WITH LOVE, März 2016-Reviews

MÄRZ 2016

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ACID BRAINS
Thirty Three CD
Red Cat Records/The Orchard


Das Album beginnt relativ stark und bietet straighten, melodischen Punkrock und hat auch einen Grunge-Einschlag, der mich etwas an MUDHONEY erinnert. Für Abwechslungsreichtum ist ebenfalls gesorgt, denn "Halloween" ähnelt dann den melancholischen Songs von NOFX und auch "Somestimes" haut in eine ähnliche Kerbe. Eher im Wave zu verorten ist dann das JOY DIVISION-lastige "On the borderline", welches etwas nach BEASTMILK klingt, gesanglich aber nicht an die Genialität eines Mat McNerney herankommt. Song sechs bis neun sind dann nicht mehr auf Englisch, sondern in Italienisch und fallen qualitativ etwas ab, da sie roher sind und wesentlich chaotischer daherkommen. Insgesamt aber charmant, facettenreich und ähnlich stark wie der SUSHI RAIN Longplayer auf Red Cat. ThEb (7)

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ARCANA 13
Danza Macabra CD
Aural Music


Wow, wo zur Hölle kommt diese Band denn plötzlich her? ORCHID meets GHOST ohne qualitative Abstriche. Zwischendurch hauen die Italiener mal ein "Planet caravan"-mäßiges Instrumental raus, als ob die quasi auf den Bäumen wachsen würden. Der konzeptionelle Hintergrund sind italienische Horror-B-Movies von Mario Bava, Dario Argento, Lucio Fulci, Enzo Sciotti und Alejandro Jodorowsky. Aus Inspriationsquellen wie Oblivion Mushroom: "The Holy Mountain" verfertigt die Band dann okkulte Genre-Perlen, die im Falle von "Hell behind you" stilistisch sabbathesque sind und spielerisch von hohem Können zeugen. Die Soli sind bombastisch, die Arrangements ausgereift und die Vocals schlichtweg die perfekte Mischung aus Theo Mindell und Papa Emeritus. Coverart von Enzo Scotti. Hinter der Band verbergen sich übrigens Leute von MNEMIC, VOID OF SLEEP und STONED MACHINE, also alte Hasen. Definitiv meine neue Lieblingsband, läuft hier in Dauerrotation. ThEb (9,5)

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BLACK SOUL GOLDEN REUNION
S/t CD
Go Down Records


Bester Bluesrock aus Italien mit einer phänomenalen Sängerin, die von einer exzellenten Band begleitet wird. So muss das sein, Fans von THE WILD THINGS oder BLUES PILLS müssen hier sofort zugreifen, denn das Quintett legt mit seinem Debüt ein grandioses Album vor und die Rockröhre von Laura Rosetti ist einfach großartig. Etliche Lieder sind von ihrer Machart her dem Soul verpflichtet und lassen die BLACK CROWES anklingen, während man in "Mad" beispielsweise Funk-Anteile hört. Lauras gesangliche Fähigkeiten gehen weit über die der durchschnittliche Frontfrau hinaus und so sind die Songs auch ein wenig poppiger, weil sie eben sehr akurat singt und auch eine geschulte Stimme hat und sich keinerlei Unebenheit zuschulden kommen lässt. Diese Exzellenz nimmt den zehn Songs etwas die Ungestümheit, aber das wäre dann auch der einzige kleine Kritikpunkt, denn alles andere ist hier brilliant. Bis auf das BELLRAYS-Cover (ebenfalls ein maßgablicher Einflss von BSGR) sind alle Tracks Eigenkompositionen. ThEb (9)

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COLD COLD HEARTS
Heartware CD
Gunner Records


Schön, dass Musikstile nie aussterben, sondern trotz Evolution im Kern ähnlich bleiben. COLD COLD HEARTS frönen dem Posthardcore und legten 2014 die EP "Starlight" vor und haben nun die erste Full Length in Petto. Andererseits dominieren aber schwungvolle Passagen der Marke HOT WATER MUSIC bzw. BOY SETS FIRE, wie in "Can't take my eyes of you" oder "Bitburg smile", welches einen Folk-Vibe hat. Aufgelockert werden die 13 Songs durch ein Interlude wie "All hope abandon" dessen Text Dantes göttlicher Kommödie entliehen ist und durch Pianoklänge aufhorchen lässt. Danach geht es wieder mit Posthardcore, der textlich Aufgeben und Aufstehen behandelt und eine gewisse optimistische Melancholie versprüht, falls es soetwas gibt. Die Produktion von Kurt Ebelhäuser ist natürlich amtlich und auch bei 13 Songs nicht nur Geniestreiche dabei sind, ist das Album schon grundsolide und bietet mit "1811" ein tolles Highlight. Für Genrefans also durchaus interessant. Ex-Leute von JUPITER JONES. ThEb (7)

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ELECTRIC BEANS
Sans Moderation CD
electricbeans.fr


Diese französische Band ist seit 2011 im Pop-Punk-Bereich aktiv und legt nun ein Livealbum vor, welches ich gar nicht mal so gut finde. Auf der Habenseite steht eine gewisse Mitsingkompatibilität, aber die französischen Texte sind schon recht infantil, oder meinetwegen spaßig. Weshalb es dann unbedingt ein Livealbum sein musste, kann ich auch nicht ganz verstehen, denn der wackelige Gesang und die dünnen Gitarren des Zweitlings wären im Studio (oder im Proberaum) eventuell besser aufgehoben gewesen. Inhaltlich gibt es so bedeutungsschwere Themen wie "J’ai perdu mon téléphone" zu verdauen. Nichts gegen Nostalgie, aber die 13 Songs sind echt zu altbacken und die miesen Reime machen es nicht besser. ThEb (3)

