WITH LOVE, July 2012-Reviews

JULI 2012

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ANCHORS & HEARTS
Cast Off CD
Eigenproduktion


Die fünf Mitglieder von ANCHORS & HEARTS kommen allesamt aus Norddeutschland und waren vorher in anderen Bands aktiv. Man kannte sich daher schon länger und entschloss sich schließlich zusammen zu musizieren. Heraus kam moderner, melodischer Hardcore mit englischen Texten, die mal durch klaren Gesang, mal in Form von Shouts vorgetragen werden. Man schielte beim Songwriting hier wohl stark in Richtung USA und Bands wie A DAY TO REMEMBER und ACROSS FIVE APRILS. Das bewährte Prinzip des Wechselgesangs wird solide ausgereizt und auch der musikalische Teil, sowie die Produktion werden den Vorbildern gerecht. Die 5-Track-EP von ANCHORS & HEARTS macht Spaß, tut keinem weh und wird daher in diesem Sommer bestimmt in einigen CD-Spielern heiß laufen. Das sollte dieser Scheibe auch auf jeden Fall gegönnt werden. Daniel Senzek (5,5)

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BEDTIME FOR CHARLIE
Bright Light City Skyline CD
Fond Of Life Records


BFC sind eine innerhalb der Landesgrenzen anscheinend recht bekannte Band aus Italien, genauer gesagt aus Rom. Spezialisiert hat man sich auf Melodycore und spielt diesen bereits seit dem Debüt "Winnipeg Is For Losers" ziemlich überzeugend, was unter anderem auch an dem unheimlich versierten Drummer liegen mag. Auf dem aktuellen Machwerk bereichern die vier Südländer ihren Sound um einige melancholische Aspekte, die bisher nicht sonderlich im Zentrum standen. Passend dazu hört man Lyrics über Depression, Selbstzerstörung und Loserdom schlechthin. Ein Album mit Tiefgang also, welches zwar eine Abkehr vom bisherigen Bubblegum-Punk darstellt, aber trotzdem weiterhin für ein Augenzwinkern gut ist, wie der bissige Track "I never sold out because I never got the chance" belegt. Wer gerne HORACE PINKER, STRIKE ANYWHERE und PROPAGANDHI hört, muss BEDTIME FOR CHARLIE unbedingt mal antesten, denn der Zwölf-Tracker ist einfach ein extrem gelungenes Album, welches Schwermut und uptempo Punkrock genial zusammenführt. Das Booklet ist mit zwölf Seiten ebenfalls üppig und die Texte sind echt lesenswert. Absoluter Geheimtipp! ThEb (8)

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BONES & COMFORT
Mothersheep CD
Go Down Records


Wow, wiedermal kommt Go Down Records aus dem Nichts mit einer absoluten Stoner-Rakete aus der Hüfte und so langsam frage ich mich echt, wo Max immer diese genialen Bands auftut. Sei's drum, mit "My Crusade" und "Tex Mex" dürfte das Trio fortan für Aufhorchen sorgen, denn schmierige Soli trafen selten so stilvoll auf Wyndorf-Gesang und SABBATH-Riffs. Der Rausschmießer "Orange blossoms and four swans" klingt verdammt nach "War pigs" auf Speed, aber jetzt mal im Ernst: BONES & COMFORT suchen echt Ihresgleichen in der aktuellen Musiklandschaft und man sollte die Italiener auf keinen Fall verpassen. Es hat schon seinen Grund, weshalb die Clips zu "Mothersheep" online gerade überall in vierstellige Zahlenregionen vorstoßen. Wieder mal ein Lobgesang auf Go Down Records und selbst bei deren hohem Niveau eines der besten Alben auf besagtem Label. ThEb (8,5)

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CAULFIELD CULT
Leaving Cemetery Junction CD
Eigenproduction


Wahnsinnig eigenständiger Emocore aus Singapur, der sich keinesfalls hinter amerikanischen Bands verstecken muss, sondern in vielen Momenten an JAWBREAKER, HORACE PINKER, THE ATARIS, HOT WATER MUSIC und andere vom Punk inspirierten Gruppen erinnert. Völlig souverän und sehr eigenständig manövrieren sich THE CAULFIELD CULT durch elf Songs, die wunderbar melodisch sind, aber durch die kantige Stimme ziemlich stark belegen, dass die Jungs früher in Hardcore-Bands aktiv waren. Ehrlich gesagt beraubt diese Combo hunderte anderer Bands ihrer Daseinsberechtigung, aber darum geht's ja nicht, es ist einfach toll, wie unverfälscht, schwungvoll und mit wie viel Herzblut hier gerockt wird. Die Südostasiaten versprühen einfach pure Magie. Songs wie "Withdrawal Symptoms" könnte man sich in Endlosschleife anhören, ohne dass einem langweilig werden würde. Grandios und Indix dafür, dass Asien unheimlich viel zu bieten hat, gerade im Punk/Hc-Bereich. ThEb (8)

