MALM


MALM sind seit 15 Jahren aktiv, was ist euer Erfolgsrezept? Welche Klippen musstet ihr denn umschiffen, um es so lange zu überstehen?

"Bekanntermaßen lässt sich Erfolg unterschiedlich definieren. Leute, die malm über all die Jahre lieben gelernt haben, schätzen vor allem unseren kompromisslosen Sound. Wir ziehen seit nun 15 Jahren unser Ding durch - beeinflusst von Erfahrungen und Lebenssituationen - haben aber noch nie danach geschaut, ob das, was wir zusammenbrauen, auch jedem schmeckt. Die Klippen präsentierten sich gar nicht so schroff. Wir haben zwar einige Basser auf der Strecke gelassen, aber die Gründe für die Trennungen waren nie negativ, sondern eher ganz gewöhnlicher Natur, wie Umzug, Studium oder Ähnlichem. Zu allen EX-malmern herrscht noch freundschaftlicher Kontakt. Ich wünsche mir, das malm-Ding noch ganz lange genießen zu dürfen."

Trotz des allgemein explodierenden Selbstdarstelltums meidet ihr als Band ziemlich konsequent Personenkult, Bandphotos und bleibt allgemein ziemlich im Hintergrund. Opfert ihr damit bewusst einen Teil des Erfolges? Muss man sich als Band heute mehr anbiedern als zu eurer Anfangszeit

"Ist das so mit der Selbstinszenierung? Bekomme ich gar nicht so mit. Die Bands, die ich wertschätze, stellen die Musik in den Vordergrund und da ist es auch egal wie die Typen oder Frauen aussehen. Wer uns live erlebt, der bekommt immer eine ordentliche Portion von uns als Personen ab. Wir geben bei unseren Shows viel von uns preis, halten uns dabei ganz und gar nicht im Hintergrund. Zum Anbiedern fällt mir nur ein, dass wir das nicht nötig haben und auch nicht leiden können. Natürlich sehnen wir uns nach mehr geilen Live-Shows, aber deswegen muss man sich nicht irgendwo anbiedern oder auf den Strich gehen. Wir machen nicht Musik, um Erwartungen zu bedienen. Darüber, dass unser neues Album "Hüllenlos" ein sehr schöne Artwork von Oliver (hummelgrafik.de) bekommen hat, freuen wir uns. Wenn genug Kohle da ist, bringen wir das Ganze dann noch schön auf Vinyl raus - mit oder ohne Bandfoto!"

"Entzug" aber auch "Blass und aufgebläht" behandeln persönliche Dämonen, mit denen man so seine Zeit verbringen kann und enden auch immer recht deutlich in einem Hilferuf. Gesellschaftlich hingegen ist der Alkohol ja das Schmiermittel schlechthin. Seid ihre eine Anti-Drogen-Band?

"Wir sind keine Anti-Drogen-Band und auch keine zugedröhnte Combo, bei der sich jeder irgendwas vor der Show reinzieht. Wir sind vier Männer, die Spaß haben wollen. Und wenn wir unterwegs sind, dann feiern wir natürlich auch Mal kernig und hauen uns ordentlich Bier und Schnaps rein. Durch die Bank wird ja überall und immerzu gesoffen. Fahr doch Mal zu irgendeinem Fußballspiel oder schau dich um, überall saufen, quer durch die Gesellschaft. Wir feiern sehr gerne und auch heftig. Mir persönlich ist es aber wichtig, auch vor harten Drögen zu warnen, da ich in meinem Leben, einige Bekannte an Schwester H verloren habe. Die Songs, die du ansprichst, sind aufgrund tatsächlicher Erfahrungen entstanden. Leute kommen zurück vom Entzug, erzählen, sie hätten alles unter Kontrolle, laufen hektisch rum und kurze Zeit später sind sie wieder weg und haben die Kontrolle verloren. Scheiß Leben, scheiß Krankheit."

Wie haltet ihr es denn mit dem Aufnehmen (ha, die Gretchenfrage) live und alle Musiker zusammen oder jede Spur schön nacheinander? Wo habt ihr "Hüllenlos" eingespielt?

"Hüllenlos" haben wir in der Tonmeisterei zu Oldenburg - während unseres siebentägigen Urlaubs - aufgenommen. Die gemeinsame Zeit und die Zusammenarbeit mit Role und Henner an den Reglern haben wir dabei sehr genossen. Beide verstanden "malm" sehr gut und haben uns so roh und ungeschliffen eingefangen, wie wir nun mal sind. Die Songs wurden live eingespielt, der Gesang kam dann aber zum Schluss, Und natürlich wurde die eine oder andere Spur nochmal extra eingespielt. Mit dem Ergebnis sind wir zufrieden und viele unserer Freunde auch. Mal gespannt wie lange es dauern wird, bis wir uns wieder einen Studioaufenthalt gönnen können. Durchhalten!"