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GARDEN GANG
Grave In Your Garden CD
True Trash/Still Unbeatable


Eine eindrucksvolle stilistische Bandbreite, die von der Band aus München hier abgedeckt wird, denn vom Jello Biafra-Timbre des Sängers bishin zu Mariachi und Motown ist alles dabei. Auch textlich beeindrucken alle Songs, aber um mal einige hervorzuheben seien "Stop complaining" (behandelt Konsumkritik) und der Titeltrack "Grave in your garden" ( Individualität und gesellschaftliche Zwänge) genannt. Als Gäste konnte das seit 1993 aktive Punk-Quintett TV SMITH, WOB und Sigi Pop & THE GOSPEL GANG verpflichten. TV SMITH ist in drei Tracks zu hören und "Tainted summer" mit seinen Blechbläsern und seiner DEAD KENNEDYS-Atmosphäre ist echt ein brillianter Song, den man wohl auch in den Achtzigern veröffentlichen hätte können, einfach zeitlos gut. Generell wird die bedrohliche Natur von Punk hier großartig eingefangen und die Vocals von PamP und Ann Dee sind schön schaurig und doch melodisch, so dass man die Lieder immer wieder anhören kann. Insgesamt ein erstklassiges Album, das Songwriting ist facettenreich, die Riffs prägnant und jedes Lied ist eben ein Unikum. Dreizehn Tracks, kommt als Digipak und ist wirklich jedem Punk-Fan wärmstens ans Herz zu legen. Absolute Empfehlung. ThEb (9)

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GROOVENOM
Pink Lion CD
Noizgate/rough Trade


Okay, es ist soweit … GROOVENOM mischen tatsächlich Dance-Passagen mit Djent. Hmmm … wenn's bei New Kids im Hintergrund läuft, ist es ja lustig, aber ich will sowas doch nicht in der Stereoanlage. Nix gegen die Grind-Passagen, aber da bin ich echt Purist, cleane Vocals wie in "Brutal nights" kann ich durchaus ertragen, auch wenn mir, wie gesagt, die Grind und Slo-Motion-Parts lieber sind, aber Dance-Elemente brauche ich echt nicht. Von meinem persönlichen Geschmack jetzt mal abgesehen … die Gitarren sind fett produziert, das Shouting ultrabrutal, der Gesang gerne auch mal eine Spur daneben. "Unbeliever" gefällt mir dann , eventuell wegen minimalistischer Elektronik, dann schon deutlich besser als der Rest des Albums. Bei "Masquerade" sind die melodischen Vocals dann etwas solider und das Songwriting plus Gesangslinie sind eher Wave-lastig, was klar geht. Über mangelende Abwechslung kann man sich jedenfall nicht Beschweren, denn mit "Walking on shards" ist sogar sowas wie eine Ballade mit auf dem Album. Handwerklich gut, stilistisch werden sich die Geschmäcker dran scheiden. Nach dem krassen Auftakt relativiert sich aber zum Glück alles ein wenig. 12 Songs, auch mit vier Bonustracks erhältlich. ThEb (6)

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SIR DONKEY'S REVENGE
Retrosexual CD
STF


Die vier Schweizer spielen Crossover im Stile von RAGE AGAINST THE MACHINE und obwohl das jetzt nicht gerade das innovativste Genre ist, kann man sich die zehn Songs schon anhören. Meist sind die Tracks rythmusorientiert, manchmal warten die Jungs mit Überraschungen wie dem orgeldominierten "Hamster" oder dem echt professionell gerappten "Beldam" auf. Die "lustigen" Texte sind mir persönlich zu kindisch. Nun gut, "Funpunk" und Humor in der Musik war noch nie mein Metier und für SIR DONKEY'S REVENGE ist er eben das Leitmotiv schlechthin, soll jeder selbst entscheiden ob er's mag oder nicht. Handwerklich spricht nichts gegen das Debüt der Band, man muss sich nur auch mit LIMP BIZKIT angefreundet haben, als die angesagt waren. Ach ja, sie immernoch gutzufinden ist auch von Vorteil, inklusive des Terminus "motherfucker". Ganz nett, aber auch recht substanzlos, etwas mehr textliche und musikalische Tiefe wäre schön gewesen. Die Gitarrenriffs und Soli sind überzeugend, aber die Rhythmusgruppe agiert echt zu simpel. ThEb (5,5)

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SKOX
Years Of Legions CD
Dooweet


Eines sei ihnen zugestanden, konzeptionell ist den Franzosen ein cooler Rahmen gelungen, denn den Auftakt "Entering the battlefield" zu betiteln und das Ganze hymnisch und mit Trommelwirbeln zu untermalen, während man den Rausschmeißer "leaving the battlefield" nennt, ist schon echt martialisch. Die Produktion der Trash-Scheibe ist allerdings sehr steril und auch die Drums haben kaum organische Qulitäten, alles klingt sehr klinisch. Stilistisch orientiert man sich an frühen SEPULTURA, in "Engine of death" sogar so intensiv, dass man den Akzent von Max Cavalera übernimmt. Ansonsten kredenzt die Combo Uptempo-Trash und die restlichen Vocals klingen ein wenig nach GOREFEST. Die Band aus Lyon ist seit 2003 aktiv und "Years Of Legions" ist das Debüt der Gruppe. Handwerklich ganz nett, nächstes Mal vielleicht etwas weniger Sterilität im Studio? ThEb (6)