontrast zum ersten Teil des Albums auf dem es eben bewusst zerfahren zugeht, weil die Zerfahrenheit halt ein Stilmittel von DC-Postcore ist. 14 Songs auf einem grandiosen Album, welches man für den mehr als fairen Preis von 5 Euro direkt bei der Band bekommen kann. Eine lohnende Investition für Dishord-Jünger. ThEb (9)

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QUIET CONFIDENCE
Confessions MCD
Finest Noise/Radar


Was heute auf den ersten Blick nach Hardcore aussieht, entpuppt sich ja leider oft als einfallsloser Metalcore. Bei QUIET CONFIDENCE ist die Sache aber deutlich interessanter, denn die Band aus Koblenz findet oft ihren Weg ins Grindgenre und während man bei den Leads hochmelodisch agiert, sind die Vocals fies gekeift oder böse aus dem Hals gedrückt. Unwillkürlich muss man an BRUTAL TRUTH, THE HAUNTED, AT THE GATES und an frühe EMBODYMENT denken. Damit fällt die junge Band angenehm aus dem Raster. Ein Song wurde auch durch die Zusammenarbeit mit Lars Tekolft (SIX REASONS TO KILL) verstärkt. Am Ende stellt sich die Frage, ob das alles auf Full-Length-Umfang funktionieren würde. Vermutlich schon, aber für den Moment haben QUIET CONFIDENCE eine coole Synthese aus Hardcore und Göteborger-Schule abgeliefert. Doch, der Fünfer weiß wo der Hammer hängt. ThEb (7)

Text?

QUIET CONFUSION
Commodor CD
Go Down Records


Das Album beginnt in bester Delta- Blues-Tradition und auch gesanglich bekommt man mehr geboten als die herkömmlichen Muster, so hört man bereits im midtempo Opener "Freak out" Ausflüge in die Vocalgefilde von Josh Homme, ohne dass man ihn jetzt auffällig imitieren würde. Im Verlauf des Album wird alles dann etwas zackiger, aber die Sechssaiter behalten diesen schrägen und verstimmt anmutenden Mississippi-Vibe. Bei der Produktion hatte die Band Hilfe von Max Ear (OJM) und eine Sache, die unmittelbar auffällt, ist dass neben der druckvollen Produktion auch der Abwechslungsreichtum stimmt. Um den Gesamteindruck auch das richtige "Crossroads"-Feeling zu verleihen, zelebriert man in "From east to west" anfangs richtig formidablen slow blues, kommt aber auch noch auf's GREENLEAF-Power-Plateau. "You're going home" wurde mit einer Mundharmonika bereichert und so wird "Commodor" zu einem der abwechslungreichsten Stoner/Heavy Blues-Alben, die ich in letzter Zeit gehört habe. Somit hat man länger was von dem Longplayer. ThEb (8)

Text?

WATCH OUT STAMPEDE
Reacher CD
Noizgate Records/Rough Trade


Diese junge Bremer-Combo fusioniert Growls, cleanen Gesang, Metalcore und Djent-Einflüsse zu einem recht spannenden Album. Nach einer EP in Eigenregie ist "Reacher" nun das Debüt und dieses erscheint direkt auf Noizgate. Nicht schlecht. Darüber hinaus in einem sehr ansehnlichen three panel Digipak. Zu "We are the branches" gibt es auch ein Wayne's World-mäßiges Video, welches den Spaßfaktor in den Mittelpunkt stellt. Textlich ist es allerdings so, dass WOS auch erste Themen anpacken. Zudem spielt man im Juli bei "AufMUCKEn gegen Rechts" in Weyhe, was den Fünfer adelt, denn wo viele Gruppen durch unpolitisches Verhalten negativ auffallen, da beziehen die Nordlichter Stellung. Aber zurück zur Musik: In "The Crucible" und auch in "Allspark" verbindet man THURSDAY-/TAKING BACK SUNDAY-lastige Vocals mit flächigen Gitarren und bereichert "Reacher" dadurch unheimlich. Die Produktion ist toll und gibt dem Album einen sehr räumlichen Charakter, anscheinend weiß man im Blackball in Wehye, wie's gemacht wird. Was mich ehrlich gesagt etwas stört, sind die Breakdowns mit fiesem Gegrowle direkt nach den super gesungenen melodischen Passagen. Ist halt nicht meins, dieser direkte Zuckerbrot/Peitsche-Wechsel, mir fehlt da der Aufbau, dass läuft alles zu schnell. Das sind aber Details, denn in Summe haben WATCH OUT STAMPEDE mit "Reacher" ein begnadetes Album mit Wiedererkennungswert abgeliefert und der mehrstimmige Gesang im Titeltrack sorgt für reichlich Pop-Appeal. "Emily" klingt etwas nach SONIC SYNDICATE, zumindest ist die Gesangslinie nahe an "Denied" der Schweden dran, aber auch IGNITE bzw Zoli Teglas haben eventuell Spuren bei Sänger Dennis Landt hinterlassen. Man kann sagen, dass aus vielen verschiedenen Einflüssen auf "Reacher" ein eigener Stil entwickelt wurde, der viele andere Bands echt blass aussehen lässt. ThEb (8,5)