WITH LOVE, March 2010-Reviews

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AVENUE SIX LEFT
Faces MCD
Deadly Sounds/Dead Serious


Sechs junge Recken zogen aus, um der Metalcore-Szene neue Impulse zu geben. Zwei S?nger, fiese DILLINGER- und PSYOPUS-Leads, tiefe Growls und melodische Licks in POISON THE WELL-Manier sollten die Waffen ihrer Wahl sein und, siehe da, sie schlagen sich ganz gut auf ihrer ersten MCD, die Jungs aus Pirmasens. Klar, die Aufnahmequalit?t bietet noch reichlich Spielraum nach oben, aber das Songwriting ist komplex und abwechslungsreich ohne dabei zu kopflastig zu sein. Spoken Word-Passagen reizen gesanglich dann auch noch die letzten M?glichkeiten aus und wenn man die erste Minute von "Roses In Pamplona" h?rt, wei? man, dass manch andere Band sich live derbe verzocken w?rde, aber bei AVENUE SIX LEFT klingt das alles locker aus der H?fte und wenn dann pl?tzlich der metallische Bass sein Interlude bekommt und die Gitarre Arabesken mit Tappings abfeuert, kann man nur noch hoffen, dass das Sextett dranbleibt und bei der Dekonstruktion des Songs nicht zusehr auf das Hackebeil setzt, sondern auch auf den roten Faden achtet. Virtuos, aber gef?hrlich nah dran den Song um der Virtuosit?t Willen zu vernachl?ssigen. Alle Achtung. (7) Thomas Eberhardt

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BLACK FRIDAY 29
The Escape CD
Let It Burn


Selbst in einer schnelllebigen Zeit spricht rein gar nichts dagegen auch mal einen Rerelease zu ver?ffentlichen. Let It Burn haben sich das Deb?t der M?lheimer, damals auf Gsr erschienen, vorgenommen und diese Blaupause des europ?ischen Hardcore nochmal neu aufgelegt. Einfach f?r den Fall, dass die halbe Million Menschen, die ihre mywaste-Seite besucht haben noch nicht im Besitz des Deb?ts sind. Sogar einen Bonustrack haben Band und Label noch draufgepackt und Songs wie "Kill This Dream" oder "Never Given Back" verk?rpern inhaltlich alles, was man von Bands wie OUTSPOKEN oder MOUTHPIECE mitnehmen kann und gie?en diese Lyriks in einen von YOUTH OF TODAY und CRO-MAGS bestimmten Sound. Also, jetzt ist Schluss mit hohen Sammlerpreisen, sechs Jahre nach dem Erscheinen ist "The Escape" wieder zum passablen Kurs erh?ltlich und nicht l?nger vergriffen. F?r die LP ist Cobra Records zust?ndig. Einfach eine Wucht, wie BF29 trotz der sehr begrenzten M?glichkeiten im HC so ein variables und spannendes Album aufnehmen konnten, der Wahnsinn. Der Wermutstropfen ist, dass die Ver?ffentlichung von "The Escape" wohl vorerst das letzte Lebenszeichen von BLACK FRIDAY 29 sein wird, denn ab Ende August liegt die Band vorerst auf Eis. Also, jetzt oder nie! (8,5) Thomas Eberhardt

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BLACKSCREEN
Tiny Melodramas CD
Tap Water Records/Radar


