broilers

Welche Veränderungen seht ihr zum letzten Album "LoFi"? Gab es auch personelle Neuerungen?

Sammy: Personell hat sich folgendes geändert, wir haben Christian fest in die Band integrieren können. 2004 hat er die ersten Gigs mit uns gespielt und das hat sich als glorreich für beide Seiten erwiesen. Ein wichtiger Unterschied im Songwriting ist der, dass das Keyboard und das Piano wesentlich mehr in den Mittelpunkt gerückt ist. Es ist jetzt nicht das dominierende Element, aber wir haben es mehr eingesetzt als bisher, da war es meist nur Offbeat-Orgel im Hintergrund.

Christian: Da kann man mehr machen, als nur im Studio auszuprobieren. Jetzt können wir sie auch im Proberaum einsetzen und experimentieren im Vorhinein ist möglich.

Sammy: Das fällt natürlich auf und dann sind wir meiner Meinung nach musikalisch noch offener geworden. Wir wollten bisher immer nur Songs machen, die entweder Ska, oder irgendwas waren, haben uns aber nicht getraut das ganz durchzusetzen. Mit der Soul-Nummer "Lost Soul" haben wir das umgesetzt und uns gesagt, hier können wir die verzerrte Gitarre mal weglassen.

Du äußerst ziemlich viel Kritik am Staat und singst oft über Wut im Generellen, war das Schreiben da befreiend, oder warst du anschließend genauso wütend wie zuvor?

Sammy: Das Schreiben ist auf jeden Fall eine grosse Befreiung. Man vermisst deshalb wohl auch viele lustige Songs auf den letzten Platten, denn wenn ich gute Laune hab', dann will ich die gute Laune auch umsetzten, dann gehe ich schnell duschen und dann in die Altstadt und treffe mich mit meinen Jungs da. Wenn ich aber nicht gut drauf bin,

ist das Schreiben eine Möglichkeit für mich das irgendwie zu verarbeiten, oder mich auch davon abzulenken. Wenn ich das alles niedergeschrieben habe, dann fühle ich mich schon besser. "Hexenjagd" lag mir unbedingt auf der Seele und am Herzen, das müsste gesagt werden. Ich wäre glaube ich auch enttäuscht wenn es uns nicht gelungen wäre das auf dieser Platte zu sagen, denn es ist aktuell und im Moment das Problem.

Das arbeitest auch Grafiker, hast für die SEXMACHINES die Best-Of gestaltet, aber auch euer neues Booklet, ist das nicht eine krasse Doppelbelastung, wenn man sich um die Musik und deren Visualisierung kümmern muss?

Sammy: Also es ist super anstrengend, aber es ist von mir gewollt anstrengend. Ich leide zu sehr an Kontrollzwang, als dass ich diese Sache so leicht aus den Händen geben könnte. Zum anderen wär's für mich echt doof es nicht selbst zu machen.

Ich versuche gerade mein Design-Büro aufzubauen und was könnte eine bessere Werbung sein, als wenn ich ein gutes Artwork hinlege? Mein Design-Büro heißt Amara Soul & Ivy. Es ist aber noch viel schwerer für sich selbst was zu designen, das ist das undankbarste und schwierigste überhaupt, denn da möchte man es hundertprozentig perfekt haben. Sachen, die man sonst einer anderen Band gegeben hätte, sind dann für einen selbst paradoxerweise noch nicht gut genug. Es ist zum Verzweifeln.

Traut ihr euch als Bandmitglieder dann auch was zu seiner Arbeit was zu sagen, möglich negatives?

Christian: Wir kriegen es ja selten zu sehen, bevor es fertig ist.

Sammy: Stimmt doch gar nicht.

Andi: Wir lassen ihm da schon freie Hand, weil er's halt echt drauf hat und wir im es Nachhinein immer supergeil finden, selbst wenn wir mal anfangs skeptisch sein sollten.

Christian: Wir bekommen zwischendurch schon mal Mail, wo wir dann sagen können welche Entwürfe uns am besten gefallen und auch abstimmen.

Der "Ausreisser" des Albums ist ja "Ruby Light & Dark", hattet ihr Befürchtungen, dass es negatives Feedback gibt, oder seid ihr davon ausgegangen, dass alle den Song toll finden?

Andi: Also dem Sammy und dem Ronald spukten schon vorher sehr viele Elektro-Gedanken im Kopf herum. Ein halbes, dreiviertel Jahr vor den Aufnahmen,

wollten sie immer mehr Synthesizer einbauen und ich bin sehr froh, dass dies der einzige elektronische Song ist.

