WITH LOVE, Januar 2016-Reviews

January 2016

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AALKREIH
Watt Schasst Mooken CD
Gunner Records


Den Exotenbonus kann man AALKREIH schonmal blanko aushändigen, denn das Quintett singt auf Plattdeutsch und wer denkt das fällt nicht gar ins Gewicht, wird sich mit einigen Herausforderungen konfrontiert sehen. Rein instrumental betrachtet könnte man AALKREIH als Folkcombo beschreiben, aber die Dobro und Steel Guitar geben dem Ganzen auch manchmal eine Southernnote. Begabte Songschreiber sind AALKREIH allemal und ihre gesetzten Tracks kommen angenehm unhektisch daher. Textlich klug, unkonventionell und grundehrlich. Neun Lieder jenseits alltäglicher Hörgewohnheiten. Fans von THE SHANES dürften hier ganz gut auf ihre Kosten kommen. ThEb (7,5)

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BENIGHTED SOUL
Kenotic CD
Season Of Mist


Ein ganz schön wilder Mix, den die Jungs um Flavien Morel und Sängerin Géraldine Gadaut hier aufffahren. Beispiel gefällig? In "Si se non Noverit" hört man immer wieder Anklänge an GENESIS, die dann in Moviescore-Passagen münden auch vor Black Metal-mäßigen DIMMU BORGIR-Posaunen nicht haltmachen. Generell darf man wohl von Symphonic Metal sprechen, aber die Bandbreite von Tracks im Stile von NIGHTWISH (Only Make Believe) bishin zu den eher experimentellen Liedern ist schon enorm. Kann man streckenweise gut finden, ist aber doch recht überambitioniert und hin und wieder überladen. Handwerklich sicherlich über jede Kritik erhaben, schließlich ist man seit 2003 aktiv, aber in den Momenten, in denen sich das Quintett auf's Nötigste konzentriert, (Enlightenment) macht es den meisten Eindruck. ThEb (6,5)

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BRAINSQUEEZED
Emotions CD
Dooweet


Endlich mal was in Richtung THE KILLS, LoFi Garagenrock eben. Hinter der Combo verbergen sich Sébastien Laloue und Sängerin Claire Chouard. Einige Tracks sind instrumental, aber meist singt Claire. Das Ouvre ist komplex, "Painful dream" ist ein waschechter Pop-Song mit einigen charmanten Piano-Parts, während "Breakdown" eher an DINOSAUR JR erinnert und etwas mit der harmonischen Schräglage kokettiert. Hat einen gewissen dilettantischen Charme, weil vieles eben nicht perfekt ist, überzeugt aber durchaus, weil das Songwriting passt. Zwölf rockige Songs, mal mit Mundharmonika, mal mit Synthie, aber stets aufregend und fesselnd. Auf die gesamte Spiellänge fällt der Amateur-Faktor etwas ins Gewicht und einige Passagen sind echt zu viel des Guten, aber insgesamt sind hier etliche Highlights zu finden. ThEb (7)

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BRUTALIN
Mein Kopf ist ein brutaler Ort CD
Finest Noise/Timezone


Obwohl mein Faible für NDH sich sehr in Grenzen hält, muss man BRUTALIN doch zugestehen, dass sie ein starkes Lineup haben, denn sowohl die Rhythmussektion, als auch die Gitarren und die beiden Sänger fackeln nicht lange. Einige Songs leiden etwas unter Stilmix, so sind die Lyrics zu "Zu allem bereit" einfach zu martialisch für den Song, aber insgesamt macht der Sechser eine gute Figur. Im Regelfall wandelt man ganz gerne auf den Pfaden von PANTERA (Sturm im Wasserglas) und CLUTCH (Königreich), nur dass man eben deutsche Texte hat. Neun starke Songs, die eher im Metal als im Deutschrock zu verorten sind und durch viel Groove überzeugen. Die Produktion ist ebenfalls druckvoll, die Gitarren klingen äußerst heavy und obwohl der Bass eher dezent rüberkommt, stimmt das Gesamtbild. Nicht von Bandname und Titel abschrecken lassen, die sind nicht übel. ThEb (7)



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DRUG CHURCH
Hit Your Head CD
No Sleep Records


