WITH LOVE, Dezember 2016-Reviews

DEZEMBER 2016

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BLINDING SPARKS
Renaissance Insipide Deluxe Edition 2 CD
Season Of Mist


Ein Mal habe ich’s angehört und dabei wird es bleiben. Echt, ich kann vielen Alben etwas abgewinnen, aber außer dem schön aufgemachten Packaging bleiben hier nur der wackelig-kraftlose Gesang, Klassik meets Goth und Chanson plus der Exotenbonus, weil man eben französisch singt. Sei’s drum, auch die opulente Doppel-CD kann nicht verschleiern, dass das Trio noch am Anfang steht und BLINDING SPARKS noch einen langen Weg vor sich haben. Definitiv nur etwas für absolute Genrefreaks von seichtem Goth. Die Produktion ist ein weiterer Schwachpunkt und so erkennt man zwar wo es hingehen soll, aber irgendwie überzeugt das Songwriting nicht. 14 Songs plus Bonusvideo. ThEb (5)

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DETOXED
Modern Slavery CD
Send The Wood Music/Season Of Mist


Es geht doch nichts über ein schnelles Trash-Album mit catchy Hooks und smarten Texten. Darüber hinaus haben DETOXED reichlich Groove, ohne dass es hampelig wird. Inhaltlich kritisiert man Werbebombardement und Manipulation und vom Stil her erinnern mich sowohl Vocals als auch Band an MACHINE HEAD. Der Gesang hat schon einen deutlichen Rob Flynn-Vibe und auch die Riffs sind der der Combo aus der Bay Area nicht unähnlich. Doch, DETOXED haben auf ihrem zehn Tracks umfassenden Longplayer wirklich ganze Arbeit geleistet und obwohl das Ganze online oft als Melodic Death Metal tituliert wird, lieber nicht zu viel Death erwarten. Das beste MACHINE HEAD-Album seit „Burn My Eyes“. Der sechste Song „State of mind“ kokettiert dann tatsächlich mit Death-Growls und das nachfolgende „The Butchers“ greift IN FLAMES-Riffing auf, aber hauptsächlich regiert hier die Bay Area. Ein Album, das ich mir noch einige Male reinziehen werde. ThEb (8)

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THE EARHART LIGHT
Nur das Flüchtige blüht CD
CKP Records/Radar


Dieses Quartett hat sich den akustischen Klängen verschrieben und so stehen das Fingerpicking von Lars Aulbach und der Gesang von Sandra Stenger im Zentrum des Releases. Von der Grundstimmung her könnte man SUN KIL MOON mal als Wegweiser aufstellen, allerdings schimmern bei THE EARHART LIGHT oft Jazz/Lounge-Elemente durch. Basser Stefan Wißmann war früher bei CASHMA HOODY aktiv und dort auch recht erfolgreich. Auch THE EARHART LIGHT sind live recht umtriebig und diese Erfahrung hört man auch den elf Songs auf „Nur das Flüchtige blüht“ an. Die Vocals sind nie überladen, sondern angenehm durchdacht und eloquent auf den Punkt gebracht, so dass sie nicht die Songs dominieren, sondern sich nahtlos einfügen. Ein Highlight ist trotz seiner recht simplen Strukturen „An der Hand“, weil einfach Wohlklang auf Idylle folgt. Ein sehr atmosphärischer Song, dessen räumliche Produktion wirklich gelungen ist. In „Wahrheit der Zeit“ darf Aulbach nochmal zeigen wie flink er auf dem Griffbrett der Akustischen ist, bevor dann ein langsamer Refrain wieder etwas entschleunigt. Etwas unbeholfen wirkt die „Tanzversion“ von „Herzschlag“, aber in Summe ist das Album gelungen und mit viel Liebe konzipiert worden. Ruhige, besinnliche Songs. ThEb (7)


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ELEPHARMERS
Erebus CD
Go Down Records


Ganz cooler Stoner aus Italien, der es sich zwischen 1000 MODS und KYUSS gemütlich macht und streckenweise sogar echt Eindruck machen kann. Etwas Doom kann man ebenfalls entdecken ,denn „The River“ geht eher dröhnend zu Werke und lässt an ELECTRIC WIZARD oder SALEM’S POT denken. Echt eine tolle Band, deren Vorgänger „Weird Tales From The Thrid Planet“ noch nicht ganz so ausgereift war, aber jetzt läuft es bei dem Fuzz-Trio. Sechs neue Songs mit herrlich-analogem Sound und sehr nostalgischen Soli. Das Coverartwork ist ebenfalls sehenswert und so kann man das 46 Minuten starke Werk eigentlich nur uneingeschränkt weiterempfehlen. ThEb (8)

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THE FAINT
Capsule CD
Saddle Creek/Cargo


