WITH LOVE, Januar 2014-Reviews

Januar 2014

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ASTROPHOBOS
Remnants Of Forgotten Horrors CD
Triumvirate Records


Mit Black Metal aus Stockholm kann man nix falsch machen und falls ihr die Klassiker von DISSECTION (gegründet in der Nähe von Göteborg, dann umgezogen) und HYPOCRISY schon in- und auswendig kennt, dann ist dieses Trio aufgrund der fiesen, gefauchten Vocals und den martialischen Leads eine coole Alternative. Schon länger nicht mehr solche kranken und ungezähmten Vocals gehört, da verzeiht man der Band auch den ein oder anderen akustischen Part, denn anschließend wird so wie in "Winds of insanity" wieder derbe geröchelt. Die Akkordfolgen in "The malevolent firnament" zitieren dann charmant "To the mountain" von SATYRICON und selbst wenn ASTROPHOBOS sich ein Genre ausgesucht haben, welches ziemlich ausgereizt ist, sollte man ihnen keinen Strick daraus drehen, denn das Trio integriert alles bisher Dagewesene in einer solchen Vehemenz, dass "Remnants Of Forgotten Horrors" mit seinen 45 Minuten durchaus aufhorchen lässt. Für den großen Erfolg sind ASTROPHOBOS wohl einfach zu spät dran, aber man kann keinesfalls sagen, dass sie den Großen in etwas nachstehen. Nun ja, außer darin, dass sie bisher gesellschaftlich noch nicht negativ aufgefallen sind, aber wer braucht solche Ausfälle? Einfach ein technisch-versiertes Black/Death-Album, welches durch den minimalen Gebrauch von melodischen Leads recht abwechslungsreich bleibt, ohne dass dies die Brutalität des Debüts abschwächen würde. ThEb (7,5)

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BERGMAN
Maximum Delirium Overdrive CD
Dead Frog Records/Musichelp


Nur wenige Singer-Songwriter widmen sich elektronischer Musik, Lars Bergman aus Kiruna in Schweden wagt das Experiment und auch wenn's gesanglich nicht so kraftvoll ist, so gelingt ihm doch die Synthese aus Rockmusik und Synthies plus Drumcomputer. Besonders sticht "The sea" aus der Gesamtmenge heraus, denn Reminiszenzen an MADRUGADA hat der blueslastige Song einige zu bieten und auch das Polarkreis-Flair kommt nicht zu kurz. "My garden" positioniert dann ein Cello im Zentrum des Songs und selbst wenn sich die Drums und die Synthies nicht gerade organisch anhören, Bergmans Bildhaftigkeit und sein Hang zu dramatischen Melodien und New Wave-Harmonien macht schon Eindruck. Die elf Songs kommen als three-panel-digi und Fans von THE BEAUTY OF GEMINA, Gore oder Gahan sind hier bestimmt ganz gut mit bedient. ThEb (7)

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CONJONCTIVE
Until The Whole World Dies... CD
Tanacity Music


Deathgrind mit atmosphärischer Dichte, reichlich variablem Drumming und B-Movie-Lyrics. Ein Lied des Albums ist auf Französisch, der Rest auf Englisch und die Texte sind zum Glück im stylischen Booklet abgedruckt, sonst würde man nämlich kaum was verstehen. Mit Sonia Kaya und Randy Schaller hat man nämlich gleich zwei extreme Shouter und während Sonia in mittleren Tonlagen röchelt, kümmert sich Randy um die Basstöne. Immer wieder taucht Hardcore/Deathcore-Stakkato auf und im Titellied integriert das Sextett sogar Black Metal-Keyboards plus schaurige, klassische Gesanglinien. Letztlich gelingt es CONJONCTIVE herrvoragend alte Combos wie BRUTAL TRUTH charmant mit modernen Einflüssen zu kombinieren, ohne dass es zu aktuell würde und als absolutes Highlight sei mal "Exit humanity" genannt, denn der Song ist wohl der ursprünglichste und wird Puristen auf alle Fälle gefallen. ThEb (7,5)

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DISAGONY
Venom Dish CD
Snowhite/Rough Trade