Ich glaub' ich hab' eine neue Lieblingsband, DRUG CHURCH veröffentlichten 2012 ihre erste Seveninch und Patrick Kindlon von SELF DEFENSE FAMILY kümmert sich bei der Combo um die Vocals. Klingt dann wie GOOD CLEAN FUN meets PIXIES/Grunge meets MODERN LIFE IS WAR. So weit, so obskur. Ist eigentlich ein Hardcore-Album, wie man es von Dischord oder Touch n Go kennt und der letzte Release "Swell" war stellenweise recht humorvoll, aber mit "Hit Your Head" bewegt sich das Quintett aus New York eher in eine ernstere Richtung, da geht es um Unzulänglichkeiten, Desillusion und das Altern. Textlich ist es unheimlich beeindruckend mit welchem Engagement Kindlon agiert, hier gibt es keine mittelmäßige Zeile. "Aren't you just the Aleister Crowley of the neighbourhood?", das ist eine Frage, die wir uns alle schonmal gestellt haben und DRUG CHURCH gelingt es eben perfekt ernste Themen mit Schmunzelpassagen zu verbinden. Generell übertreffen sie sich mit diesem Release selbst bei Weitem (nachdem mir die Band vorgestellt worden war, wurde natürlich rasch die verlorene Zeit nachgeholt). Musik für alte Säcke, wie sie besser nicht sein könnte. Amen. UNBEDINGT AUSCHECKEN! Listen loud and feel uneasy ... sagt die Band. ThEb (9)

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ELIZIUM
Elysium CD
STF Records


Darkrock from the Netherlands, aktiv ist man seit 2001 und Anfangs eiferte man PARADISE LOST und TIAMAT nach, aktuell ist man etwas softer geworden. Der Titletrack "Elysium" ist echt ein ein bombastischer Song, zu dem man auch gleich ein Mittelalter-Video gedreht hat. Etliche Streicher und Pianopassagen machen das Ganze zwar recht massenkompatibel, aber für Genrefans dürfte das Lied schon ein Highlight sein. Auf ihrem dritten Album zelebrieren die fünf Herren jedenfalls konsequent weiterhin ihren bereits bekannten Stil. Wo der Vorgänger "Relief By The Sun" auch gesanglich noch ziemlich klar in Wave-Gefielden manövriert, gibt man sich auf "Elysium" wesentlich brutaler und die Vocals kommen auch etwas epischer rüber. Im Opener schafft man locker die Fusion von Metal und Gothic, auch gesanglich gesehen und spendiert dem Ganzen noch Synthiepassagen. "Beneath me" erinnert mich dann etwas an VNV NATION und die Lyrics thematisieren die Klassengesellschaft bzw. das Selbstverständnis von Menschen in Führungspositionen, wobei Peter Berends richtig schön vom Leder ziehen darf. Von wegen "excrement is a word too good for you. I'm not beneath you." Trifft jetzt nicht zu hundert Prozent meinen Geschmack, aber wer das Genre schätzt, findet hier eine Band, die alle Tugenden des Gothrock verinenrlicht hat und zugleich Nuancen aus dem Metal und der Klassik integriert. Es wird schwer werden dieses Album beim nächsten Mal noch zu toppen … first world problems. ThEb (7,5)

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ELKAAR
Vanta CD
Finest Noise Records/Radar


Vier Jungs aus Sachsen-Anhalt haben sich dem Groove-Metal verschrieben, so zumindest würde ich den Stil von ELKAAR beschreiben und wenn es um Namedropping ginge, dann würden auf alle Fälle FILTER, DEFTONES, EMIL BULLS und ähnliche Delinquenten fallen. Obwohl der Stil natürlich aktuell nicht seine Blütezeit hat, überzeugen ELKAAR mit viel Eigenständigkeit und man hört ihnen an, dass die Sache Spaß macht. Das Artwork ist absolut professionell und "Discover your mind" dürfte auch Postcore-Hörern gefallen, denn das Augenmerk liegt eher auf der zyklischen Natur des Riffing, als auf dem Groove. Die etwas unkonventionellen Gesangslinien geben den elf Songs ihre ganz eigene Note. Die Gitarren hätten meiner Meinung nach noch etwas mehr ins Zentrum der Aufnahmen gerückt werden können, denn tatsächlich sind sogar beinahe die Vocals lauter. Die Toms sind zu knallig, da wäre ein wärmerer Sound toll gewesen, aber hinterher ist man immer schlauer, ne?! Diese Standardprobleme außer Acht gelassen, macht "Vantar" Laune. ThEb (6,5)