Meine erste Assoziation war BLACKMAIL und das Presseschreiben erg?nzt diese noch durch SPARTA, KHOMA und THE COOPER TEMPLE CLAUSE. Erste Erfahrungen konnten die Mitglieder von BLACKSCREEN bei NOT FOR SALE, NOISECAGE, MONOBREED und HUMAN HAMSTER HYBRIDS sammeln, also keine absoluten Newcomer, sondern in ?hnlicher Konstellation seit 2007 aktive Musiker. Mit Emo hat das als Slipcase-Digi ercheinende Album eine geringe Scnittmenge da man eher d?ster zu Werke geht, nicht umsonst zitiert man Percy Bysshe Shelley mit dem Ausspruch "Our Sweetest Songs Are Those That Tell Of Saddest Thought" im Innenteil des Slipcases. "Tiny Melodramas" ist ein echter Grower, kein Wunder, 12 Songs f?r ein Deb?t sind nat?rlich auch eine ganze Menge Holz, aber das Trio mit Live-Gitarrist-Verst?rkung. Die Noise-Anteile und Stakkatoelemente werden durch charismatische Refrains kontrastiert und insgesamt konnten BLACKSCREEN ihrem Deb?t eine deutliche Signatur verleihen, selbst wenn man des ?fteren nachdenken muss, wo die Band sich das ein oder andere Riff ausgeliehen hat. F?r "Homerecording- Sessions" klingen die Songs der N?rnberger aber mehr als beachtlich und das Songwriting beherrschen sie ebenfalls. Ein Mammutalbum und definitiv eine Empfehlung f?r Noise- und Indierocker. Ja, es gibt druckvolle, d?stere Musik jenseits des Metalcore, BLACKSCREEN zeigen, wie's gemacht wird. (8) Thomas Eberhardt

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CRIMINAL JOKERS
This Was Supposed To Be The Future CD
Ice For Everyone


Wenn man bei diesem Trio aus Pisa mal die Plattensammlung einsehen k?nnte, w?rde man unter Garantie Alben von VELVET UNDERGROUND finden, denn die herrlich nasale Stimme von S?nger Francesco Motta schl?gt eben genau disen Lou Reed-Tonfall an. Produziert wurde das teils hymnische, teils schr?ge Rockalbum von Andrea Appino/ZEN CIRCUS, die auch schon mit den VIOLENT FEMMES und den Deal-Schwestern von den PIXIES/BREEDERS und Jerry Harrison von den TALKING HEADS zusammengearbeitet haben. Das Unikum bei den CRIMINAL JOKERS ist neben dem herrlichen 70ies Punk meets 80ies New Wave/Postpunk/Indie auch die Tatsache, dass der Drummer gerne in der ersten Reihe steht, was sich gut trifft, denn er singt. "Killer" ist ein wunderbarer Pop-Noir Song mit tiefschwarzem Text, Beat-Rhythmmus und von Hitformat. Kaum zu glauben, dass "This Was Supposed To Be The Future" das Deb?t der Band ist. F?r's einfache Verst?ndnis singen CRIMINAL JOKERS Englisch, also steht dem Vergn?gen nichtmal mehr die Sprachbarriere im wege. Wei? nicht, was die anderen Zines daran auszusetzen haben, wer britisch eingef?rbten Indie mag, sollte zugreifen. (7) Thomas Eberhardt

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CUBE CASINO
4-tune
www.cubecasino.de


In D?sseldorf gibt es viele Bands, leider sind fast alle tierisch langweilig! CUBE CASINO sind eine wohltuende Ausnahme. 4x arschgeiler Schweinerock vom feinsten wird geboten auf ihrem etwas n?chtern designten 4-Tune-Demo. S?nger Chris hat ein gutes Gesp?r f?r griffige Refrains wie bei ihrem Hit "Roll the dice" oder "don?t let me down", der Bass pumpt mit leichter Zerre, die Gitarrenarbeit ist abgezockt und Drummer Tom spielt einfach die perfekten Beats mit Groove und Leichtigkeit und Pr?zision. Das Ganze ist sehr songorientiert wie bei Danko Jones. Da die 4 Rocker aber alles gute Mucker sind d?rften sie ihre St?cke auch mal weniger dicht arrangieren und vielleicht mal ein ausgedehntes weedly-weedly Gitarrensolo einbauen. Der Gesamtproduktion fehlt noch der letzte Schliff, aber es ist auch nur ein Demo. Zeit, dass Cube Casino mit einer richtig geil produzierten LP angreifen, und da die Jungs auch auf der B?hne ?berzeugen - Chris ist ein begnadeter Frontmann und Rampensau - darf man gespannt sein was aus ihnen wird. Da geht einiges. (8,5) Michael Dietz

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DIRTY TACTICS
Love Is Dead, Art Is War CD
Flix Records


