Erstmal Glückwunsch zu eurem aktuellen Album, ist eine Abrissbirne sondergleichen geworden! Kann es sein, dass ihr euch vom Quinett zum Sextett entwickelt habt? Was waren die Ursachen, wo liegen denn jetzt genau die Vorteile?
Jörg: Vielen Dank für die netten Worte zum Album. Wir sind eigentlich von Anfang als Sextett unterwegs gewesen, 2 Gitarristen, 1 Schlagzeuger, 1 Basser und 2 Sänger. Uns war es von Anfang an wichtig, auf der Bühne eine gute Performance zu bieten, das beinhaltet in unseren Augen auch eine gewisse physische Komponente. Von daher sind 2 Gitarristen und 2 Sänger wesentlich effizienter.
Wie war denn das Songwriting für "We Are Legions" mit sechs Leuten zu meistern, die alle ja eine Form von Mitspracherecht haben wollen?
Jörg: Beim Songwriting haben wir für uns, eine sehr effiziente und Nerven schonende Variante gefunden. Ein Großteil der Songs wird von unseren beiden Gitarristen und unserem Schlagzeuger komponiert. Ab und an wird dann die Songstruktur etwas abgewandelt bis alle zufrieden sind. Am Schluss setze ich dann die Texte darauf. Mit dieser Arbeitsweise sind wir bei den letzten beiden Alben ganz gut gefahren.
Das Artwork ist ein echter Hingucker, wie kamt ihr auf Matthias Bäuerle / Season Zero und welche Covers könnte man bereits von ihm kennen? Gab es thematische Vorgaben von euch?
Jörg: Wir haben schon beim Vorgängeralbum SOULGRINDER mit Matthias zusammen gearbeitet. Er hat dort schon unsere Visionen sehr gut umgesetzt. Er ist ein kreativer Designer der absolut verlässlich und effektiv arbeitet. Er hat unsere Wünsche und Anregungen immer sehr schnell umsetzen können. Das optische Konzept zu WE ARE LEGIONS stand bereits vor über einem Jahr fest. Wir wollten halt sichergehen das wir uns mit dem Artwork für WE ARE LEGIONS auf demselben Niveau bewegen wie zuvor auf SOULGRINDER. Man sollte erkennen, dass es immer noch um dieselbe Band geht und einige Elemente von Soulgrinder beinhalten.
Matthias Bäuerle arbeitet sonst eher für bekanntere Pop/Rock Künstler wie Glasperlenspiel, Eisblume oder REA (von Reamon), hier sollten den geneigten Plattenladenbesuchern die CD schon mal ins Auge gefallen sein.
Ihr habt ja auch das Label gewechselt, von District763, einem hardcorelastigen Zuhause, in Richtung Metal Blanc Media Records. Was versprecht ihr euch von der neuen Homebase?
Jörg: MBM Records sind ein sehr junges Label, wir waren eine der ersten Bands die sie gesigned haben und wir hoffen das sie noch eine Menge Herzblut und Energie übrig haben um das Album entsprechend zu promoten. Natürlich hoffen wir dass wir mit der Unterstützung von MBM noch an eine geeignete Booking-Agentur gelangen können.
Ist die stilistische Nähe zu HEAVEN SHALL BURN und MAROON beim Erstkontakt mit neuen potentiellen Fans hilfreich, oder kommt oft der Vorwurf, ihr würdet abkupfern… was natürlich Quatsch ist, weil ihr einfach aus derselben Ecke kommt, oder?
Jörg: Der Vorwurf kommt eigentlich nur in Reviews zum Tragen. Meist machen sich diese Leute kaum die Mühe sich in die CD einzuhören. Mir kommt es teilweise so vor als ob Sie froh sind das sie eine weitere CD in ihrer immensen CD-Sammlung hinzufügen können, sortieren diese weg ohne ihr eine Chance zu geben und schreiben dann irgendetwas nur damit sie ihrer Aufgabenstellung gerecht werden.
Ich bin der Meinung man sollte objektiv bleiben und sich überlegen was die Künstler an Zeit und Geld stecken. Hinter vielen Veröffentlichungen steckt eine Menge Herzblut, Schweiß und Tränen. Also bevor man einen absoluten Negativverriss verfasst, sollte man zumindest darüber nachdenken.