Sammy: Da sind wir aber alle froh. Selbst ich bin froh. Hätten wir die Platte vor einem Jahr aufgenommen, als THE KILLERS und THE BRAVERY und ähnliche Elektropunkbands total in und neu für mich waren, w?re sie anders geworden. Damals hatten wir den Drang in Countrynummern, den Elekrobass einzubauen. Ich bin froh, dass es nur bei diesem Lied ist. Da passt es aber auch, es schließt sich vor allem auch mit dem Text, dieser Spiegel, den wir diesen Trend-Pseudos vorhalten.

Die sollen ruhig zu dem Lied in der Alternative-Disko tanzen und zum dem Elektrobeat und am Ende denken: Scheiße, was singt der da. Mir gefällt das Lied unheimlich gut. Befürchtungen gehabt? Unbedingt. Auf jeden Fall. Wenn man davor Angst hat, was die Leute sagen werden, dann kann man die Hälfte der Lieder einstampfen. Irgendwie wollen die Leute das doch auch, die wollen immer wieder auf unseren neuen Platten geschockt werden und das ist gut so, denn wir haben ja auch Bock neue Sachen auszuprobieren. Wenn es nicht aufgesetzt wirkt, dann passt das.

Andi: Wir legen es jetzt aber nicht drauf an bei jeder Platte unbedingt irgendwas neues zu machen. Wir haben halt Bock drauf gehabt, ein Teil der Band stand auf diese Musik, dann haben wir gesagt, dann machen wir's.

Ihr seid bis auf wenige Sätze deutschsprachig in den Texten. Habt ihr deshalb Probleme mit Gigs im Ausland, gibt es da eine Sprachbarriere im Ausland. Funktioniert es im Ausland so gut wie in Deutschland, oder ist es schwierig eine Tour zu buchen.


Sammy: Wir haben bis jetzt nur im deutschsprachigen Ausland gespielt, bis auf Holland. Es funktioniert dort schon, aber generell funktioniert es im nicht deutschsprachigen Ausland nur bedingt. Eine wichtige Komponente,

die Texte fallen halt weg und die Texte gehören einfach zu unseren Liedern dazu, denn da kommt die Hauptmessage rüber. Deswegen kann ich mir vorstellen, dass es schwierig wird, wenn wir mal in Spanien oder Italien spielen. Da müssen die Leute Herzblut haben um BROILERS anzufeiern, aber BROILERS sind eine ungalubliche Liveband, von daher...

Englische Texte stehen nicht zur Debatte, oder Übersetzungen?


Sammy: Wir werden sicherlich mal eine Tributeplatte rausbringen wo wir uns bei unseren grossen Helden bedanken und das sind eigentlich zu hundert Prozent englische Bands, weil wir keine deutschsprachige Musik hören. Vielleicht werden wir auch mal eine Single oder Ep von uns auf Englisch machen, aber Mischmaschplatten werden wir keine machen. Das passt nicht zu uns und das finden wir auch nicht gut.

DIE TOTEN HOSEN kommen ja auch aus Düsseldorf, seht ihr die Möglichkeit in deren Fußstapfen zu treten, oder müsste man dazu zu viele Kompromisse eingehen?

Sammy: Im Moment haben wir richtig Schwein damit, das durchziehen zu können was wir gut finden und damit in unserem kleinen Umfeld Erfolg zu haben. Wir haben auf keinen Fall Lust Kompromisse einzugehen, aber wir stecken jetzt schon ab wie weit wir gehen wollen, auch wenn solche Szenarien utopisch sind. Es gibt Grenzen, die wollen wir nicht überschreiten und solange wir diese Grenzen haben läuft das für uns.

Wie seid ihr überhaupt zu People Like You gekommen und habt ihr denn Demos an Majors geschickt, oder hat euch vielleicht jemand angesprochen?

Sammy: Der Kontakt zu People Like You kam durch losen E-mail-Verkehr im letzten Jahr entstanden und die Jungs haben gefragt, ob wir nicht Lust hätten das neue Album bei ihnen zu machen, weil People Like You für uns immer ein geiles Label waren.

Sowohl was den Roster auf dem Label betrifft, also die Band die dort sind, als auch die Arbeit die sie sich mit den Bands machen betrifft. Major stand für uns nicht zur Debatte, weil ich der Meinung bin, dass ein guter Indie mindestens genauso viel reissen kann. Majors sind immer sehr trendfixiert und wenn die Band nicht mehr interessant für einen Major ist, fliegt man sehr schnell wieder runter. Ich glaube wir wären auf einem Major verloren.

Wie lange habt ihr aufgenommen und wie ist eure Arbeitsmoral? Steht ihr morgens um sechs auf der Matte und arbeitet bis Mitternacht, oder wie läuft das?