Als erkl?rter ONE MAN ARMY-Fan habe ich lange nach einer Band gesucht, die den Split der Kalifornier kompensieren k?nnte. Bisher war aber niemand imstande dem THE CLASH-inspirierten Sound des Trios nahe zu kommen. Die DIRTY TACTICS erl?sen jetzt den geneigten Streetpunk-H?rer von seinem langen Harren. "Walking Alone" ist beispielsweise eine hochmeldodische Hymne, die das Herz hoher schlagen l?sst, wenn man die STREET DOGS und BOMBSHELL ROCKS immer griffbereit im Regal stehen hat. S?nger Gary hat eine relativ hohe, leicht kr?tzige Stimme, das kommt authentisch r?ber und verleiht der Band einen beachtlichen Charme. Die Rhythmussketion sorgt f?r einen stabilen 4/4 Takt, w?hrend die Lyrics etwas verkl?rt von einem Raub?berfall auf die Jungs erz?hlen, getreu dem Motto: "Pl?nder mal einen Mann mit leeren Taschen aus". Strassentauglich, hymnisch und ein absolutes A-ha-Erlebnis, wie man es selten hat. Wow, 12 Songs voller Basslines, die selbst RANCID-Basser Matt Freeman alle Ehre machen w?rden und wenn in "Long Time Coming" dann auch noch eine Hammond-Orgel zum Einsatz kommt, dann gibt's kein Halten mehr. Limitiert auf 100 Exemplare, erschienen 2007 auf Underground Cities. Zugreifen! (8,5) Thomas Eberhardt

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FINAL PRAYER
Best Of Times CD
Let It Burn Records


Der letzte Release des F?nfers aus Berlin Kreuzberg namens "Fill The Void" war ja noch bei Gsr erschienen und schon jetzt zieht die 2004 gegr?ndete Gruppe ein Res?mee. Im Falle der etlichen Split- und Kleinformate macht diese Werkschau allerdings Sinn, denn an einen Song wie "Annihilation" von der Split mit ALCATRAZ kommt man nicht so ohne weiteres ran, w?re da nicht "The Best Of Times". Die Songs von der Split mit den leider aufgel?sten CRISIS NEVER ENDS sind ebenfalls auf der Compilation enthalten. "Right Here, Right Now" war 2006 bei Let It Burn erschienen, insofern war es wohl einfach die Einwilligung des Labels f?r diese zehn Songs zu bekommen und sogar das Demo "1st Round Knock Out" ist vertreten. Das Booklet ist sch?n gestaltet, zeigt die Jungs mal mit Anzug und Kravatte, dann mit Corpsepaint, und macht klar, dass FINAL PRAYER echt Spass an der Sache haben und das h?rt man ihrer Musik an. 20 Songs, bestens f?r Quereinsteiger geeignet. (7) Thomas Eberhardt

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FLAWLESS VICTORY
Zwangsjacke CD
myspace.com/madallcore


Die Jungs kommen aus Berlin und so ist es nicht weiter verwunderlich, dass Micha von ANTICOPS und Leute von NEW HATE RISING, ACUSADO, ROCKING SLICKERS und KINGS CAN NOT FALL f?r Gastbesuche im Studio vorbeischauten. Man bekommt Hardcore mit extremen Vocals geboten, tiefe Growls und vereinzelt auch mal ein Metalcore-Riff, aber das Gros der 12 Songs auf "Zwangsjacke" ist eher im HC-Sektor anzusiedeln und ?brigens auch auf Englisch. K?rzlich scheint den Berlinern aber die gesamte Rhythmusgruppe abhanden gekommen zu sein, wer also Bass oder Schlagzeug spielt und gerne einsteigen m?chte, sollte mal anfragen, wann vorgespielt werden darf. Einige Samples lockern die Songs auf und kritisieren standardisierte Abl?ufe in unserer Gesellschaft, ebenso wie die "Zwangsjacke" in die wir von der Politik gepresst werden. Gut und interessant sind aber auch die kritischen und motivierenden Aussagen in "Augen zu und durch", wo es schlicht: "Wer nicht k?mpft kann nicht gewinnen" heisst. Viele Songs gegen's Hinschmeissen und Aufgeben, verpackt in relativ simplen Arrangements. Durch die Message wird ein Schuh draus. BLOOD FOR BLOOD, MADBALL und BORN FROM PAIN lassen gr??en, das Layout ist gut gelungen und somit darf man gespannt sein, wann FLAWLESS VCTORY wieder vollz?hlig sein werden. Ein guter Einstand. (6,5) Thomas Eberhardt

