WITH LOVE, Februar 2016-Reviews

FEBRUAR 2016

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ABSENT/MINDED
Alight CD
aminded.com


Untersucht man die sechs Songs der Combo aus Bamberg genauer auf mögliche Einflüsse, so findet man primär doomige Referenzen, aber auch slow motion Death-Metal spielt eine Rolle. Bleibt ein merklicher Anteil Folk und ein wenig Psychedelik, beides lockert das Album auf. Textlich und was die Arrangements angeht, ist "Alight" ein guter Auftakt, aber sonderlich viel Finesse wird nicht geboten. Die Vocals lassen hin und wieder an HOODED MENACE denken, sind also ziemlich brutal, aber was die Riffs angeht, ist noch Luft nach oben. Die Produktion ist okay und vor allem der Tieftöner kommt gut zur Geltung. Stilistisch sind die Lieder den Folk-Tracks von WEH nicht unähnlich und wer einen Doom-Anteil möchte, sollte ABSENT MINDED mal antesten. Highlight ist für mich "Stargazin'" mit seinen Samples, welches im Vergleich zum Opener "Light remains" beinahe nach einer anderen Band klingt und etwas flotter daherkommt. Nicht von der schwachen Eröffnung und dem etwas zerhacktstückten "Arrivers" abschrecken lassen, wenn man etwas atmosphärischer wird, hat man durchaus einiges zu bieten und auch der Rausschmeißer "So dark, the con of man" überzeugt. ThEb (6)

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BAGGARS STREET INN
S/t CD
Finest Noise Releases


Dieses Album hatte schon vor Ankunft reichlich Vorschusslorbeeren erhalten und jetzt, nach dem Hören der 10 Songs, fällt es einem nicht schwer in den Lobgesang miteinzustimmen. Die Combo hat einen ganz eigenen Stil und verbindet Elemente der ROLLING STONES mit dem Soul und der Power der BACKYARD BABIES. In "Lightning" setzt man dem Ganzen noch eine soulige Trompete obendrauf und erinnert dann etwas an THE HELLACOPTERS meets "Jumpin' Jack Flash", alle Achtung! Damit aber noch nicht genug, denn in "Falling Star" eifert man teilweise THE CLASH nach, zumindest ist der Refrain schon echt Joe Strummer-like und auch das Gitarrensolo und der Bass huldigt der Kultband. Anschließend gibt es ein Cover von VELVET UNDERGROUNDs "I'm waiting for my man", welches von dem schwachen Country-Ausflug "When I'm gone" und dem ebenfalls nicht allzu mitreissenden, aber gospelorientierten "Desolated angels" gefolgt wird. Gegen Ende schwingt sich der Rollercoaster wieder aufwärts und zwei verhaltene, balladeske Songs lassen nochmal aufhorchen: "Connection" mit seinen Lou Reed-Vocals ist wieder tadelloses Profiprogramm. Insgesamt ein Ausnahmealbum, welches sowohl Britpop-Fans, als auch Mick Jagger-Afficionados ansprechen dürfte. ThEb (8,5)


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LUTECE
From Glory Towards Void CD
Dooweet


Dieses Black-Metal-Quintett aus Paris ist seit 2006 aktiv und legt mit dem aktuellen Release den zweiten Full Length Longplayer vor. Stilistisch gibt man sich moderat und setzt eher auf handwerkliches Können, als auf obskuren Hokuspokus. Die Riffs und das rasante Drumming in "The venom within" lassen teilweise an DISSECTION oder VAMPIRE denken und auch andere schwedische Gruppen wie AT THE GATES kann man deutlich raushören. Der Drmmer zieht in besagtem Song ein mörderisches Pensum durch und bei dem Geholze ist man relativ schnell überzeugt. Textlich widmet man sich den üblichen Themen wie Kampf, Ahnenpflege und Heidentum. Satanismus oder Rechtslastigkeit sind nicht zu finden. "Architects of doom" zeigt nochmal die zentrale Rolle des Schlagzeugers Kraftum auf, denn er setzt wieder reichlich Akzente, sei es durch Tribalelemente oder straighten Minimalismus. Einfach beachtlich, was besagter Timekeeper da abzieht. Fazit? Selbst wenn LUTECE jetzt nicht unbedingt typisch für eine Black Metal Band sind (eigentlich sind die Vocals zu tief und die Produktion ist fast schon zu amtlich) überzeugt "From Glory Towards Void" ohne Einschränkung und die fiesen Leadgitarren, sowie die Tatsache, dass die zehn Songs zur solofreien Zone erklärt wurden, gefallen. ThEb (8)

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THE LEAVING
Faces CD
Czar Of Revelations