Erinnert sich noch jemand an die Rrriot-Girls von L7 und BABES IN TOYLAND? Nun ja, DISAGONY und Sängerin Lynn Maring führen jedenfalls die gute Tradition fort, indem sie Grunge, Punkrock und Alternative zusammenführen. "Spirit mechanism" ist eine melancholische Ballade und zeigt erstmals das Songwriting Potential der Band auf. Der nächste Song "Stop rewind" klingt dann eher nach "Bleach" meets MINISTRY und wenn Lynn dann plötzlich total hoch rumkeift, kann man sich dem morbiden Charme dieses Album kaum noch entziehen. Die zwölf Songs haben eine unglaubliche Intensität und dass obwohl DISAGONY nur als Trio unterwegs sind. Viele Songs basieren auf Bassläufen und Raphael Despas macht "Gender identity disorder" mit seinen knarzigen Bassläufen echt zu einem Highlight und der grungige Gesang von Lynn tut sein Übriges. Wow, ein saugutes Album und eine geniale Homage an die Neuziger. ThEb (8)

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ELBOW STRIKE
Planning Great Adventures CD
Go Down Records


Schon beim ersten Durchgang kommt das poplastige Stoneralbum etwas altbacken rüber und auch beim erneuten Hören ändert sich daran nichts. Der Opener ist ein traditioneller Rocksong, während "Cosmic pleasure" schon etwas nach MONSTER MAGNET klingt und eine Hammond-Orgel integriert aber eben auch balladeske Momente hat. Das Gesamtkonzept ist wohl über Aliens zu singen, aber thematisch hält man das nicht durch und auch inhaltlich ist die Sache recht flach geraten. "Momma is cooking chips" bietet dann Southern-Rock-Anklänge und ist bis auf den kitschigen Refrain auch ganz okay. Elf Songs die relativ unspektakulär durchlaufen und dem Label, welches den FUZZTONES-Rerelease zu "Raw Heat" veröffentlichte und als nächstes ein FATSO JETSON-Livealbum rausbringen wird, nicht wirklich zur Ehre gereichen. ThEb (5)

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THE FORUM WALTERS
Lederhosenpunk CD
Carnage Music


Nach den phänomenalen Konzerten mit CONTINENTAL ist es das Mindeste hier nochmal den Longplayer der Wiener THE FORUM WALTERS zu besprechen und darauf hinzuweisen, dass jeder Booker eine mitreissende, sympathische und sozialkritische Band bekommen wird, der es gelingt all diese Dinge mit Guter-Laune-Musik zu verbinden. Stilistisch bewegt sich das Quartett zwischen Streetpunk, 77 Schule und Reagge. In den besten Momenten wie in "Two-sided coin" und "Punkrock pirates" verbindet man Melodycore mit THE CLASH-Vibe. Live ein absolutes Highlight und auch auf CD überzeugend, weil die Band eben Songwriting als Gesamtheit sieht und neben dem Gespür für gute Arrangements auch eine Menge Talent mitbringt, denn das Drumming, die Basslinies und die Offbeat-Gitarren sind ein Genuss. Dass THE FORUM WALTERS inhaltlich gegen Medienmanipulation und für eine aktive Mitgestaltung der Gesellschaft eintreten, macht den Longplayer umso empfehlenswerter, denn solche Bands sind selten geworden. Ein Review der Split mit RIVERBOAT GAMBLERS folgt noch. ThEb (7)

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GRAVE BROTHERS/ADIOS PANTALONES
Clash Of The Primitives CD
Drunkabilly Records


Zwei Bands aus Flandern, die sich dem Rockabilly verschrieben haben. Die GRAVE BROTHERS inszenieren ihn mit Banjo, reichlich Backup-Vocals und einem gehörigen Redneck-Vibe. Hinter der Band verbergen sich Mitglieder der TALL BOYS, THE MUDMEN, LOS PUTAS und von SPEEDBALL JR. "Black Sunday Shuffle" ist etwas entspannter, wächst aber langsam zu einem Wirbelwind heran und gesanglich zollt man dem King reichlich Tribut, was aber durchaus zu gefallen weiß. Mit "Are You Drinking With Me Jesus" gibt es dann nch ein gelungenes weil eigenwilliges Jello Biafra-Cover. Auch bei ADIOS PANTALONES lautet die Devise weiterhin Uptempo Rockabilly, aber glücklicherweise ohne Banjo. Dafür steht der Bass mehr im Zentrum und eine gewisse schaurige Note hat die Band ebenfalls. In "Terror Street" glänzt die Surfgitarre und auch wenn die Vocals etwas räudiger als bei den GRAVE BROTHERS sind, gefällt mir die zweite Combo besser. Textlich wird es eben spooky und "Psycho killer" ist ein herrlicher Rausschmeißer, selbst wenn der Song kein TALKING HEADS-Cover ist. ThEb (7,5)