Aber zurück zu deiner Frage. Wir sehen uns schon länger nicht mehr in der musikalischen Nähe zu den genannten Bands.
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Wir sehen uns mittlerweile eher im Bereich der klassischen Death Metal Bands. So ziemlich alle in der Band sind mit den genannten Bands groß geworden.
Nicht umsonst haben wir diesmal einen MAROON Song gecovert. Dennoch wollen wir uns nicht durch diesen Song bei irgendwelchen Fans anbiedern.
Wir wollen Leistung bringen und selbst coole Songs verzapfen. Alle Bandmitglieder sind in unterschiedlichen Genres groß geworden und ich denke das hört man dem Material an.
Irgendwie hat jeder bestimmte musikalische Sachen im Hinterkopf die dann unbewusst in die eigene Musik einfließen.
HEAVEN SHALL BURN und auch MAROON haben ja eine politische/soziale Agenda, letztere spielten vor über zehn Jahren auch die Juzes hoch und runter, immer im sXe- und Vegan-Kontext. Wie wichtig sind auch diese Kategorien?
Jörg: Ich würde sagen wir haben uns textlich nie limitiert. Wir greifen sowohl sozialkritische Aspekte auf, als auch historische oder Death Metal typische Themen. Ich glaube genau das macht es für uns einfacher Texte zu verfassen. MAROON haben sich mit ANTAGONIST ziemlich deutlich positioniert und standen meines Erachtens damit in der Ecke aus der es schwer war sich herauszulösen.
Auf den letzten Alben haben wir keinen Hehl daraus gemacht das wir mit Religionen als solchen nichts anfangen können, auch gegenüber dem rechten Lager gab es mit THE GREAT DICTATOR ganz klare Worte.
Wir haben nie der sXe / Vegan Szene angehört. Wir haben sie eher kritisch beäugt. Schau dir doch diese sogenannte Szene an, wie viel ist davon noch übrig? Es hat sich alles verschoben.
Die jungen Wilden sind mittlerweile älter und die neue Jugend kann mit den im sXe vermittelten Werten wie kein Fleisch zu essen, keinen Alkohol zu trinken oder enthaltsam zu Leben nichts
mehr anfangen. Die Jugend geht zu Beatdown Konzerten und haut sich dort lieber die Schädel ein.
Das römische Reich spielt aktuell eine tragende Rolle bei den Lyrics. Woher das historische Interesse und welche Message steckt dahinter? ("Centuries of blood" erhebt zwar nicht explizit den Zeigefinger, aber irgendwo denkt man sich doch, dass es so nicht weitergehen kann.) Ist ein Konzeptalbumgedanke hinter den historischen Verweisen? 7
Jörg: Wie gesagt wir limitieren uns textlich nicht. Wir haben nach einem starken Albumtitel gesucht und WE ARE LEGIONS war halt der prägnanteste, somit sollte auch der Grundstrang des Texte zu diesem Thema passen. Das hat dann aber das Studieren einiger Lektüren nach sich gezogen. Es war wirklich sehr interessant die Ereignisse der römischen Geschichte zu durchstöbern. Worauf die römische Kultur aufbaut, wer wen hintergangen hat, wie Feste gefeiert wurde, welche entscheidenden Schlachten gekämpft wurden. Die eigene Aufarbeitung war um Längen interessanter, als das was man im Geschichtsunterricht gelehrt bekommen hat. Der Konzeptgedanke liegt bei solch einem Album Titel nahe, aber es sind wirklich lose zeitgeschichtliche Themen die hier aneinander gereiht wurden.
In Centuries Of Blood geht es im Wesentlichen um die Zerstörungswut der menschlichen Rasse. Sicherlich stellen sich viele die Frage, wie lange kann und wird das so weitergehen? Aber wenn man darüber nachdenkt fallen einem auch nicht viele Alternativen ein. Mir machen so lange weiter bis es einen großen Knall gibt und dann war es das.
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Kann es sein, dass kürzlich auch ein Artikel über euch im Legacy war? Dort wurde erwähnt, dass ihr in der JVA Burg gespielt habt. Wie seid ihr auf die Idee gekommen im Gefängnis zu spielen und war die logistische/bürokratische Umsetzung denn nicht fürchterlich kompliziert?