Tausendsassa Fredy Rotter hat neben ASHTAR und ZATOKREV seit 2009 auch ein Soloprojekt und nachdem er anfangs als Freddy Rotten unterwegs war, heißt die Combo mitterweile THE LEAVING. Auf "Faces" dominieren trotz Verstärkung und Quartettstatus aber die ruhigen Momente und bisweilen lässt Fredys Stimme auch an John K. Samson denken und diese wird mit filigranem Picking und reichlich Streichern untermalt. "Fire" ist definitiv das Highlight und was weitere Vergleiche angeht, darf man für "Trails" gerne Scott Kelly bemühen, der Rest des Materials ist aber wesentlich harmonischer als das Oevre des NEUROSIS-Musikers. Für den Mix konnte man übrigens Noah Landis, ebenfalls NEUROSIS, gewinnen und zu "Mountain" steuerte er sogar Samples bei. Selbiger Song könnte Fans von SUN KIL MOON gefallen, definitiv ein weiterer Höhepunkt des Albums. Auf alle Fälle das richtige für einen stillen, beinahe katatonischen Sonntagmorgen. ThEb (7)

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MAKE WAR
S/t CD
Gunner Records


Melodischer Hardcore/Streetpunk mit melancholischen Texten über die Verflossene. Sind jetzt nicht mehr ganz die Sorgen meiner Altersgruppe, aber anhören kann man sich die neun Songs von MAKE WAR allemal, genauer gesagt ist das Album sogar ein ziemlicher Spaß. Dauen hoch für die Entscheidung sich vom Akustikgewandt und der ehemaligen Inkarnation SAD AND FRENCH abzuweden und fortan auf den Putz zu hauen. Teilweise hat man die alten Songs einfach nur umarrangiert und verzerrt, aber es sind auch gänzlich neue Klamotten dabei. Fans von ONE MAN ARMY und THE SCANDALS dürfen hier ohne Bedenken zugreifen. ThEb (7,5)

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NIKKI LOUDER
Trout CD
Moonlee Records


Eine Forelle, die mit dem Heißluftballon durch die Gegend fliegt, so weit, so gut. Das vierte Album des Noiserock-Trios aus Slovenien kokettiert weiterhin mit SONIC YOUTH und UNSANE, ein Sound, der unbedarfte Hörer zunächst etwas irritieren dürfte. Wohlklänge definiert man wohl anders und wenn Sänger Blaz in "CV" beinahe eine Minute lang schreit, als ob er sich die Finger in die Autotüt eingeklemmt hätte, wundert man sich doch, ob das jetzt dramaturgisch notwendig war. "Para Cargo" bietet dann etwas breitere Riffs an und die verschrobenen Passagen der Leadgitarre werden auf dieses äußerst solide Fundament aufgesetzt. Stellt sich nur die Frage, ob die Gitarre im Studio gedoppelt wurde. Sei's drum, diese Vorgehensweise kann man ruhig öfter anweden, denn die acht Songs sind schon recht fragil, was die Gitarrenarbeit angeht. Ein Geheimtipp für Freunde von disharmonischen Tönen mit starkem Nervenkostüm. In Summe solide, aber die Highlights fehlen mir etwas und die Vocals sind ziemlich gleichförmig. Guter Durchschnitt. ThEb (6,5)

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SEER
Vol. 1 & 2
Art Of Propaganda


Die Kanadier aus Vancouver präsentieren auf ihrem zweiten Release eine Fusion aus Sludge, Doom und Stoner und wie der Titel schon andeutet, sind die beiden Tracks von Vol.1 ebenfalls hier zu finden. Ergänzt wird das Ganze durch vier neue Songs. So hat man effektiv 38 Minuten für sechs Songs. Diese Statistik deutet an, dass SEER facettenreich und episch zu Werke gehen und in den Songs verbinden die Musiker tatsächlich viele Einflüsse wie GOATSNAKE, BARONESS und ANCIENT WISDOM zu einem stimmigen Gesamtwerk. Besonders rund wird die Sache durch den versierten Gesang von Bronson Lee Norton, der oft mit Hall arbeitet und die genretypische Geduld mitbringt um die Töne auch mal zu halten. "Cosmic ghost" kokettiert mit WEH, Neofolk sowie den bereits genannten ANCIENT WISDOM und so umgeht man gekonnt die Monotoniefalle. In "Haunter" gibt sich der Vierer epischer und monumentaler, die Riffs sind langsam und oszillieren schön, was im weiteren Verlauf des Albums immer wieder vorkommt und in zyklisch, meditative Muster mündet, ohne dass jetzt die Heaviness drunter leiden würde. Trotz der tiefer gestimmten Klampfen gibt es flächige Parts und twin guitars zuhauf, allerdings kann man bei einigen Songs beinahe von Überfrachtung sprechen. Sei's drum, insgesamt ist die erste Full-Length von SEER ein beachtlicher Einstieg. ThEb (7,5)

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SPERO PROMITTO IURO
Zero CD
Go Down Records