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PARADAUZ
Dreizehn CD
STF Records


Deutschsprachige Bands die mich begeistern, kann ich wohl an einer Hand abzählen und somit hatten auch PARADAUZ einen schweren Stand, aber als mir auffiel, dass die fünf Typen mit Tolle und Rockabilly-Style rumrennen, waren meine Bedenken gebannt. Die dreizehn Tracks orientieren sich muskalisch dann auch ein wenig an SOCIAL DISTORTION, inhaltlich betont man, dass man Arbeiterklasse ist und trifft damit wohl auch den Nerv vieler COCK SPARRER-Fans. Manchmal ist es mir zu kitschig, wie in "Reisen", aber wenn man wie bei "Lieber Freund" mit Offbeat und Ska-Rhythmen dem ehemaligen Kumpel die Freundschaft kündigt, dann gibt es daran nichts zu kritisieren. Textlich echt smart sind auch "Schmeiss das Geld zum Fenster raus" und "Internet". Ist jetzt insgesamt vom Stil her nicht hundertprozentig meins, aber da könnte durchaus ein Erfolg draus werden. ThEb (6,5)

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SIX MONTHS OF SUN
And Water Flows CD
http://sixmonthsofsun.bandcamp.com


Instrumentalen Stonerrock verbindet man immer recht schnell mit KARMA TO BURN und auch hier passt der Vergleich einfach zu gut, um ihn nicht zu bemühen. Das französische Trio SIX MONTHS OF SUN rockt sich nämlich eine halbe Stunde lang durch Dröhnriffs und Wüstenleads ohne dass es dabei allzu experimentell werden würde, denn man kommt lieber schnell auf den Punkt. "Mountain drop" strotzt dann nur so vor schweren Riffs, aber mir fehlt auf gesamter Länge etwas die Dynamik, denn wenn es mal wie in besagtem Track etwas "spacy" wird, dann dauert dieses Intermezzo keine Minute. Positiv formuliert kann man sagen, dass die acht Lieder etwas für Dauerrocker sind, die keine atmosphärischen Passagen schätzen. Live ist die Band um COLOSSUS FALL- und LILIUM SOVA-Mitglieder bestimmt ein Riesenspaß, aber so aus der Konserve ist's mir einfach zu gleichförmig, halt was für Genre-Fanatiker. ThEb (6,5)

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STUNTMAN
Incorporate The Excess CD
Solar Flare Records/Head Records


Die Vocals auf dem dritten Album der seit 2002 aktiven, französischen Band klingen original nach Jacob Bannon und der ganze Rest ist phänomenales Gedresche in bester CONVERGE- und PIG DESTROYER-Manier. Wenn ihr die frühen Exzesse von Ballou und Bannon schätzt, wie beispielsweise die Split mit AGORAPHOBIC NOSEBLEED, dann ist "Incorporate The Excess" von STUNTMAN ein Muss. "Roll the skull" distanziert sich etwas vom Grindcore des restlichen Albums und überrascht mit Rock n' Roll-Elementen. Dass Pushead-artige Cover passt perfekt dazu und meiner Meinung nach ist "Incorporate The Excess" ebenbürtig mit "Book burner" oder "Petitioning the empty sky" und ein echtes Highlight unter den aktuellen Releases. Unbedingt kaufen, kommt als clear vinyl mit farbigen Flecken. ThEb (8)

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TRUS!
First Strike CD
Moonlee Records


Dieses Trio aus Slovenien hat sich einem Genremix aus Alternative, New Wave, Punk und Synthrock verschrieben und somit könnte man MILEMARKER oder DEERHOOF als Ansatzpunkte nennen. Mit Jelena bestimmt eine Sängerin den Sound von TRUS! maßgeblich mit und die Gesanglinien sind dabei recht zugänglich, aber an die schrägen Orgelparts muss man sich erst etwas gewöhnen. Löblich ist, dass TRUS! In den acht Songs ihr eigenes Ding machen und sich keinem Genrediktat unterwerfen. Das Album kann man kostenlos auf der bandcamp-Seite der Band runterladen oder als physische Ausgabe mit Tuch und einem genial illustrierten Riesenbooklet bei Moonlee bestellen. Wer mal etwas fernab alltäglicher Muster hören will, ist mit "First Strike" gut bedient, denn alle Musiker sind schon länger aktiv und so gelang es ihnen eine virtuose, unberechenbare Scheibe zu schaffen, die Idylle mit Hektik kontrastiert. ThEb (7)