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FRANZ LAUF SCHNELLER NACH ERKRATH
Demo 2009
www.flsne.de


Die Designerpunks von FLSNE geistern schon seit 10 Jahren durch den tiefsten Underground von D?sseldorf. Sie haben inzwischen jede Menge Songs auf Lager und die erste LP ist in der Mache. Bis dahin gibt's das schon einige Monate alte Demo, das FLSNE von ihrer ausgereiften Seite zeigt: Mein Dealer ist vielleicht der beste Song den sie je abgeliefert haben. Selten eine so zu ende gedachte Geschichte ?ber den wichtigsten Menschen deines Lebens geh?rt. S?nger Schl?ter ist ?berhaupt ein begnadeter Texter, mit viel (Wort-)Witz, Sinn f?r Details und scheinbarem Tiefgang. Diese Mischung rettet den etwas wirren Song Andi (progressive Punk? Ich wei? ja nicht?) auf die haben-Seite, und auch der "Schlauste Papa" lebt vor allem von seiner Story. Mir gef?llt?s. Aber wonach klingt das eigentlich. Ne richtige Referenzband will mir nicht einfallen. Mein Dealer hat vielleicht was von den alten ?rzten. Auf jeden Fall sind FLSNE herrlich erfolglos und unverstanden, doch sie folgen der Attit?de, dass verlieren kein Grund zum Aufgeben sondern zum Schulterzucken und Weitermachen ist. Misserfolg macht zwar nicht sexy, aber wenn man R?ckschl?ge genau wie die Charaktere in ihren Songs mit philosophischer Gelassenheit hinzunehmen versteht, steht man letztendlich ?ber den Dingen. Galgenhumor ist der Schl?ssel. FLSNE zeigen uns den Ausweg aus der Krise! Wie man sieht, sind sie eine der wichtigsten Bands unserer Zeit. Die LP wird bestimmt gro?artig. (8/10) Michael Dietz

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THE GAUSS EXPERIENCE
Inside It Sleeps And Dreams CD
www.thegaussexperience.de


Gauss war Vorzeigemathematiker und genialer Physiker, wenn mir mein Erinnerungsverm?gen keinen Streich spielt, und so exakt, wie die Combo FAITH NO MORE-Vocals, KARATE-Jazz.Licks und Screamo-Elemente fusioniert, rechtfertigt sie die Namensgebung. Man h?rt viele SDRE-Riffs und BLUETIP-Anleihen, kurz gesagt, THE GAUSS EXPERIENCE sind dem Sound nach alte Hasen. Die Titel der Songs haben oft geografische Referenzen, so denkt man das ein oder andere Mal an JIMMY EAT WORLD und deren "Clarity"-Hymne "Blister" mit der Textzeile "How Long Would It Take Me To Walk Across The United States All Alone" und selbst wenn es mal atmosph?risch wird, sind THE GAUSS EXPERIENCE immer Herr der Lage. Gef?llt mir hervorragend und wei? lange zu unterhalten und fordert den H?rer. Die Produktion k?nnte etwas klarer sein, denn der Gesang hat oft gegen die Tiefdruckwelle der Instrumente zu k?mpfen. Die Vocals sind anf?nglich unn?tig oft verzerrt, dabei wirkt der Gesang bei den Hamburgern am st?rksten, wenn er wie in "(Travelling) At The Broken Coastline" Raum zur Entfaltung bekommt und eben nicht gegen die Saiteninstrumente ank?mpfen muss. Den Fanblock von MINERAL, JIMMY EAT WORLD und d?rfte dieser Release gut bei Laune halten, zumal man nicht gerade mit Alternativen ?berschwemmt wird. Das Quartett ist ?brigens in K?rze auf Tour und dort wird man vielleicht sogar auf Screamo-Songs wie "Paris Marseille" setzen. Ein sch?nes, komplexes aber immer zug?ngliches Album, welches THE GAUSS EXPERIENCE den Weg ebnen wird. (7) Thomas Eberhardt

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KAPOOLAS
Cut Down The Trees (We Need An Ark) CD
Radicalis/Fontasix