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EL THULE
Zenit CD
Go Down Records


Das letzte Album "Green Magic" war beachtlich, aber nun nehmen die Jungs von EL THULE den Stonerfan wieder in ihrer Muttersprache in die Zange. Das Album erscheint als Digipak und steht dem Vorgänger ins nichts nach. Lediglich inhaltlich bin ich etwas aufgeschmissen. Thematisch geht es um Legenden, die zur Benennung der Sterne führten, also ging man in die Vollen und schuf ein Konzeptalbum. Der Schwerpunkt liegt weiterhin auf dem Riffing und man lässt sich nur selten davon abbringen den Song diesseits der vier Minuten durchzuziehen. Im Vergleich zum Vorgänger von 2007 kümmert sich die Band etwas mehr um's Wesentliche, ist verträglicher geworden und holzt nicht mehr so drauf los. Der Gesamtsound ist cleaner geworden und vor allem der brummige Tieftöner wurde zum Glück gezügelt, was ja ein echtes Manko auf "Green Magic" war. ThEb (7)

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GLINCOLTI
s/t CD
Go Down Records


Ähnlich wie bei THE HIRSCH EFFEKT wird man beim Album der italienischen Band GLINCOLTI mit einer Menge Stilwechseln konfrontiert. Allerdings sind die gewählten Genres grundverschieden. Die fünfköpfige Gruppe erweitert die typische Rockband-Instrumentierung mit Saxophon, Klarinette, Keyboard oder Harmonika und vermischt auf hohem musikalischem Niveau Jazz, Funk, Rock und World Music. Das Ganze hält den Hörer auf Trab und klingt manchmal nach psychedelischer Zirkusmusik, aber im positiven Sinne. GLINCOLTI kommen ohne Gesang aus und suchen in Sachen Verspieltheit die Nähe zu CREAM oder LED ZEPPELIN. Dies ist wirklich mal etwas ganz Anderes für das gemeine Hörerohr: Eine musikalische Zeitreise, gepaart mit modernem Sound und Witz. Und wer wollte nicht immer schon einmal hören wie eine JEFF-BECK-Gitarre kombiniert mit einem CHARLIE-PARKER-Saxophon in einem Song zusammenklingt? Bravo! Daniel Senzek (7)

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THE HIRSCH EFFEKT
Holon:Anamnesis CD
Midsummer Records / Kapitän Platte


Man wird begrüßt mit einer Streicher- und Percussionkomposition, dann wird schnell der Bombast ausgepackt um den ersten Song "Anamnesis" in ein opernartiges Gebilde zu verwandeln. Schnell wird dann auch zu Song 2, "Limerent", übergeben, der den Hörer in ein noch größeres Genre-Chaos stürzt. THE HIRSCH EFFEKT haben zwei Jahre nach ihrem erfolgreichen Debütalbum "Holon:Hiberno" noch einmal eine riesige Schippe Größenwahn und musikalische Durchgeknalltheit oben drauf gelegt. Auf dem Infosheet findet sich die Genre-Einordnung "Experimental-Post-Metal-Punk-Epic-What-Ever-Core". Tja, stimmt schon irgendwie. Als Vergleichsband hat man wohl aufgrund der Gitarrengefrickel-und-Schrei-Passagen als Erstes THE FALL OF TROY im Kopf, wobei man im Verlauf des Albums immer neue Band-Assoziationen (DREAM THEATER, DILLINGER ESCAPE PLAN, SONIC YOUTH) bekommt, welche aber meist schnell wieder verworfen werden. Das Trio THE HIRSCH EFFEKT will uns fordern, uns gar an der Nase rumführen?! Was soll man Ihnen abnehmen: das Hardcore-Geballer von "Ira" oder den Piano-Elektronik-Pop-Schmachtfetzen "Datorie"? Was ist hiervon ernstgemeint, was ist Ironie? Gibt es überhaupt eine solche Unterteilung? Selbst wer keine Nerven hat um "Holon:Anamnesis" intensiv in seiner Freizeit zu hören, wird der Band zugestehen, dass es eine fantastische musikalische Leistung ist, so viele unterschiedliche Elemente zu einem spannenden Gesamtwerk zusammen zu fassen. Sollte man sich also anhören, am besten mehrmals. Was ich mich dabei nur die ganze Zeit frage: Wie gut wirkt das neue Songmaterial live, wenn dem Trio keine Streicher, Bläser, Pianisten und Harfenisten zur Seite stehen? Daniel Senzek (8)