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JENA
Womandile CD
Go Down Records


Mein Lieblingstitel ist definitiv "Caveman's rage" und selbst wenn Albumcover und Albumtitel frauenfeindlich rüberkommen, ist mit weiteren derartigen Entgleisungen im Verlauf des Longplayers nicht zu rechnen. Berücksichtigt man die Tatsache, dass das Artwork von Barbara Biemmi, also einer Dame stammt, weiß ich auch nicht was ich dazu noch sagen soll. Seis's drum. JENA aus Italien liefern soliden Stoner bzw.Wüstenrock, wie er besser arrangiert nicht sein könnte. Lediglich am Sound kränkelt es etwas. Die einzelnen Elemente scheinen nebeneinander zu stehen und fügen sich nicht so recht zusammen, was schade ist, denn "A-Train" ist ein echtes Hard Rock Juwel und die Stimme des Sängers ist echt super bluesy und trotzdem dreckig und staubtrocken wie die Route 66. Best metaphor ever. Neun mitreissende Lieder, die live bestimmt ohne Einschränkung überzeugen, nur Schade, dass die Produktion lediglich solides Mittelfeld ist, das Songwriting ist nämlich schönstes KYUSS, UNIDA & DOWN worshipping. ThEb (7)

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KABAK
Avu CD
https://kabak.bandcamp.com/album/avu


Cooler College-/Indierock mit leichter melodischer Schräglage, der bisweilen an JETS TO BRAZIL erinnert und völlig überzeugt. Die Lyrics sind auf französisch und die Band aus Fribourg veröffentlicht seit 2009 sogar recht umtriebig, was man dem Niveau deutlich anhört. Das Album ist sogar als LP erhältlich und die Band selbst sieht sich in der Tradition von Diabologum, Birthday Party, Kat Onoma, Alain Bashung, Sonic Youth, Radiohead und Noir Désir. Die Orgel in "Pantois" gibt dem Song eine schaurig-schöne Note, so dass man echt von einer interessanten Combo sprechen kann und auch "Sous la roche" hat eine abgedrehte Melodik. Der Titelsong ist dann etwas schwungvoller und hat eine leichte Noise-Affinität. Das Quartett macht auf seiner zweiten Full Length auf alle Fälle einen guten Eindruck und "à force" integriert sogar psychedelische Elemente. Was besonders positiv auffällt, ist die Fähigkeit der Musiker gegenläufige Rhythmen zu spielen und das Offensichtliche zu umgehen, was auch an THE PIXIES und THE TRIFFIDS denken lässt. Acht Songs, aparte Mischung, die durch die französischen Texte noch etwas exklusiver wird. Doch, die Schweizer können was. ThEb (7)

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KHYNN
Supersymmetry CD
khynn.net


Beinahe könnte man meinen KHYNN hätten in Besançon eine Außenstelle der skandinavischen Metal-Fraktion aufgemacht, denn vieles, was das Quartett so tut, lässt auf Vorlieben wie DARK TRANQUILLITY und SOILWORK schließen. Im Verlauf des elf Songs umfassenden Albums kommt mir aber einiges wieder ziemlich zerfahren vor, so bietet "Depersonalization" beispielsweise anfangs ein AT THE GATES-Riff, gefolgt von einem Gesangpart mit Robotereffekten auf der Stimme, einem PANTERA-Part, einer mehrstimmigen Gesangspassage, einem Grooveteil, einem langsamen Grooveteil, melodischem Gesang, Streicherpassagen, Horn und Bläser-Teil und einem abschließenden Powermetal-Riff mit Tabbing. Dann darf wieder gegroovt werden. Mächtig Holz für einen Song und eben recht unpassend montiert, denn das Solo passt stilistisch überhaupt nicht rein, auch die wärme Klangfarbe passt nicht zu dem fiesen, kühlen Song. Fängt stark an, hat dann aber echt ein paar Hänger, wobei die Produktion fett, das Digi ansehnlich und die Texte ebenfalls intelligent sind. Mehr Songs nach dem Muster von "Into The Supersymmetry", wo sich einfach Gebolze und Refrain abwechseln, wären cool gewesen … manchmal ist weniger Köpfchen einfach nicht verkehrt. ThEb (7)