Jörg: Der Gig im Knast war ein wirklich ergreifender Event, wir waren gemeinsam mit unseren Freunden von Löschzug 23 und Butcher dort. Leider mussten 5 Hits For Rio die das Event organisiert hatten kurzfristig absagen. Dieser Gig war eine Art Versuch und soll den Gefangen helfen sich weiterhin als Teil der Gesellschaft zu sehen. So das ihnen der vermeintliche Weg in die Freiheit erleichtert wird. Die Gefangenen haben sich sehr gefreut und haben schon die nächsten Musikwünsche für weitere Events abgegeben.
Wir waren knapp 4 h mit den Gefangen in der Kantine eingesperrt. Wir waren etwas überrascht über die vermeintliche Zurückhaltung, zwischen den Songs wurde ordentlich Applaudiert. In gemeinsamen Gesprächen haben wir erfahren da sie sich während der Songs zurückhalten musste um die nächsten Wochen nicht Mode bei den Mitgefangenen zu sein.
Liveshows sind die Existenzgrundlage schlechthin für Bands geworden. Allerdings findet durch das inflationäre Auftreten auch eine Entwertung statt, wie ich finde. Wie viele Shows spielt ihr im Jahr und wie seht ihr die Gesamtsituation, auch was jetzt das Booking und Pay to play-Auswüchse angeht? Seid ihr Anhänger der "Eventkultur"?
Jörg: Vor einigen Jahren war es noch wesentlich einfacher an Gigs zu gelangen, da haben wir einige Gigs und Kilometer abgerissen. Die aktuell anstehenden Gigs sind noch recht überschaubar, aber wir arbeiten daran wieder mehr im Live Sektor aktiv zu werden, denn genau dafür haben wir das Album geschrieben und wir sind echt heiß das Album live zu präsentieren. Die ersten Shows mit dem neuen Material machen uns sehr zuversichtlich.
Wir sind in der glücklichen Lage nicht von der Musik leben zu müssen, wir können uns unter der Woche voll und ganz auf unsere Jobs konzentrieren und am Wochenende sind wir dann unterwegs. Die Band ist ein gutes Hobby mal die Ärsche mal in die Luft zu bekommen und nicht auf dem Sofa zu versauern. Mittlerweile wohnen wir in Deutschland weit verstreut, das reicht von Bayern, über Berlin bis nach Hamburg, das macht ausgiebiges Touren schwer, aber mit Sicherheit nicht unmöglich.
Wir hoffen, dass wir mit der Unterstützung von MBM an eine geeignete Booking-Agentur gelangen können. Da wir die Band als Hobby sehen, kommen Auswüchse wie Pay To Play bei uns in gar keinem Fall in Frage. Im nächsten Jahr hoffen wir auf einige Festivalauftritte.
Meist steckt man viel Zeit und Geld in eine Band, die Nerven nicht zu vergessen. Rein rechnerisch muss man leider sagen, dass die Sache natürlich eher ein Nullsummenspiel ist… wie hält man da die Motivation seit 2005 aufrecht?
Jörg: In unserem Fall würde ich eher sagen für uns ist es ein Minusspiel, wir haben super günstige Merchpreise und Großteile der Gagen reichen kaum die Spritkosten zu decken. Rein wirtschaftlich macht das alles keinen Sinn.
Aber dennoch ist es ein viel zu geiles Hobby, von Motivationsproblemen kann man bei uns eher nicht sprechen. Man kann andere Gegenden sehen, neue Leute kennenlernen und seine Songs performen.
Seid ihr demnächst auf Tour? Welche Gegenden stehen an?
Jörg: Wir werden die kommenden Wochenenden das ein oder andere Festivals abgrasen und dann mal schauen was sich bis Ende des Jahres noch so anhäuft. Anfang Mai sind wir in Hamburg auf dem Metal Bash zu sehen und gegen Herbst sind wir stolz unsere Freunde von Dubiosis auf Ihrer Release Tour unterstützen zu können.
Leute nutzt die Chance kommt zu unseren Shows, holt Euch WE ARE LEGIONS und unterstützt uns. Danke
Thomas Eberhardt
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