Auf dem Cover prangt ein bekanntes Foto von Albert Einstein, welches humoristisch verfremdet wurde und die Anekdote, die mir dazu einf?llt ist, dass Einstein mal auf dem Oktoberfest die Gl?hbirnen wechseln musste, lange bevor er seinen Nobelpreis gewann. Wo stehen also die KAPOOLAS, die aus dem Land kommen, in dem Einstein als Patentangestellter arbeite, mit ihren Songs? Tagel?hner oder Nobelpreisanw?rter? So verr?ckt wie das Cover erahnen l?sst, sind die Tracks des Quartetts nicht, aber qualitativ bekommt man hier handfestes geboten. Britisch eingef?rbt durch und durch, vom Akzent und den FRANZ FERDINAND-Riffs bis hin zur MORRISEY-Atmosph?re in "Rewind And Repeat". Gr??tenteils eher am Rockufer gebaut, in "Master/Slave" singt Benj Gut von "Strawberry Fields" und auch instrumental h?rt man einige BEATLES-Referenzen und Elemente die auch Fans von MANDO DIAO und THE LIBERTINES begeistern sollten. Klasse Album f?r Fans des aktuellen Inselrocks. Acht Songs, professionell eingespielt und aufgenommen, eine echte ?berraschung! (8) Thomas Eberhardt

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LENNARD
First Breath CD
Finest Noise Releases/Radar/Motion Fx


Verhalten beginnend steigert man sich vom Pianointro hin zu einem druckvollen Refrain, der an ASH denken l?sst. Die Strophen h?lt man atmosph?risch und verkopft, so dass MUSE hier der passende Vergleich sein k?nnten. Der Gesang orientiert sich an den Gallager-Br?dern, seien sie nun zerstritten oder gerade wieder ein Herz und eine Seele, also Dandytum galore, OASIS-Fans werden es lieben. Die textlichen Referenzen beziehen sich oft auf Indien, da ist von Bodhi-B?umen und Shiva die Rede, ziemlich spirituell. Die sehr verkopfte Natur der Songs wird polarisieren, aber Brit-Pop-H?rer werden Gefallen an "Rajagaha Rain" finden. Eigenst?ndig, professionell und objektiv gesehen wertvoll. Mir pers?nlich zu gepflegt und etwas zu ?berladen, aber das Dutzend Gastmusiker leistete sich keine Patzer, soviel steht fest. (7) Thomas Eberhardt


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M QUESTIONMARK
One For All, All For One CD / LP+CD
Bad Trip Records


Obwohl der Titel an die drei Musketiere erinnert, waren die Italiener so frei ihrem Trio eine Dame hinzuzuf?gen und egal wer nun der erste Bassist in der Band war, am Ende stehen M QUESTIONMARK nun mit zwei Tieft?nern da. Die Gitarre wird nur dann eigesetzt, wenn der Keyboarder nicht gerade in die Tasten greift, daf?r gibt es aber eben die beiden B?sse, denn sowohl Simone, als auch Laura spielen den Viersaiter. Geht die Rechnung auf? Sicherlich apart, aber dementsprechend nur was f?r Leute mit einer Nickelallergie, da die Gitarren eben etwas zu kurz kommen. Der ein oder andere Powerchord h?tte dem Gesamtcharakter des Albums noch mehr Dringlichkeit verliehen. Sch?n hingegen sind die Momente wenn Laura wie in "Bomb In A Hand" auch mal zum Mikro greift und man zwischen GANG OF FOUR, JAWBOX, THE DEATH OF ANNA KARINA, BLUETIP und RADIO 4 pendelt. Viele Funk-Zitate und gegenl?ufige Gesangslinien werden Dischord-Verfechtern gefallen. Das Album ist auch als LP+CD-Package erh?ltlich und d?rfte jedem Bassisten Spass machen. Die CD als solches ist recht sporadisch aufgemacht und kommt als Pappschuber, also lieber zur LP oder zum Package greifen. Mal was anderes, soviel muss man der Band zugestehen. (6,5) Thomas Eberhardt

