BURDEN OF LIFE


Wo seht ihr die Veränderung, wenn man die bisherigen Alben mit "In Cycles" vergleicht?

Kötti: Unser Debut "Ashes Of Existence" würde ich als "unschuldig und unbedarft" bezeichnen, den Nachfolger "The Vanity Syndrome" als "reifer und ausgeklügelter". Ich denke, dass "In Cycles" diese Entwicklung konsequent fortsetzt und musikalisch die logische Schlussfolgerung aus unserem bisherigen Schaffen ist. Die Songs sind noch durchdachter, vielseitiger und abgedrehter. Allerdings ist es vielleicht nicht ganz so opulent und theatralisch wie der Vorgänger sondern geht stellenweise wieder mehr nach vorne. Insgesamt würde ich sagen, wir haben die musikalischen Extreme noch mehr ausgelotet als auf den alten Alben.

Konzeptionell liegt vieles auf den Schultern von Christian … schonmal sowas wie einen "writer's block" gehabt oder fließen die Ideen immer?

Kötti: Die Ideen fließen zumindest partiell immer. Ich hab eine riesige Datenbank an Songfetzen und Sprachmemos auf dem Handy aus denen man mit etwas Geduld sicher eine Menge guter Sachen zaubern könnte. Vollständige Songs werden daraus zumeist immer erst wenn es wieder Richtung Albumproduktion geht. Einen wirklichen "writer's block" hatte ich eigentlich noch nie, aber es geht mal besser, mal schlechter. Tendenziell besser mit etwas Zeitdruck, was meine Bandkollegen manchmal zum Wahnsinn treibt.

Stilistisch verbindet ihr viele Szenen; welche Erfahrung habt ihr bisher mit diesem Genremix gemacht, was Konzerte, Fanbase und Puristen angeht?

Kötti: Bei Liveshows haben wir eigentlich zumeist eine gute Resonanz bekommen. Bei einem Konzert fällt der krasse Stilmix vielleicht gar nicht so auf weil ja auch visuell was geboten ist und da legen wir uns schon ordentlich ins Zeug. Unsere Fans gehen die Entwicklung zum Großteil mit, auch wenn es ein paar gibt denen das alles vielleicht zu abstrus wird. Aber wir machen in erster Linie Songs die uns gefallen müssen. Puristen interessieren uns nicht, Scheuklappen sind weder teil unseres Musikverständnisses noch unserer Weltanschauung. Wer engstirnig durchs Leben geht verpasst so viele wunderbare Dinge. Aber wir wollen nicht belehren, jedem das Seine.

"In Cycles" ist ein genialer Hybrid aus GENESIS, MEGADETH, HAMMERFALL und ENSIFERUM. Die Chöre und die atmosphärischen Passagen verleihen dem Stück eine geradezu cineastische Qualität. Stand das Stück am Anfang oder am Ende eurer Songwriting-Sessions für "In Cycles"?

Kötti: Wow, das sind aber ein paar große (und sehr unterschiedliche) Namen die du da ausgesucht hast. Ich nehme das ganze mal als Kompliment und sage Danke! Wenn ich mich recht erinnere war der Titeltrack der vorletzte Song den wir für das Album fertig gestellt haben.

Als wir sechs von den acht Songs fertig hatten waren wir uns schon sehr sicher, dass wir das Album sehr ungewöhnlich mit "Amour Fou" starten würden. Allerdings waren wir der Ansicht, dass wir demzufolge die Zuhörer beim zweiten Track ein wenig "versöhnen" wollen und einen richtig hymnenhaften Reißer brauchen. So entstand dann der Song der es schlussendlich sogar zum Titeltrack geschafft hat.

Inwieweit würdet ihr eure Band als eine Gruppe bezeichnen, die einem Konzept folgt? Wie viel Prozent auf "In Cycles" sind spontan entstanden und was ist letztlich auf dem Reißbrett/Rechner arrangiert worden?

Kötti: Wir sind keine besonders spontane Band was das Songwriting betrifft. Wir machen zwar schon hin und wieder ein paar Impro-Sessions im Proberaum aber das meist nur zum Spaß, da kommt sehr selten was Brauchbares raus. Ich würde mich als Songwriter schon als jemand bezeichnen der grob einem Konzept, einer Gesamtidee oder einem Ideal folgt, musikalisch wie auch textlich. Es fällt mir allerdings schwer zu sagen was das genau ist. Mein Bauch und mein Herz wissen aber fast immer wann etwas für die Band klappt und wann nicht. Und wenn ich mir nicht sicher bin frage ich die anderen Jungs um Rat. Ich arrangiere also schon viel alleine am Computer rum, erstelle Demoversionen und zeige die Songs eigentlich immer erst her wenn ich meine, dass sie zu wenigstens 80-90% fertig sind. Die restlichen Details arrangieren wir dann meistens in der Gruppe.