MALM wird immer wieder ein "Exotenstatus" bescheinigt, weil eure Vocals auf Deutsch sind. Habt ihr denn schon mal Gehversuche auf Englisch gemacht und was ließ euch all die Jahre bei Deutsch bleiben?

"Im sogenannten Noise-Bereich fallen mir tatsächlich kaum Bands mit deutschen Texten ein. Einige davon gibt es leider nicht mehr. Zum Glück gibt es z. B. noch Dyse! Malm hat sich noch nie in anderssprachigen Texten probiert. Da ich die Worte in Texte fasse, kann ich sagen, dass es mir am Besten gelingt, Emotionen in meiner Muttersprache zu transportieren. Nun, im gesetzten Alter, werde ich da auch nichts mehr ändern.



Noiserock ist angeblich out und war noch nie massentauglich. Gibt es trotzdem ein Netzwerk auf das ihr als Musiker zurückgreifen könnt?

"Wer den noisigen Rock liebt, der wird sich auch immer dazu bekennen. Als massentauglich sehe ich Noiserock im Allgemeinen und malm im Besonderen aber auch nicht. Wir machen spezielle Musik für einen kleinen und speziellen Kreis von Menschen. Das macht es aber alles andere als leicht an Gigs zu kommen. Selbst die lange Lebensdauer von malm gibt einem keine Sicherheit für Konzerte oder Auftritte. Jeder unserer Live-Gigs ist echt hart erkämpft. Ich kann nur jedem empfehlen malm live zu erleben. Da wird ehrlich gearbeitet und viel geschwitzt. Von einem Netzwerk zu sprechen, wäre falsch. Viel mehr haben wir über die lange Distanz Freunde kennengelernt, die malm genau so lieben, wie wir selbst. Davon können wir zwar selten profitieren, aber es gibt uns ein wohliges Gefühl. Keule von finest noise ist so Einer, dem wir dann eine gute Promotion verdanken."


Ist es richtig, dass es bei euch personelle Überschneidungen mit OMEGA MASSIF gibt?

"Ja, Boris unser Jüngster spielt den Bass in beiden Bands. Wir teilen uns auch den Proberaum, in dem sich auch noch die von uns geschätzten BLACKSMOKER tummeln. Boris ist ne Wucht! Durch seine Wildheit kann er uns sehr bereichern. OMEGA MASSIF bedient ein komplett anderes Publikum, haben dabei großen Erfolg. Dafür allen Respekt!"

Welche Alben hatten den größten Einfluss auf eure Band?

"Von direktem Einfluss kann ich nicht sprechen, wir sind doch sehr eigen. Es gibt/gab natürlich Bands, die wir alle sehr schätzen. Es kommt immer wieder der Vergleich mit Unsane. Ein großartiger Vergleich über den wir uns freuen. Zu meinen Lieblingen gehören auf jeden nomeansno, Party-Diktators, Volt und viele mehr! Das beste Album einer deutschen Noise-Band ist tatsächlich DIVE-BOMB von den Party-Diktators für mich."

Welchen Stellenwert hat der Albumtitlel "Hüllenlos" und warum habt ihr die Texte nicht abgedruckt? Gibt es die irgendwo online?

"Wir saßen in einem Biergarten zusammen und es hat echt lange gedauert bis wir uns einem Titel annähern konnten. Die Kombination aus Textinhalten und dem tollen Cover-Artwork, gab dann den auschlaggebenden Impuls. Da wir spärlich mit Veröffentlichungen umgehen, ist der Album-Titel für uns wichtig. Texte gibt es dann in der Vinyl-Version. Tja, dann muss man die Halt auch noch kaufen, he,he,he!"

Welche Combos aus Würzburg sollte man sonst noch so kennen und wie umtriebig ist die Szene aktuell?

"Es gibt eine lebhafte Szene in Würzburg, die sich ständig bewegt. Wir pflegen den Kontakt zu vielen Musikern, die auch sehr häufig in unterschiedlichen Formationen was Neues auf die Beine stellen. Leider sind auch sehr gute Würzburger Bands nicht mehr am Start. Ich nehme an, dass malm im Moment, was den Noise-Bereich angeht, echt so richtige Dinos sind. Generell ist Würzburg und Umfeld mit kreativen Bands gesegnet. Zudem besitzt Würzburg noch ein paar kleine Clubs, die sehr gute Arbeit machen und tolle Bands holen. Erwähnen möchte ich hier das IMMERHIN, das CAFE CAIRO und den BECHTELSHEIMER HOF. Durch diese Locations haben auch "kleiner Bands" noch die Chance, an Auftritte zu kommen. Leider stirbt der Untergrund an manchen Orten aus, da durch irgendwelche Kack-Auflagen, die Clubs schließen müssen. Schade!"

Thomas Eberhardt