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MY EDUCATION
Sunrise CD


Golden Antenna Records Ein Cello er?ffnet den Reigen, Arabesken und Glockenspiele lockern die anf?ngliche Schwermut etwas auf, aber grunds?tzlich setzt diese Instrumentalcombo auf Tristesse. Im dritten Song "Lust" stellt man der Akustkgitarre Streicher zur Seite, aber so richtig aufregend macht das die Chose nicht.Die Songs sind der Soundtrack zu Murnaus Stummfilm "Sunrise" und dass die Band sich solch obskure Bet?tigungsfelder aussucht, liegt vielleicht daran, dass man schon seit 1999 aktiv ist und auch schon eine Kollaboration mit D?LEK hatte. F?nf Alben und etliche Kleinformate haben MY EDUCATION bereits ver?ffentlicht, aber den Durchbruch haben siebisher nicht geschafft. Freunde wie PELICAN, RED SPAROWES und eben D?LEK sollen jetzt bald mit Remixen von "Sunrise" helfen. Die 7-Song-CD kommt als Gatefold-Cardsleeve und ist garantiert was f?r Entspannungsk?nstler, mir fehlt aber etwas die Dynamik, der gro?e Knall auf den alles hinl?uft, den gibt es hier leider nicht. SIGUR ROS und BLACKSPEED YOU! BLACK EMPOROR sind hier gut interpretiert worden, aber "Sunrise" ist eigentlich nur was f?r Fans der leisen T?ne. (6) Thomas Eberhardt

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PLEBEIAN GRANDSTAND
How Hate Is Hard To Define LP/CD
Heckspoiler


Frankreich hat eine beachtliche, aber auch sehr exklusive Musiklandschaft zu bieten, mitunter habe ich den Eindruck man bleibt gerne unter sich. Positiv formuliert, man muss sich nicht anbiedern, ?hnlich wie die iberische Halbinsel beh?lt man vieles innerhalb der Landesgrenzen. Jetzt pr?sentieren Heckspoiler aber eine l?bliche Ausnahme in gigantischer Aufmachung als LP, allein die Verpackung rechtfertigt den Kauf dieses Longplayers, der chaotische Mathcore mit Grindpassagen ist allerdings eine sehr sch?ne Dreingabe. Scherz beiseite, den Jungs aus Toulouse gelingt es gekonnt die Aggression zu potenzieren, ohne dem H?rer atmosph?rische Momente vorzuenthalten. Klassisch wird der Release, wenn es vom Tempo her etwas anzieht und in Richtung CONVERGE oder gar AGORAPHOBIC NOSEBLEED tendiert. Jedenfalls steigert sich die Band von einem d?steren und gemeinen Sound best?ndig hin zu einem bestialischen und rabenschwarzen Angriff auf die Lauscher. Spielraum gibt es unter Garantie noch beim "Gesang", denn hier wird meist gekeift und heiser geschrien. In "Easy To Hate, Hard To Define" geht man auf Wanderschaft in atmoph?rische Gefilde und diesen stimmigen Kontrast baut man in der zweiten Albumh?lfte noch aus. Positiv auch die Tatsache, dass PLEBEIAN GRANDSTAND seit 2005 aktiv sind, ihr EP-Deb?t 2008 machten und sich jetzt nach f?nf Jahren mit einer Full-Length melden. So sollte es ?fter sein, gut gereift, statt schnell geschossen! Thomas Eberhardt (8)

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THE PROSECUTION
Droll Stories CD
Fatsound