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Mark Lenover
The Trails Gone Cold CD
Brady Alexander Records


Mark Lenover ist eigentlich eher in der Filmmusik zu Hause, aber auf seinem Euro-Debüt zeigt er auf, dass dieses cineastische Element sich hervorragend mit herkömmlichen Drei- bis Vierminütern verbinden lässt. Klar, dass es teilweise proggy wird, wenn er wie in "Ghosts in dreams" etliche Tonspuren übereinanderlegt, seinen Gesang doppelt und Streicher sowie eine schaurige-schöne Tonfolge mit den Keys drüberspielt. Brain Wilson hätte seine helle Freude an so viel Kopfkino. "Shame" behandelt dann Ablenkung, Eskapismus und Tod, die Mark Lenover allesamt in den modernen Medien verortet, wenn ich den EURYTHMICS-artigen Song richtig interpretiert habe. Die zwölf Songs sind jedenfalls ein Gesamtkunstwerk so macht auch die Nennung von THE FLAMING LIPS und David Bowie im Presseschreiben mehr als Sinn. Unbedingt antesten, genius at work! ThEb (9)

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MAGIC CIRCLE
Journey Blind CD
20 Buck Spin/Soulfood Music


Je öfter ich dieses Album höre, desto abhängiger werde ich davon und allein die Tatsache, dass man heute, wo ein Album das nächste jagt, tagelang an einem Longplayer kleben bleibt, hat etwas mystisches. Wenn man den Stil von MAGIC CIRCLE beschreiben möchte, dann muss man definitiv zurück an die Achtziger denken, denn DIAMOND HEAD, JUDAS PRIEST, CANDLEMASS, RAINBOW und DIO haben hier definitiv Spuren hinterlassen. Das Presseschreiben situiert die Band primär im Doom-Umfeld (PAGAN ALTAR, TROUBLE, BLACK SABBATH), was etwas zu kurz greift. Die Magie, die schon im Namen steckt, entfaltet sich jedenfalls durch die Kombination all dieser Elemente, ohne dass der Fünfer krampfhaft abkupfern würde, nein, die Combo hat ihren ganz eigenen Stil. Das Können von Sänger Brendan Radigan macht die sieben Tracks zu einer absoluten Pflichtvorstellung, denn so souverän bewegt sich eigentlich nur noch SORCERER-Fronter Anders Engberg in seinem Metier. Egal, was das Herz verlangt, "Blind Journey" hat es zu bieten, seien es Twin Guitars ("A ballad for the vultures"), Groove-Passagen oder Iommi-Worshipping ("Lightning cage"), diese Band dürfte unter den Fans traditionell orientierten 80er Heavy Metals pure Euphorie auslösen. ThEb (9)

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ME.MAN.MACHINE
Plastic Faith CD
If Then Records/Sony


Ein ganz schön ambitioniertes zweites Album, welches das Quintett hier mit "Plastic Faith" vorlegt. Die dreizehn Tracks liegen irgendwo zwischen MADRUGADA, THE SMITHS und man integriert auch immer eine leichte Jazz-Note. Je öfter ich die Songs höre, desto mehr offenbart sich die Genialität der Band und mich erinnert vieles an Sivert Höyem, einfach weil ME.MAN.MACHINE den kühlen Bass erstmal durchspielen lassen, um dann eine unglaublich einlullende Gesangsmelodie wie in "Indestructible" draufzusetzen. So verbindet man praktisch Mainstream-Momente mit Exzess, ähnlich wie FAITH NO MORE selbiges auch ganz gut können, wobei MADRUGADA oder MUSE schon eher Verwandte im Geiste sind. Wenn diese Jungs Briten wären, hätten sie schon längst das Erbe von COLDPLAY angetreten und obwohl ich COLDPLAY nicht mag, rückt man sich mit "Phobophobia" in die Nähe der Herren um Chris Martin. ME.MAN.MACHINE sind einfach geniale Songwriter, nicht superkomplex, aber immer wirkungsvoll. "Wake up" erinnert mich mit seinen subtilen Gitarrenparts beinahe an THE SMITHS, aber trotzdem hat man einen schmissigen DEPECHE MODE-Refrain mit 80er-Affinität untergebracht nebenbei sei noch gesagt, dass der Bassist ein echtes Talent ist. Selbst größte Skeptiker dürften hier nach einer Weile argumentativ einknicken, das Songwriting ist einfach zu gut, als dass man sich "Long gone" oder dem wavelastigen "Adore" entziehen könnte, selbst wenn die Vocals oft sehr pathetisch sind. Passt eben perfekt ins Gesamtkonzept und so gibt es an den dreizehn Songs rein garnichts auszusetzen. Perfekt. Punktum. ThEb (8,5)