Andi: Die Aufnahmen dauerten sehr lange. Wir waren jetzt drei Monate im Studio und wir haben das Glück, dass wir seit der ersten Platte immer im gleichen Studio, dem gleichen Typen aufnehmen und der hat uns etwas bessere Konditionen angeboten und wir haben nicht das bezahlt, was wir in einem anderen, gleichwertigen Studio bezahlen würden. Das Studio heißt übrigens Brainrox. Der Grund für die langen Aufnahmen war, dass viele Lieder noch nicht richtig fertig waren und wir noch etwas arrangieren mussten und es lang auch daran, dass wir neunzehn Songs aufgenommen haben. Was die Arbeitsmoral angeht...

Sammy: Wir sind faul...

Christian: Aber wenn's um was geht, dann machen wir auch was.

Andi: Aber wir waren diesmal besser als letztes Mal. Ich glaube bei der Lo-fi sind wir am ersten Tag gar nicht gekommen.

Sammy: Weil wir Probleme mit dem Transporter hatten!

Also faule Perfektionisten. Geht ihr ähnlich akribisch auf Tour, oder seid ihr beruflich gebunden? Könntet ihr unter Umständen auch drei Monate am Stück auf Tour gehen?

Sammy: Also wir haben das Glück, dass wir alle in der Position sind theoretisch für ein paar Wochen oder Monate zu sagen: Hey, wir lassen unsere Jobs ruhen und kümmern uns um die Band, weil wir alle mehr oder weniger selbstständig sind.

Andi: Meistens sind die Konzerte sowieso halt immer am Wochenende und wenn man dann Freitags und Samsatags irgendwo spielt, ist das alles in bisschen einfacher.

Ihr habt eine anstehende Tour mit den GENERATORS, seid ihr mit dem Backkatalog von People Like You vertraut, oder müsst ihr euch zuerst bekannt machen?

Andi: THE GENERATORS haben wir uns selbst gewünscht, also es war klar, dass wir die Tour machen werden. THE GENERATORS finden wir alle klasse und deswegen haben wir uns tierisch gefreut, dass es so klappt. Wir haben überlegt, ob wir als dritte Band noch einen lokalen Support aus der Stadt mitnehmen, haben aber jetzt mit THE GRIT, auch bei People Like You eine weitere Band und freuen uns sehr auf die Tour.

Ihr habt als Skinhead-Band angefangen, müsst ihr manchen Leuten immer noch erklären, dass Skinheads keine Faschos sind und ihr somit mit braunem Gedankengut rein gar nichts am Hut habt?

Sammy: Skinheads waren nie Faschos für uns, wenn wir von Skinheads reden, waren immer traditionelle Skinheads mit antirassistischen Wurzeln gemeint.

Wobei die Differenzierung für den Rest der Gesellschaft nicht so einfach zu sein scheint.

Sammy: Richtig, von uns ist keiner mehr Skinhead, zuindest nicht optisch. Das macht es den Leuten dann leichter zu sagen: das sind ja liebe Jungs, aber diese Anfänge verschweigen wir nicht und wer damit ein Problem hat, der muss eben fern bleiben. Das sind unsere Wurzeln, das ist unsere Vergangenheit. Womit wir allerdings ein Problem haben, sind Leute, die meinen, dass wir eine rechte Vergangenheit haben. Auf uns bezogen glaube ich aber nicht, dass jemand Zweifel hat, dass wir Antirassistisch sind. Wir haben dafür auch zuviel Lieder, die ganz klar gegen Faschos sind, als dass die Leute glauben könnten, wir w?rden irgendwie mit den Rechten kokettieren, oder hätten auch nur irgendwie was übrig für diese Art von Menschen.

Ihr habt auch ein paar poppige Lieder auf dem neuen Album, z.B. Punkrock Love Song, was machen wir, wenn das jetzt im Radio kommen sollte?

Christian: Ausschalten.

Sammy: Das Radio wegwerfen.

Andi: Ich ruf meine Mami an.

Sammy: Ein Problem haben wir nicht damit. Was sollte uns das stören, wenn die Sachen im Radio laufen? Wir haben unsere Attitüde, wir haben unsere Wurzeln und ich denke wenn eine Band über fünfzehn Jahre dran gearbeitet hat, dann ist es legitim, dass auch was im Radio kommt.

Versucht ihr neue Leute zu erreichen, oder Überlasst ihr das ganz der Fügung?

Sammy: Wir haben viel Glück, dass wir unsere Sache durchziehen können, die hätten wir aber auch bei einem anderen Label gemacht. Momentan haben wir aber trotzdem die Möglichkeit neue Leute anzusprechen und das freut uns.

Andi: Ich denke neue Leute erreichen wir dadurch, dass wir Touren mit den MISFITS oder FLOGGING MOLLY spielen, wo uns Leute sehen, die uns gar nicht kennen, uns aber dort live sehen. Das passiert einfach, ich glaube das kann man nicht planen.

Thomas Eberhardt