Ein Best-Of-Album der Elektro-Punks/Synthie-Pop-Band mit 19 Liedern, welches die Jahre 1999-2016 umfasst. Begonnen wird dann auch mit dem Frühwerk „Danse Macabre“, besser gesagt mit „Glass Dance“ von selbigem Album. „Parano Attack“ vom 2004er „Wet From Birth“ ist dann wieder eine echt gelungene, aber auch sehr eigenwillige Angelegenheit und klingt irgendwie nach RADIO 4 plus DAF. Bisher sagte mir die Band leider nur vom Hörensagen etwas, denn Elektronik ist jetzt nicht meine bevorzugte Spielwiese, aber was THE FAINT ausmacht, überzeugt; Geschmack hin, Vorlieben her. Vereinzelt hört man mal eine Gitarre, aber en groß regiert hier der Beat und die Nord-Synthies. Freunde von Wave und gutem Songwriting im Allgemeinen sollten sich mal „Suicide Agenda“ anhören ... ach ja SUICIDE, nochmal so ein Stichwort. Absolut fanfreundliche Zusammenstellung. Ein wenig bereue ich jetzt mein Schubladendenken und dass Conor Oberst/BRIGHT EYES auch Teil der Band war und sie zum Saddle Creek-Roster gehört, macht die Lage für mich nur noch peinlicher. 17 Jahre, 17 Songs plus 2 neue Tracks. Cooles Teil. ThEb (8)

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FAREWELL
Sequoia CD
Farewell.be


FAREWELL ist das Projekt von Jean Baptiste Calluaud und der Songwriter hat diesmal elf atmosphärische Nummern geschrieben, die teils mit Avantgarde, teils mit Pop liebäugeln. Die Produktion klingt ziemlich nach Heimstudio, soll heißen, hier regiert das digitale Zeitalter, bisweilen versucht sich Jean auch an NINE INCH NAILS-Sounds, aber die Produktion ist dafür echt zu dünn und der plötzliche Umschwungvon Depression Richtung Happiness/Manie ist auch immer verwirrend. Auf der Habenseite steht natürlich, dass hier viel passiert, andererseits gibt es hier Autotune zu hören und Beats aus der Konserve. Wenn man aber ehrlich ist, dann darf man schon staunen, was FAREWELL hier so zusammengewürfelt haben. Scheuklappen sind also definitiv fehl am Platze, denn der Facettenreichtum ist gerade das Interessante. Passt hier jetzt so medium in den Kontext, klingt halt eher nach Mainstream als nach Underground, aber ist deswegen ja nicht schlecht. Mir sind die Vocals oft zu hoch und nach einer Weile klingt die bunte Mischung auch ziemlich beliebig und das Credo wiederholt sich. Der Zweitling ist übrigens der Nachfolger von „Living Ends“ und das Debüt fand 2015 nicht so recht den Weg in die WLTU-Ruhmeshallen. „Sequoia“ ist weiterhin ambitioniert, stellenweise auch echt ausgefuchst, aber wenn man die Aufnahme organischer gestalten könnte, dürfte sich das Potential von Jean noch besser entfalten. „Violette“ geht jedenfalls in eine gute Richtung, muss man ihm schon zugestehen. ThEb (7)

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GROOVENOM
Modern Death Pop CD
Noizgate Records


Für das Debüt von GROOVENOM wurden hier nicht nur positive Worte gefunden, aber selbst wenn eine Fusion von Elektronik und Deathcore weiterhin absolute Wahlfreiheit darstellt, so muss man der Combo doch bescheinigen, dass “Modern Death Pop” aus einem Guss ist und derb groovt. „Fck Mtl“ liebäugelt dann etwas mit der Provokation, denn eigentlich mag die Combo Metal, dass hört man deutlich im Solo von „Proud 2b loud“ und auch an den pinch harmonics wie sie Zakk Wylde gerne praktiziert. Der Punkt, der GROOVENOM langfristig zum Vorteil gereichen wird, ist wohl, dass sie Deathcore soweit verwässert haben, dass ein Song wie „Final girl“ für jedermann zugängig wird. Auch als Songwriter macht die schrecklich gestylte Band eine gute Figur. Ich denke in einer pluralistischen Gesellschaft ist so etwas eben möglich. Textlich gesehen gibt es zu 70% GROOVENOM-Mythosbildung und Selbstbeweihräucherung, diesem Thema stehen andererseits kritisch-kluge Texte für mehr Individualität und ein kritischeres Medienverhalten gegenüber. Etliche Songs würden auch hervorragend im LIMP BIZKIT-Style funktionieren und bisweilen erkennt man tief unter der Oberfläche KORN und SLIPKNOT-Elemente wieder; ich denke irgendwie spielen GROOVEVENOM einfach modernen Crossover. Mir persönlich missfallen die extrem banalen Malle-Dance-Parts, die Industrial-Elemente sind gut, aber generell finde ich die Elektronikspur zu laut, dadurch klingt der Release sehr steril. Interessant mal etwas zu hören, das deutlich „outside the box“ auf der Fahne stehen hat, aber ebenso wie Country-Hip-Hop Fusionen ‚ à la YELAWOLF muss man diesen Stil nicht lieben, aber man darf. Handwerklich gut, aber echt nicht mein Metier. ThEb (6)