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OUR SURVIVAL DEPENDS ON US
Scouts On The Borderline Of Space And Time CD
Ván Records


Die Österreicher wurden von der Presse schon mit reichlich Vorschusslorbeeren bedacht und nun, da ich sie zu Gehör bekomme, muss ich sagen, dass diese Lobeshymnen nicht ganz unberechtigt waren. Sieht man mal vom schwachen Openerduo ("Tunes of judgement" und dem Traditional "Let my people go") ab, so bietet das Quintett einen recht innovativen Mix aus DEATH IN JUNE, Klassikelementen plus NEUROSIS-Vibes. "Sons and daughters" ist textlich kryptisch, instrumental heavy, hebt sich aber durch den opernartigen Gesang von Clara Tinsobin im Hintergrund sicherlich von den Tracks anderer Bands ab. Als besonderes Highlight konnte man Mat McNerney (CODE, BEASTMILK, GRAVE PLEASURES) für Vocalparts in besagtem Song gewinnen, ging mit diesem Detail aber sympathischerweise nicht auf Hörerfang. Nach mehrmaligem Verkosten gefällt mir der meditative Charakter des Albums recht gut. "A sacred heart" und "A Manifesto" fangen die kosmische/spirituelle Grundidee von OSDOU recht gut ein und die sphärischen Töne, die teils an Filmmusik denken lassen, teils NEUROSIS heraufbeschwören, runden den Longplayer gut ab. Insgesamt passiert mir da aber nicht genug. Viel Schamanentum, wenig magische, intensive Momente, was Songwriting und Vocals angeht. Neben "Sons and daughters" ragt "We are children of the dawn" noch aus der Masse heraus, aber bei "The mountains of my home" bleibt vieles in den Ansätzen stecken. Ein Piano alleine macht eben noch keinen fantastischen Song aus, da hätte ich mir mehr Ideenreichtum gewünscht. ThEb (6,5)

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ORDER OF 315
Antipi CD
https://fr-fr.facebook.com/OrderOf315


Die äußerst professionelle Verpackung deutet schon an, dass die vier Musiker aus Paris es ernst meinen. Aktiv ist man seit 2010 und da man Djent mit Nu Metal fusioniert, geht es von den Arrangements her recht bunt zu. "Data Warfare" erinnert mich stellenweise an einen Mix aus VISION OF DISORDER und SLIPKNOT, wobei der breite Sound, den die Band auffährt, wirklich beneidenswert ist. Samples lockern immer wieder die recht druckvollen, dichten Songs auf und "The feather factor" glänzt durch Vocals im Stil von HOT WATER MUSIC, was mal eine aparte Mischung ist und die Hardcore/Postcore-Roots der Combo offenbart. Das Lied ist beinahe sowas wie der Hit des Albums. Man hört den elf Songs auf "Antipi" auf alle Fälle an, dass ORDER OF 315 schon das Debütalbum hinter sich gebracht haben ("Near Birth Experience"), denn die Kompositionen sind auf den Punkt und es wird für Djent-Verhältnisse nicht viel experimentiert. Selbst sieht man sich in der Tradition von BLACK LABEL SOCIETY, MACHINE HEAD und PANTERA und diese Elemente sind vielleicht noch stärker ausgeprägt als der Djent-Anteil. "Abelain" zeigt dann das perkussiv-rhythmische Talent der Band auf und zollt MESHUGGAH Tribut und ist auch einer der stärkeren Songs. Insgesamt solide, aber auch etwas beliebig. ThEb (7)