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IN-SANE/DESPITE EVERYTHING
Split 10"
Fond Of Life Records/New Music Distribution


Vor etwa zwei Jahren erschien "Trust These Hands… Are Worthless", der letzte Release der Slovenen und selbst nach 15 Jahren des Bestehens will sich die Band nicht auf's Altenteil zurückziehen. Für den aktuellen Release hat man sich mit den Griechen DESPITE EVERTHING zusammengetan und dürfte so Sammler mit einem Beuteschema von PLANES MISTAKEN FOR STARS bis hin zu den SATANIC SURFERS ansprechen. IN-SANE selbst hätte ich jetzt nicht ohne Weiteres wiedererkannt, sie sind etwas roher geworden, fesseln aber weiterhin mit Reibeisenstimme und "Born" überrascht mit etlichen Tempiwechseln, coolen Licks und beachtlichen Drum-Fills. DESPITE EVERYTHING aus Athen klingen, als ob sie öfter mal der Musik aus Gainesville ein Ohr leihen und setzen die Tugenden dieses Sound perfekt in Szene. Zwar sind die beiden Songs etwas atmosphärischer, aber das Riff steht doch deutlich im Vordergrund. Der einzige kleine Wermutstropfen an dieser Veröffentlichung ist die recht kurze Spielzeit von gerademal einer Viertelstunde, da hätte man gerne noch mehr Lieder von gehört. Fest steht aber, dass Fond Of Life gerade ganz hervorragende Releases raushauen. (7) ThEb

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INSIDE PROJECT
A History Of Violence CD
Eye Of The Dead/Ultimhate Recordings


Nihilistische Metalcore Packung aus Montbéliard, Frankreich, die von der Dynamik her ganz gut funktioniert. Indikutabel ist allerdings die misogyne Attitüde der Band. Also Leute, wenn ihr Probleme mit Frauen habt, dann sind das einzelne negative Erfahrungen, kein Grund jetzt reihenweise Songs wie "White trash whore" oder "Black sunday bitch" zu schreiben, geht's noch? Weshalb das Debüt der Combo als Hardcore-Album kursiert ist mir unklar, solche Entgleisungen laufen im Hardcore nämlich überhaupt nicht. In "My fists hate your pride" gibt es einen Gastauftritt von Arsène (L'ESPRIT DU CLAN), dessen Band ja eher gesellschaftskritisch und intelligent agiert, vielleicht sollten INSIDE PROJECT mehr mit denen abhängen. War für mich jedenfalls ein willkommener Anlass mal wieder etliche andere Bands aus Frankreich anzutesten, wobei INSIDE PROJECT eben inhaltlich noch etwas unreif daherkommen. Musikalisch wissen die Momente zu gefallen, wenn man wie in "Drop dead" auch mal kurz vom Midtempo in den Grind tendiert. Eine etwas zwiespältige Angelegenheit, die trotz der wenigen textlichen Totalausfälle aber ganz beachtliche Geschütze auffährt, aber etwas variabler sein könnte. ThEb (6,5)

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KUNG FU KITTY
Unleashed CD
Arcadia Agency/Hoanzl


Drei Geschwister aus Niederösterreich bilden den harten Kern bei KUNG FU KITTY und Sängerin Lisi übernimmt hierbei die Rolle der Frontfrau in dem bereits seit 2009 aktiven Quartett. Medial gesehen ist diese Besetzung ein ziemlicher Selbstläufer, denn vermarkten lässt sich female fronted Rock natürlich recht einfach. Leider muss ich aber auch feststellen, dass im Video zu "For You" genau dies gemacht wird, man versucht aus der Frontfrau Kapital zu schlagen. Finde ich jetzt eher so medium. Die Texte sind ziemlich gelungen, was allerdings gar nicht hundertprozentig mein Fall ist, ist die Musik, denn das Debüt holpert schon noch etwas vor sich hin. Schmissige Refrains bilden das Fundament von "7 days", aber die Rhythmik ist schluderig. Der Gesang wirkt öfter etwas überladen, aber wenn man sich in Zukunft an einem Song wie "Behave" orientieren würde, der etwas an SAVES THE DAY erinnert, dann ließe sich bestimmt noch der ein oder andere Fan dazugewinnen. Andererseits ist das Gros an Songs eher an den Mainstream angelehnt. Solider Einstand, aber so richtig mag der Funke nicht überspringen. ThEb (5,5)