"Devil in the detox" behandelt Drogen-/Alkoholsucht, die ja meist in Metalkreisen eher glorifiziert wird. Geht es in dem Song um harte oder weiche Drogen und was ist eure Message?

Kötti: Es geht nicht zwangsläufig darum irgendetwas zu verteufeln oder mit dem Finger auf Leute zu zeigen. Wir sind bei weitem keine Heiligen und würden uns in der Rolle als Moralapostel sehr unwohl fühlen. "Devil In The Detox" ist in seiner Message eigentlich sehr spezifisch: Es geht um eine Person die in einem ständigen Nebel aus nicht näher definierten Rauschmitteln lebt um so niemals ausnüchtern bzw. entgiften zu müssen. Der Protagonist wählt diesen Weg, weil es ihn davor bewahrt sich jemals mit all den Fehlern auseinandersetzen und sich bei den Menschen die er im Rausch verletzt hat entschuldigen zu müssen, da es ihm in seinem Zustand einfach vollkommen egal ist wie viel verbrannte Erde er zurücklässt und er sich zudem an viele Fehler die er begangen hat nicht mal erinnern kann. "When there is nothing left to be remembered, what could I possibly regret?"

Seid ihr mit dem fertigen Album auf Dealsuche gegangen, oder hat man euch aufgrund des Vorgängers bereits unter Vertrag genommen?

Kötti: Ersteres! Wir haben das Album ganz altmodisch herumgeschickt und ein paar Angebote bekommen und uns dann für das entschieden, welches uns als Band unserer Meinung nach am ehesten entsprach. Hallo Noizgate Records!

Band- und Labelbindungen sind sehr spontan und kurzweilig geworden, Noizegate hingegen scheint seine Bands längerfristig halten zu können und beide arbeiten kontinuierlich am gemeinsamen Projekt. Ein Ausnahmefall? Wie ist euer Endruck? Wo könnten die Gründe für die raschen Wechsel liegen?



Kötti: So wie wir das Team bis jetzt kennengelernt haben wundert es mich nicht im Geringsten, dass Künstler länger bei Noizgate Records unter Vertrag bleiben wollen. Die Leute da sind absolut begeisterte Musikfans und legen sich mit allem was sie haben ins Zeug um das Beste aus den Bands und ihrem Material rauszuholen. Für uns eine mehr als willkommene Neuerung, nachdem wir in der Vergangenheit bei dem Thema leider wiederholt ins Klo gegriffen haben. Unser "rascher Wechsel" ging von statten weil unser altes Label pleite ging. Aber da gibt es sicher von Fall zu Fall andere Gründe.

Was findet man denn auf alle Fälle bei euch im Plattenregal und welche Combos davon haben einen Einfluss auf eure Songs gehabt?

Kötti: Eigentlich fast alles. Wenn man alle unsere Sammlungen zusammenwirft reicht das von annähernd jedem Metal Subgenre über Progressive Rock und Classic Rock bis hin zu Filmsoundtracks, Elektronischer Musik, Akustik Pop, Folk Rock und weiß der Geier was noch. Hier ein paar Bands in nichtgestufter Reihenfolge die ich zu dieser Zeit besonders gern gehört habe (ob sie Spuren in meinem Songwriting hinterlassen haben muss jeder für sich selbst entscheiden): Sólstafir, Between The Buried And Me, The Cardigans, Queen, Adele, Foo Fighters, Iron Maiden, Kiss, Dire Straits, The Ocean, The Night-Flight Orchestra, Soilwork, Pink Floyd, Temple Of The Dog, Led Zeppelin, Nightwish und noch massig anderes Zeug. Wir sind große Musikliebhaber!

Wie sieht es mit der (Metal)Szene in Regensburg denn so aus? Empfehlungen?

Kötti: Absolut! Alle die auf gut gemachten und ausgecheckten Thrash Metal stehen sollten sich Antipeewee zu Gemüte führen. Wer mehr auf richtig krassen Doom Metal steht, der darf bei unseren Kumpels von Carrion Mother ein Ohr riskieren. Beides absolute Könner in dem was sie machen!

Thomas Eberhardt