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PHASED
Aeon CD
Czar Of Crickets


PHASED sind ein Urgestein und die Band fing eigentlich als Psychedelic-Combo an, ist seit etlichen Jahren aber in Doom-Gefilden unterwegs. Rein stilistisch würde ich sagen, dass ELECTRIC WIZARD und CHURCH OF MISERY hier die Leitlämpchen sind, wobei der Gesang etwas zahmer als bei besagten Bands ist. Die Soli sind allerdings ähnlich trippy, weil man eben die Psychedelicphase der Band nicht außer Acht lassen darf. "Seed of misery" schwingt sich durch diese Viruosität und einige Pedalexperimente zu einem mehr als ordentlichen Song auf, obwohl er recht unspektakulär beginnt. "Eternal sleep" startet ebenfalls wieder verhalten und so langsam wird einem klar, dass die Schweizer mit Bedacht zunächst monoton agieren, um dann urplötzlich ihre Agilität zu entfalten. Im Laufe von "Aeon" häufen sich jedenfalls Samples, Loops und wild oszillierende Riffs, so dass man gerne gebannt lauscht und auch verzaubert ist, wenn in "Return of (the son of the sun)" die äußerst spärlich dosierten twin guitars einsetzen. "Etched" gewinnt wieder dann an Fahrt, wenn es spacig wird und die Drums mit Swing liebäugeln, was aber leider viel zu selten passiert. Genrekonventionen hin, Monotonie als Stilmerkmal des Doom her, komplexere Riffs wären echt nicht schlecht gewesen. Wenn man in Zukunft mehr in Richtung "The atavistic" agieren könnte, wäre das sehr zu begrüßen. ThEb (6,5)

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REDEEMED IN PAIN
Dead Ænd Decisions CD
Redeemedinpain.com


Neun Mal Metalcore aus Thüringen. Aufgenommen wurden die Tracks in Nordhausen und dem Kenner fällt es wie Schuppen von den Augen, MAROON kommen auch aus Nordhausen. HEAVEN SHALL BURN ebenfalls aus Thüringen, also sind die Erwartungen schonmal recht hoch, weil Thüringen eben einen Ruf als gute Metalcore-Schmiede hat. REDEEMED IN PAIN können den Ahnen aber durchaus das Wasser reichen, denn die Vocals sind fies gefaucht, während die Gitarrenleads äußerst melodisch daherkommen. "Tombstone poetry" ist dann sogar SIX FEET UNDER/BRUTAL TRUTH-kompatibel und wahrscheinlich ist die Band mit dem Label Metalcore gar nicht so happy, sondern sieht sich eher in anderen Ecken, aber dafür sind sie meiner Meinung nach zu langsam und zu groovy, was ja jetzt nicht übel ist. Nennen wir es eben Groove Metal. Einige Durststrecken gibt es aber leider auch zu vermelden, denn das recht unspirierte "Rest in peace" überzeugt mich nicht, anders sieht es da schon mit "Blood brothers" aus, zu Beginn zockt man fiese Skalen, dann geht es perkussiv weiter, die Vocals klingen ein wenig nach CARCASS und durch die immer wieder eingesträuten pinch harmonics setzt man Akzente. Bis ans Ende des Songs kommen dem Quartett immer wieder neue Ideen und so hinterlässt das Lied durchaus Eindruck. Insgesamt ein gutes Debüt mit viel Potential für die Zukunft und reichlich Wumms für den Moment. ThEb (7)

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SUSHI RAIN
Cocktail CD
Jackson Records