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LOST IN KIEV
Nuit noire CD/LP
Dunk Records


Die zweite Full Length der Band aus Frankreich handelt vom Verlust der Zusammenhänge durch Hypnose, Tod oder Träume und passend dazu hört man atmosphärisch entrückte Klanglandschaften, die von viel Echo und kräftigen Synthies leben. Das Quartett hat den Release auch als farbige Doppel-LP und Kassette veröffentlicht. Vom Stil her ist eine leichte Prog-Schlagseite erkennbar, aber auch Samples spielen eine große Rolle und so bekommt der Release auch eine cineastische Note, da man quasi die Geschichte eines Paares direkt erzählt bekommt, denn der Rest läuft rein instrumental ab. Neun Songs, die Fans von LONG DISTANCE CALLING oder ALCEST gefallen dürften. Fest steht jedenfalls, dass hier eine Menge passiert. In „Mirrors“ beispielsweise sind so viele Klangschichten zu hören, dass man über Strecken beinahe verloren geht, aber plötzlich folgt ein knarzender Basslauf und Samples erden den Song wieder angenehm. Innovation ist ebenfalls ein Thema, denn das Storytelling anhand der Samples zu gestalten finde ich recht unkonventionell und eben eine originelle Idee. ThEb (8)

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MUCH BETTER, THANK YOU ;-)
... Just A Dream CD
Finest Noise Releases


Erster Eindruck? Überambitionierte Sängerin trifft auf zu viele Brillenträger. Zweiter Eindruck? „Jungle“ hat einen coolen Groove und die Stimme von Heidi Engel wirkt besser, wenn die Frontfrau etwas minimalistischer agiert. „Living in the desert“ zeigt dann, dass sie eine tolle Stimme für Folk hat. Trotzdem, bleiben die zunächst sehr lebhaften Vocals erst einmal Geschmackssache. Mit „Fire in the backyard“ folgt dann ein smarter Track, den man gegen Ende herrlich dekonstruiert, indem man das Ganze einfach zusammenfallen lässt. Bei „How do I“ verstehe ich dann so in etwa wo die Band hinwill und fühle mich an CURVED AIR bzw. MELLOW CANDLE erinnert. Das Fazit lautet dann eindeutig, dass die ruhigen Songs der Band definitiv besser zu Gesichte stehen als die aufgeregten Nummern. Die Violine ergänzt die leisen Töne dann perfekt. Insgesamt orientiert man sich dann zum Glück auch eher an den smoothen Stücken und lässt das Zappeln sein. Was den Umfang des Albums angeht, so hat man es mit 13 Songs durchaus gut gemeint, aber meine Meinung bleibt weiterhin, dass jede Combo, die über zehn Stücke auf ein Album packt, selbiges nur verwässert. „ ...Just a dream“ beginnt ziemlich zerfahren, aber mit etwas Geduld erschließt sich das Potential der Band. ThEb (7)

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RA AL DEE EXPERIENCE
Diatessaron CD
Ván Records/Soulfood


Ben Ya Min Al Dee (Percussion) und M. Dalos Ra (Vocals/Gitarre/Saz-NECROS CHRISTOS) sind bereits seit 2007 aktiv und veröffentlichten 2009 ihr Demo, welches Ván später als Album auf den Markt brachte. Die beiden Musiker haben sich orientalisch anmutenden Akustikklängen verschrieben und spirituelle Toleranz steht im Mittelpunkt ihres Schaffens. So findet man inhaltlich Kabbalah-Mystizismus ebenso wie Elemente aus der Torah. Alle sechs Songs sind virtuos und sowohl Gitarre, als auch Perkussion glänzen auf Länge des gesamten Releases. Das „Diatessaron“ von Tatian beschreibt übrigens die Lebensgeschichte von Jesus und wer jetzt Angst vor so viel Religion hat, dem sei gesagt, dass es sich beinahe vollständig um ein Akustikalbum handelt. Damit hätte ich aus dem Hause Ván Records nicht unbedingt gerechnet. ThEb (7,5)

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TAD
God’s Balls CD/LP Rerelease
Sub Pop/Cargo