Endlich haben sie nachgelegt, die Niederbayern, die vor beinahe drei Jahren ihre zweite MCD auf den Markt gebracht haben. Jetzt hat das Oktett einen Longplayer aufgenommen und auch bei der Optik des Albums nicht gegeizt, alles ist im Comicstil aufgemacht, ausfaltbar und somit auch als Poster zu gebrauchen, das beste Melodypunk-Layout seit ewigen Zeiten. Chris B?gle von Killerartworx hat da echt einen tollen Job gemacht. Auch musikalisch haben die Jungs noch ein paar Umdrehungen draufgepackt, temporeiche Melodypunk-Smasher mit Bl?sersektion, wie THE MIGHTY MIGHTY BOSSTONES und LESS THAN JAKE es kaum besser hinbekommen, also nicht davon abschrecken lassen, dass die Band aus dem Freistaat kommt, THE PROSECUTION haben internationales Niveau und klingen amerikanischer als die Hupe vom Eismann. Insgesamt hat das Rudel 14 Songs aufgenommen und sorgt f?r Partyspass auf der ganzen Linie, ohne dabei das Denken zu vergessen. Die Produktion ist fantastisch und ein Blick ins Booklet zeigt, dass auch hier nichts halbgares gemacht wurde, Phillipp Seidl von Suiseidl hat diesen f?r ihn wohl eher atypischen Sound gut aufgenommen und so kann man THE PROSECUTION Puristen, die gerne mal THE SPECIALS h?ren ebenso empfehlen, wie Leuten, die gerne mal SUBLIME oder NOFX auflegen, denn das Trompetensolo in "The Virus" k?nnte auch von El Hefe sein. Dass wieder ungek?nstelte und mitreissende Alben erscheinen, die Spass machen, statt nur Proll- und Aggrovibes zu verbreiten, l?sst f?r 2011 hoffen. Essentiell. Bekommt hier einen Ehrenplatz, soviel steht fest. (9) Thomas Eberhardt

Text?

PUNCHER'S PLANT
Homesick MCD
www.punchers-plant.de


Die M?nchener sind in Spendierlaune und bieten ihre aktuelle EP "Homesick" als kostenlosen Download an. Der Grundsatz, dass was nichts kostet auch nichts wert sei, darf getrost ?ber Bord geworfen werden, denn die Band hat seit dem Deb?t "State Of Fear" von 2008 nochmal ihren Stil verfeinert und setzt zwar weiterhin auf mehrstimmigen Gesang, hat aber auch den Sechssaitern mehr Druck verpasst. Nach dem bed?chtigen Klavierintro lassen die S?ddeutschen High-Speed-Riffs und den 88 FINGERS LOUIE-Gesang von der Kette. AGAINST ME sind ebenfalls ein Leitl?mpchen f?r die Band und auch inhaltlich setzt man auf Gesellschaftskritik, fasst sich aber auch an die eigene Nase. Die Webzines feiern die MCD gerade vollmundig, aber um auf einer Full Length bestehen zu k?nnen, muss neben Schema-F Melodypunk-Songs noch etwas mehr Innovation her. "Homesick" als solches ist aber auf alle F?lle ein Genrehighlight, was f?r Leute, die neben STRIKE ANYWHERE die BOMBSHELL ROCKS und auch RANDY im Regal stehen haben. Eine sch?ne Gelegenheit die Nostalgie etwas zu pflegen. (7) Thomas Eberhardt

Text?

SPIRALDOGMA
Bacteria Stigma CD
Des Bruits Des Casseroles/Radar


Industrial mit EMB-Einschlag aus Frankreich der nach mehrmaligem H?ren recht gef?llig ist. Der dritte Track "Blue Cult" erinnert an Jerry Cantrell, stellenweise an FILTER und A PERFECT CIRCLE, man hat ein gutes H?ndchen f?r Arrangements und aparte Melodien. Der dominante Bass bildet mit den Drums ein solides Fundament auf das die Gitarre ?berraschend druckvolle Riffs aufsetzt, die dann vom ausdrucksstarkem Gesang zus?tzlich gest?rkt werden. Moderne Elemente aller Genres werden ganz bed?chtig fusioniert und das gesamte Album funktioniert erstaunlich gut. Einfach mal "Cradle Of Misery" antesten und der Pariser-Combo mit den vereinzelten Elektronikfragmenten eine Chance geben, SPIRALDOGMA sind n?mlich unheimlich facettenreich, aber etwas Prog-kompatibel sollte man schon sein, denn hier wird so einiges ausgetestet, wenn Beats auf hohe Vocals treffen und dann wieder auf Power Chords mit Patton-Vocals. Aparte Kombination, die ganz ohne Akzent in gutem Englisch daherkommt. Doch, die anf?ngliche Skepsis haben die Franzosen schnell entkr?ften k?nnen. (7) Thomas Eberhardt

Text?