Der Name kündigt es schon an, Konventionen könnt ihr vergessen, denn das Oktett spielt auch auf dem zweiten Album eine bunte Mischung aus Soul, Funk und Jazz. Dabei legt die Band aus Italien ein unglaubliches Tempo vor und jeder Musiker (Sax, Bass, Organ etc.) ist äußerst virtuos, was der Band ein beachtliches Niveau verleiht. Stellenweise erinnern mich die Licks des Gitarristen Franceso Bini an Nuno Bettencourt von EXTREME und obwohl hier acht Menschlein am Werke sind, klingt das Album wie aus einem Guss. Klar, alle Arrangements sind opulent, die Rhodes kämpft in "Why?" im call and response battle gegen die Gitarre an, aber man kommt sich nie kontraproduktiv in die Quere, sondern umspielt den Kollegen charmant. Das Songwriting ist tadellos, wobei mir "One last night in Philadelphia" zu radiokompatibel ist. Fans der frühen RED HOT CHILI PEPPERS dürften "Pillow" dann ziemlich stark finden und für mich ist der Song ebenfalls einer der Höhepunkte des Albums. Das Artwork ist ebenso liebevoll konzipiert, wie der gesamte Release und ich denke, dass die zwölf Songs auf "Cocktail" von SUSHI RAIN aus Montespertoli hier noch etliche Male zu hören sein werden. Mann, allein die Gitarrenlicks sind es wert sich den Longplayer ranzuholen. ThEb (8,5)

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TOMBSTONES
Vargariis CD
Soulseller Records


Die Norweger sind ja wirklich umtriebig, wobei ich die Band gar nicht so sludgy/crustig in Erinnerung hatte. Aber auch Album Nummer drei besticht durch monuntale Riffs in Tiefstlage und ist für ein Doom-Album sogar recht temporeich ausgefallen. Der Gesang ist weiterhin ähnlich wie bei EYE HATE GOD, also Gekrächtze, Gegurgel und bisweilen mal ultratiefe Growls oder sogar tiefer meditativer Gesang. Was aber besonders auffällt, ist der ausgefuchste Drummer und sein Variantenreichtum. Da wird selbst das simpelste Powerchord-Riff zum mitreissenden Geniestreich. Die Produktion ist satt und organisch und Joona Hassinen im Studio Underjord, Aby hat ganze Arbeit geleistet, denn der Punch stimmt und trotzdem ist der Ton warm. In "The Ocean of Consciousness" zügelt man das Tempo dann etwas und bewegt sich überraschenderweise mit den melodischen Passagen in Richtung Stoner. Puristen dürfen aber beruhigt sein, diese Abweichungen von der wahren Lehre sind marginal, en gros hört man Songs, die bis auf eine Ausnahme die Neun-Minuten-Marke überschreiten. Das Trio kehrt nur in "The dark high" zu Wüstenrocktönen zurück und erinnert mich dann etwas an HIGH ON FIRE. Lange Rede, kurzer Sinn: das Album ist facettenreich, mitreissend, groovy und verdammt heavy. Wer hier nicht zugreift, der muss echt seine Prioritäten klären. ThEb (9)

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UNDILUTED
The Withering Path
STF Records


Begonnen haben UNDILUTED als Ein-Mann-Projekt von Hanzi Hermann, aber inzwischen hat er die Band zu einem Trio aufgestockt und für die zusätzlichen Keyboards konnte er sogar Eden Rabin (ex-ORPHANED LAND) gewinnen. Stilistisch sind die sechs Songs im Doom zu verorten, wobei es recht traditionell zugeht, Epic-Doom wäre da auch ein Stichwort. Gesanglich wirkt der Opener erstmal wackelig, aber in "Descending Winters" entwickelt sich vieles in Richtung MY DYING BRIDE, es wird also eher rezitiert als gesungen und diese Herangehensweise entpuppt sich als das perfekte Konzept für UNDILUTED. Die monumentalen Riffs gereichen der Band auf jeden Fall zur Ehre und auch wenn ich meinen Doom moderner mag, so dürften Verfechter der traditionellen Lehre sich hier gut aufgehoben fühlen. "Drifting", dem auch der Titel "The Withering Path" entnommen ist, könnte auch Fans von Gothic-Combos wie THE BEAUTY OF GEMINA zusagen und so kann man den Longplayer nur weiterempfehlen. Luft nach oben ist aber auch noch da. ThEb (6,5)

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V.A.- The Finest Noise
Der Sampler Vol.32 CD
Finest Noise