Der Titel ist Programm, “God’s Balls” von 1989 ist so heavy, dass ein anderer Titel schlichweg verkehrt gewesen wäre. Eine Reihe echt schräger „Instrumente“ sind auf dem Debüt ebenfalls zu finden, denn mal schlug man mit dem Cellobogen auf die Becken ein, dann musste eine Metallsäge dran glauben ... Hauptsache noisy war eben die Devise der Band. Allerdings schloss diese Vorliebe den ein oder anderen Song mit Pop-Affinität nicht aus und so kann man auch verstehen, dass TAD nach dem Release von „God’s Balls“ sogar mit NIRVANA in Europa auf Tour waren, schließlich kam man auch aus Seattle und hatte stilistisch schon etliche Gemeinsamkeiten. Wer „Bleach“ von NIRVANA schätzt, kann hier den fiesen, großen Bruder kennenlernen. Wie knapp man an der Rockgeschichte vorbeischießen kann, erstaunlich. Textlich geht es ebenso krank zu, so ist „Nipple belt“ ein Song über den amerikanischen Serienmörder Ed Gein und worum es in „Sex God Missy“ geht, darf jeder für sich selbst dechiffrieren. „God’s Balls“ ist neben „Salt Lick“ und „8 Way-Santa“ Teil der Wiederveröffentlichungen über Cargo und alle Alben sind natürlich auch als LP erhältlich. „God’s Balls“ fehlt es jedenfalls nicht an Highlights und „Cyanide bath“ muss man gehört haben. Essentiell. ThEb (9)

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URFAUST
Empty Space Meditation CD/LP/Lavish LP
Ván Records/Soulfood


Nach dem “Voodoo Dust” Release, inklusive THE DEVIL’S BLOOD-Cover und einem Song mit Farida Lemouchi, legen VRDRBR und IX mit “Empty Space Meditation“ nun sechs neue Songs vor, die von der der Spielzeit her mit 44 Minuten echt opulent geworden sind. Gerade gesanglich lotet das Duo neues Terrain aus, denn die Vocals von IX sind virtuoser, als man sie bisher kannte. Inhaltlich sind die Texte schwer zu dechiffrieren und die Band nutzt den Gesang meist eher als Vehikel für Stimmungen, konkrete Lyrics hingegen liegen diesmal nicht bei. Oft hat man das Gefühl es wird eher mit Klängen gespielt und am Beginn der Karriere war das definitiv auch der Fall. Dafür legt man aktuell einen beachtlichen Synthie-Teppich aus und geht wesentlich atmosphärischer zu Werke als bisher. Diese Entwicklung macht den vierten Longplayer des Duos zum bisher zugänglichsten Release. Etwas weniger verquer und schräg, weniger folky, weniger BM dafür etwas kompakter und runder im Gesamtklang. Fans der ersten Stunde werden einige neue Elemente erkennen, dürften aber auch bekannte URFAUST-Elemente wiedererkennen. URFAUST haben sich jedenfalls wieder ein klein wenig neu erfunden und sich somit eine Frischzellenkur verpasst. ThEb (8)

WEITES LUFTMEER
Siebenunddreißigsechsundvierig LP
Tonzonen Records/Clear Spot International


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WOLVE
Lazare EP
Dooweet


Das Presseschreiben verspricht mir Stoner und nach dem etwas drögen Vorgeplänkel in Lazare kommt dann sowas wie ein Grunge-Refrain und WOLVE werden zunehmend perkussiver und drehen auch die Delay-Regler auf. Den Terminus „Stoner“ würde ich trotzdem nicht mit der Band verknüpfen wollen, denn dafür gehen die Franzosen oft zu zaghaft und verhalten zu Werke. Oft ist das Credo eben erst Zuckerbrot, dann Peitsche. In den balladesken Momenten klingt die Combo sehr modern, man könnte „Porcelain“ bestimmt auch bei einem hippen Radiosender spielen und der Track würde nicht weiter auffallen. Vieles auf „Lazare“ wurde live ausgenommen und wer etwas Geduld hat wird auch noch mit „Inferno“ belohnt. Besagtes Lied hat eine tolle Gesangslinie und sticht deutlich heraus. „Far“ schlägt dann in eine ähnliche Kerbe und lässt für die Zukunft hoffen. Insgesamt ein Release für Menschen mit Grunge-Affinität, die auch gerne Alternative hören. Ich persönlich könnte auf diesen Anteil in der Musik von WOLVE auch gut und gerne verzichten. Ja, Geschmäcker sind verschieden. Sieht man mal von persönlichen Vorlieben ab, darf man WOLVE aber definitiv zu den begabteren Bands jenseits der Mainstreams zählen, die durchaus großes Potential haben. Einteigern sei da eher das Full length Debüt „Sleepwaker“ ans Herz gelegt, selbiges spielt in einer anderen Liga. ThEb (7)