Vier Tracks, in denen die Band ganz ordentlichen Stoner abliefert, aber definitiv die Melodien vernachlässigt, denn der Gesang ist ziemlich grölig und die Gitarren ebenfalls eher rhythmusorientiert. Vereinzelt wirft man mal ein Solo ein, aber leider wirkt der Großteil zusammenhanglos und ungeplant. Ehrlich gesagt hat mich diese wirre Beliebigkeit und schon beim ersten Hören angenervt. Man mag der Combo zu Gute halten, dass es gut nach vorne geht, aber nach dem Hören bleibt absolut nichts hängen. Cool wäre es gewesen, wenn es mehr Songs in der Art von "Carwash" gegeben hätte, hier setzt man mal mehr auf Eingängigkeit und weniger auf Facettenreichtum wobei am Ende wieder wild gedroschen werden darf. Geht stilistisch in Richtung ORANGE GOBLIN und HIGH ON FIRE, erreicht aber keineswegs deren Klasse. Keine Ahnung, wer sich das holen soll. ThEb (4)

Text?

TEX AVERY SYNDROME
Wolfcity EP
Finest Noise


Metalcore mit äußerst brutal röchelnder Sängerin, nice. Vom Stil her eifert die Band eher der ersten Generation an Metalcore-Bands nach, klingt nach ARKANGEL, MORNING AGAIN und CONGRESS. Filmzitate lockern die Sache auf und obwohl sich TEX AVERY SYNDROME meist im Midtempo-Bereich bewegen, unterhält die EP ganz ordentlich, weil man gegen Ende des Songs immer wieder das Tempo anzieht. Das Sample von DIE ANTWOORD am Anfang von "Old Enough" zeigt, dass hier nicht alles bierernst ist und die Band erkennt auch, dass das Genre schnell an seine Grenzen gerät und versucht sich an Variationen, gestaltet die Gitarre melodischer, verkneift sich aber cleanen Gesang. Das entspricht auf Dauer zwar der Reinheitslehre, aber eines Tages werden auch Variationen bei den Vocals vielleicht kein rotes Tuch mehr sein. Die Toms haben mir zwar nicht genügend Punch und sind recht höhenlastig, aber irgendwie gibt das der EP auch einen gewissen Charme, das Unperfekte gehört ja irgendwie zu HC/Punk-Releases dazu. ThEb (7)

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LINDA VARG
Welcome To Bangville - Volume 1 CD
Boxroom/Tunecore


Gwen Stefani hat auf alle Fälle Spuren auf dem Debütalbum von LINDA VARG aus Schweden hinterlassen, denn von den leichten Ska-Einflüssen in "Russian Roulette" bishin zu den verspielten Vocals in "All over again", die NO DOUBT-Frontfrau ist schon allgegenwärtig. Allerdings hat Varg auch eine Rockröhre und kann richtig losschmettern, wenn's mal härter zugeht. Eine ganz andere Seite der Musikerin zeigt dann "You will be happy", denn die Ballade bietet sogar Cello, Piano und fragiles Picking an der Gitarre. Die etwas rockigeren Songs von "Welcome to Bangville", wie " Girly is a viper" und "No regrets" wirken aber authentischer. Allerdings sind alle Songs vom Songwriting her erstklassig, hier fügt sich einfach alles perfekt zusammen. Vielleicht ein Vorteil, wenn man das Heft in der Hand hat und sich nicht mit einer ganzen Band arrangieren muss. Varg hat nämlich nur einen Co-writer, Ulf Nilsson. Fest steht, dass die Schweden es eingängig mögen und Linda Varg bestimmt auch dort erfolgreich sein wird, mal sehen, wie's international aussieht. Mit dem Debüt hat sie jedenfalls einen Fuß in der Tür. ThEb (8)

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ZLANG ZLUT
Crossbow Kicks CD
Czar Of Crickets


Auch das zweite Album von ZLANG ZLUT ist eine absolute Ausnahmevorstellung, denn das Duo Beat Schneider (Elektro-Cello) und Fran Lorkovic (Schlagzeuger/Sänger) verbindet weiterhin Noiserock mit big grooves und verquerer aber eingängiger Melodik. Die geniale Verzahnung zwischen Gesang und Elektro-Cello, welches bisweilen beinahe wie eine Gitarre klingt, macht die elf Songs des Zweitlings wirklich zur Plfichtvorstellung für Musiker. In "Rage" hört man dann ein schräges Freejazz-Solo von Schneider, während Lorkovic darüber singt, wie es ist, am Rande der Zurechnungsfähigkeit zu leben. Großartig. Experimente gibt es jedenfalls satt. "Freedom is a bitch" mutet beinahe wie ein EXTREME-Song mit dezenten Southern-Anteilen an und auch gesanglich erinnert Lorcovic hier frappierend an Gary Cherone. "Now" ist dann ein rhythmisch-gegenläufiges Kunststück, an dem FUGAZI sicherlich ihre helle Freude hätten. Hier darf man eine uneingeschränkte Empfehlung aussprechen. ThEb (8,5)