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MARATHONMANN
Die Stadt gehört den Besten EP CD
Let It Burn Records


Zu wenig böse für den aktuellen Hardcore-Geschmack, zu wechselhaft um "nur" (Post-)Punk genannt zu werden - was also macht die Münchner Formation MARATHONMANN denn da für Sachen? "Hier fängt alles an... " ist ein melancholisch-krachiger Intro-Song, der gekonnt ruhige und laute Elemente verbindet, so dass man in jedem Fall gewillt ist aufmerksam weiterzuhören. Schmissige Gitarren, verzerrt-gerufener Gesang und trotz naheliegender Vergleiche zu FIRE IN THE ATTIC und ESCAPADO erinnert die Musik von MARATHONMANN auch an den amerikanischen Emocore zu Beginn dieses Jahrtausends, der unter Anderem durch ALEXISONFIRE populär wurde. Welch eine schöne Sound-Wiederbelebung! Die deutschen Texte sind wirklich gut geschrieben und werden daher die Zuschauer bestimmt unaufgefordert dazu bringen bei Konzerten mitzuschreien. Leider ist die diese EP nur drei Songs lang, aber ein toller Vorgeschmack! Daniel Senzek (8,5)

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THIRTEEN DAYS
Love Fear And Fire CD
Pate Records


Bubblegum-Melodycore gefällig? Dann führt an den Österreichern kein Weg vorbei, denn man kann sie mittlerweile sogar als europäisches Aushängeschild des Genres sehen. Das Debüt "Start It Now" von 2008 war eine sichere Bank für Fans von UNWRITTEN LAW und BLINK 182 und daran hat sich auch rein gar nichts geändert. Einziger Kritikpunkt ist die etwas nasale Stimme von Roman, aber insgesamt muss man der Band einfach zugute halten, dass sie tolle Songs schreibt, die man so schnell nicht aus den Gehörgängen bekommt. Definitiv ein Stimmungsheber, aber eben auch die Musik, die früher als Spaßpunk verrufen war. Na ja, sie machen eben, was sie machen und darin sind sie ziemlich gut. Die dreizehn neuen Songs beweisen das eindrucksvoll. ThEb (7)

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THE WORSHIP
Days of Decision MCD
Eigenproduktion


Endlich mal wieder ein Hardcore-Release ganz ohne Metalparts, dafür mit einigen melodischen Fragmenten, die extrem eingängig sind, ohne dass der Pop-Appeal jetzt überhand nehmen würde. Die EP der Ingolstädter überzeugt vor allem durch griffiges Songwriting und viel Groove. "Home" bietet einen solchen Spannungsbogen, dass man wie gebannt lauscht und dann auch mit reichlich reichlich Breakdowns entlohnt wird. Das brachiale Shouting kontrastiert die cleanen Vocals und alles, was hier in den sechs Songs geboten wird, ist mitreissend und gereicht den Jungs zur Ehre. Auch bei der Verpackung hat man sich was überlegt und die EP kommt als Super Jewel Box. Wirklich ein sehr schöner Einstand, der gespannt auf die Full-Length macht. ThEb (7)

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V/A - This Is Fond Of Life Records
Vol.3
Fond Of Life Records


Zwei Jahre sind seit dem letzten Sampler von Fond Of Life vergangen und wo damals Kevin Seconds und Luke Pabich als bekannte Namen unter vielen recht neuen, aber internationalen Combos hervorstachen, hält das Label aus dem Saarland an vielen Combos fest und baut deren Bekanntheit kontinuierlich aus. Soweit zur Labelpolitik, die schlichtweg den Idealfall darstellt. Die 27 Tracks dürften bei Emocore- und Melodic Punkrock-Fans keine Wünsche mehr offenlassen, denn GO RAMPAGE, VERSUS YOU, FAILSAFE, IN-SANE, BAD IDEAS und Kevin Seconds sind nur einige der Highlights aus dem Oevre der Punkrock-Schmiede, die neben heimischen Combos auch gerne Bands aus Kanada und Großbritannien unter die Leute bringt. Einfach eine liebvoll zusammengestellte Compilation, die eben durch die Geduld der Macher ein echt hohes Niveau hält und auch viele Überraschungen in Petto hat. Die Aufmachung ist zwar etwas bescheiden, denn es gibt nur einen Pappschuber, aber dafür in Hochglanzausführung und die Bands sind derart überzeugend, dass man sich den Sampler durchaus holen sollte. ThEb (8)