Unter dem Banner Finest Noise versammelten die Macher wieder etliche Songs einiger noch nicht so ganz bekannter Bands. Dies tut dem Spaß allerdings keinen Abbruch, denn die Opener Q-BOX fahren einen recht komplexen Wüstenrocksong mit einigen FNM-Reminiszenzen auf. Weitere Highlights sind RESHAPER (Hc), WHEN MILLIONS SLEEP (Indie), BABY LA BOMBA (Rockabilly/Punk), THE DUKE SECRECY (Indie) und THE GRAND SHEEP (Prog). Etliche Songs haben deutschen Gesang und den stärksten Song darunter lieferten sicherlich MELOBAR mit "Kleinigkeiten" ab. Cooler Sampler, ist stärker als man denkt, also nicht vom Layout abschrecken lassen. ThEb (7)

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V.A.-Let It Burn
Anniversary Sampler CD
Let It Burn Records


Fünfzehn Jahre Let It Burn Records ist beachtlich, vor allem, wenn man bedenkt, wie viele Labels seit damals die Segel gestrichen haben. Beispiele verkneife ich mir jetzt. Ist jedenfalls eine reife Leistung. Wenn man bedenkt, dass FEAR MY THOUGHTS, ZERO MENTALITY und BLACK FRIDAY 29 auf dem Label veröffentlicht haben, so kann man die Wichtigkeit von Let It Burn Records für die Hardcore-Szene nicht genug unterstreichen. Zur Feier des Tages gibt es elf Songs, darunter dreimal TAUSEND LÖWEN UNTER FEINDEN und das wohl, weil TLUF aktuell das Highlight auf dem Label sind. Die Rückkehr von FINAL PRAYER wird ebenfalls mit einem Song von "XY" zelebriert. LIGHT YOUR ANCHOR, HUMAN TOUCH (Wow!) und HOLLOW SONS sind ebenfalls mit von der Partie. Unbedingt mal den Backkatalog antesten, da sind epochale Alben bei. ThEb (7)

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WAR ANYWAY
War For Peace EP
waranyway.com


Vom Konzept her schonmal grundsympathisch, das Pressephoto zeigt zwei Anzugträger, die auf dem Friedhof rumstehen, ihre Gesichter sind allerdings nicht zu sehen, tut ja nichts zur Sache. Besagtes Duo frönt dem Industrial und verbindet die Pole MINISTRY und PROJECT PITCHFORK. Mit Jourgensen und seinen Mannen hält man nicht ganz den Härtegrad, aber stilistisch sind beide Combos natürlich artverwandt. Einige Überraschungen, wie das Obama-Sample in "Actions have consequences" oder die Effekte auf den Vocals in "The system is down" halten die Sache spannend und frisch, obwohl man konsequent dem Konzept des Industrial folgt. Die melodische und elektronische Seite der EP sind äußerst ausgeprägt, stellt euch also eher auf elektronische Beats als auf organische Klänge ein. Die komplette EP ist online kostenlos verfügbar und wer MINISTRY mag, sollte man "The rise of the tyrant" antesten. ThEb (6,5)

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Zeki Min
Shiner CD
Gunner Records


Dieses Album lediglich als Soloprojekt des DRIFTWOOD FAIRYTALES-Sängers zu sehen, wird der Sache nicht ganz gerecht, denn Zeki Min hat sechs weitere Musiker um sich geschart und seine subtilen Songs sind derart klug arrangiert, dass man streckenweise an BRIGHT EYES denken darf. Sein zweites Album überzeugt mich tatsächlich mehr als vieles, was gerade im Singer/Songwriter-Segment abgeht, denn das Cello und die Räumlichkeit der Vocals in "A Single Thing" zeigen einfach, dass hier Vielschichtigkeit und Gesamtwirkung stets in Auge behalten werden. Wie gesagt, Conor Oberst und Brian Wilson sind hier von der Herangehensweise her eher Brüder im Geiste als Chuck Ragan, der eben nicht ganz so im Breitbandformat agiert wie Zeki Min. Stellenweise sind die elf Songs zwar recht zahm und bedächtig, aber wenn man in der richtigen Stimmung dafür ist, schätzt man diese stilistische Konsequenz durchaus. Das liebevolle Artwork des Digipaks zeigt nochmals welches Professionalitätslevel Zeki Min hat und wie selbstverständlich er alles in seine Musik steckt. Schlichtweg bewunderns- und beneidenswert. Anspielttipp "The Guard". ThEb (7,5)