THE VICKERS
Keep Clear CD
Foolica Records


Wie kl?nge wohl eine Jam-Session von DINOSAUR JR und Albert Hammond von THE STROKES? Kautzig, nostalgisch, schr?g und beatlastig, in etwa eben so wie THE VICKERS aus Italien. Aus den Heydays von MANDO DIAO hat die Band in ihren zw?lf kurzweiligen Songs ebenfalls ein paar Kniffe gut untergebracht und die Oldies der Sixties k?nnten nicht eing?ngiger sein, als "Keep Clear". Ein super Album, wie man es eigentlich nur machen kann, wenn man einen Amischlitten f?hrt, den ganzen Tag THE LIBERTINES h?rt und Lennons-Akzent mitsamt beatlesken Singalongs schon als Kind vorgetr?llert kam. THE VICKERS sind ?berzeugungst?ter und wenn sie heute noch ein Publikum f?r neue Bands gibt, die traditionellen 60ies Beat mit aufkeimendem 70ies Psychedelik kreuzen, dann sollten diese Nostalgiker THE VICKERS unbedingt in ihrem Plattenladen ordern. Hier wird THE VICKERS jedenfalls pausenlos gespielt. (9) Thomas Eberhardt

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WE ARE WOLF
Aeons CD
Noizgate Records


Noizgate legen ein beachtliches Releasetempo vor und auch ihr neuster Output hat durchaus was zu bieten, denn WE ARE WOLF sind nicht der 3520. nationale Newcomer in diesem Jahr, sondern h?rten bis vor kurzem noch auf den etwas seltsamen Namen EAT UNDA TABLE. Lineup und Stil haben sich kaum gewandelt, nur eine Axt hat einen neuen Herr gefunden. Neben der 7-Song-Ep "Dressed Like Beauty Queens" ist bisher auch noch eine Split mit A NEW HOPE aus Recklinghausen erschienen, die sich allerdings aufgel?st haben. Die Niederl?nder A NEW HOPE machen ?brigens auch eine l?ngere Pause, scheint am Namen zu liegen. Sei's drum, WE ARE WOLF bleiben am Ball, nur Losung und Label sind ein anderes. Dar?ber hinaus setzen die Jungs weiterhin auf G?teborg-Riffs, heiseres Gekeife, Up-Tempo-Passagen und doublebass drumming. Wenn man ihnen jetzt Bands wie CRISIS NEVER ENDS oder ABSIDIA zur Seite stellt, muss man sagen, dass die Vocals noch nicht ganz deren Durchschlagskraft haben. Es mag an der Tonlage liegen, aber so richtig powervoll kommt das Gekeife nicht r?ber. Die Gitarren sind eine Macht und lassen sich auch hin und wieder zu traditionellen Soli hinreissen, die sie leider manchmal wie in "Celebrate The Apocalypse" etwas ?berreizen. Ein Song wie "Unholy Incarnation" hingegen bietet fiese Growls und macht die Vocals facettenreicher. Songstrukturen bleiben selten h?ngen, die Riffs sind sich daf?r zu ?hnlich und der Gesang zu monoton. Layout ist erste Sahne, aber in Summe ist "Aeons" eben einfach nur passabel. (6,5) Thomas Eberhardt

Text?

ZUTATEN
ZTTN
Microsurco Records


Die Zutaten kommen nicht, wie man glauben k?nnte, aus der sch?nen Heimat. Nein es sind 4 Jungs aus dem s?d-spanischen Granada, m?glicherweise die Stadt mit der gr??ten Banddichte auf der iberischen Halbinsel. Die dortige fantastisch lebendige Musikszene hat mal wieder eine echte Perle ans Licht gebracht. Von dickem knallorangenem Vinyl knallt dir High-Speed Punkrock mit Glam-Attit?de um die Ohren dass es nur so kracht. 15 Songs in 30 Minuten im Stile von ZEKE, da werden keine Gefangenen gemacht. Da hilft nur Anlage aufdrehen bis die Nachbarn mith?ren k?nnen. S?nger Manolo hat sich wahnsinnig lange Texte ?berlegt, die er ebenfalls in einem Tempo runterballert, dass so mancher Hip-Hopper blass wird. Wer spanisch versteht, darf auch mal ins Booklet schauen und sich pr?chtig ?ber die humorvoll-absurden und detailverliebten Texte am?sieren. Hammer (9/10) Michael Dietz