WITH LOVE, August 2015-Reviews

AUGUST 2015

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BLIND ILLUSION
The Sane Asylum + Bonus CD
World In Sound


Les Claypool von PRIMUS spielte in einer Trash-Metal-Band? Damit nicht genug PRIMUS-Gitarrist Larry LaLonde (ex-POSSESSED) war ebenfalls Teil von BLIND ILLUSION? Mind = blown. Mastermind des Projektes wiederum war Marc Biedermann, der auf dem BLUE ÖYSTER CULT-Album "Imaginos" einige Parts beisteuerte, aber eher auf Trashbands wie EXODUS oder DEATH ANGEL abfuhr. Mit selbigen teilte man sich in den Achzigern auch mal die Bühne. Ein gewisser Kirk Hammett stand Marc dann bei den Gitarrenspuren zur Seite und produzierte das erste Demo "Trinity of Terror" welches hier als Bonus erstmal erhältlich ist. Ja, plenty of namedropping. Was steckt dahinter? Ein absolut charmantes Zeitdokument, spielerisches Können par excellence und eine etwas drucklose Produktion. Bedenkt man allerdings, dass die Songs teilweise 1979 geschrieben wurden und 1988 veröffentlicht wurden, relativiert sich sicherlich einiges. Auf der Haben-Seite sind Biedermanns großartige Soli, Claypools verspielter Bass, der bisweilen dem von DiGiorgio ähnelt, und dieVersiertheit des phänomenalen Drummers. In Summe waren BLIND ILLUSION eine starke Band, die sich textlich an der "Rust in peace"-Phase von MEGADETH orientiert und somit ist das Album nicht gerade unaktuell. Rein konzeptionell werden oft, wie in "Death noise", einem siebenminütigen Epos, Klangwelten erschaffen, die äußerst komplex und völlig unvorhersehbar sind, aber trotzdem Wiedererkennungswert besitzen. Bitte kein zu hundert Prozent traditionelles Trash-Album erwarten, aber unbedingt antesten! ThEb (8,5)

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CLAUDIUS
Get Out CD
Finest Noise/Radar


Hinter CLAUDIUS verbirgt sich der gebürtige Chilene Claudius Rieth, der hauptberuflich Studiobetreiber ist und mit "Get Out" nach einer über zehnjährigen Pause nun seinen Zweitling vorlegt. Der Opener "See you" wirkt ziemlich sedierend auf mich, aber das Klavier gibt dem Lied reichlich Raum, so dass Herr Rieth mit dem recht gesetzten Eröffnungstracks trotzdem nicht absäuft. Mit "Get out of here" erwartet den geneigten Hörer schließlich ein Song von ganz anderem Format, der die MEAT PUPPETS und RADIOHEAD zitiert, während "Going down" dann eher mit CHUMBAWAMBA liebäugelt. Auch in "Chocolate" wird diese Linie fortgesetzt und so wirkt die erste Hälfte des Albums äußerst sttimmig. Kritik muss ich aber an den Drums üben, da wird eher passend gestampft, als dass da unabhängig von der Gitarre gearbeitet werden würde. "Please take" weicht letztlich von besagtem Kurs ab und ist eine Ballade mit Streichern und die Drums wirbeln plötzlich euphorisch dazu, geht doch. Diese Tendenz ins Atmosphärisch-Romantische bleibt auch in den übrigen Songs erhalten, wobei CLAUDIUS oft auch radiofreundliche Töne anschlägt und die ohnehin schon poppigen Songs dadurch nochmal zusätzlich entschärft. Einige Highlights sind aber schon zu finden und Freunde von melancholischen Indie werden es bestimmt mögen. ThEb (7)

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DATURA 4
Demonic Blues CD
Alive Records Natural Sound/Cargo


Exzellente Fusion aus Heavy-Blues, Psychedelik und Punkrock aus Freemantle in Australien. Hinter der Band stecken dann, neben anderen, auch zwei alte Hasen, nämlich Dom Mariani von THE STEMS und Greg Hitchcock von THE NEW CHRISTS. Stilistisch oszilliert man zwischen RADIO MOSCOW und BABY WOODROSE, wobei "Another planet" eher eine Spur verhaltener daherkommt und eher an TAME IMPALA erinnert. Letztlich trifft die Combo ziemlich genau meinen derzeitigen Geschmack, man darf sie nur nicht mit DATURA verwechseln, da ihr Sound natürlich irgendwo verwandt ist. In "Journey home" geht die Rhythmusgitarre dann recht reduziert vor, aber die Räume werden durch etliche exzellente Soli gefüllt. Insgesamt ist das Quartett erstklassig, wenn es um das Heraufbeschwören verschiedener Stimmungen geht. An einigen Stellen könnte es noch flüssiger vorangehen, aber viele der Songs basieren eben auf dem Blues und leben eben von der Langsamkeit und den ausgespielten Turnarounds. Auf keinen Fall verpassen! Ein absolut fantastisches Album. ThEb (8,5)

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DERIVATE
S/t CD
Black Bear Agency


Die Stimme trägt, hat Breite und während die Band sich instrumental an COHEED AND CAMBRIA und MASTODON orientiert, also äußerst komplex, perkussiv und proggig agiert, brüllt Sänger Jay gerne mal direkt seinen Frust raus. Bisweilen hört man melodische Linien, aber damit geht der Shouter recht sparsam um. Bestes Beispiel "Movement III Awakening", denn hier fusioniert man alle genannten Elemente. "Movement IV Downfall" ist dann etwas verspielter und die Gitarren dürfen mal richtig schön über diverse Skalen solieren, so dass dieser Nintendo-Spielhallen-Sound entsteht. Andererseits muss man aber leider sagen, keine markanten Parts auftauchen, die man sich direkt einprägen würde. Klar, das ein oder andere Riff überzeugt, aber stimmige Songs sind nur in Ansätzen zu erkennen, oft wird beherzt aneinandergereiht. ThEb (6,5)

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EVOLVENT
Whatever Happens CD
MVD/ Code 7


Ein klassischer Auftakt mit Streichern und Chören weicht nach nicht ganz einer Minute einer recht klaren elektrischen Gitarre und schließlich fügt Sängerin Emma Evaston dem Ganzen ihre opernhafte Stimme hinzu. Symphonischer Metal mit leichtem Gothic-Touch lautet also die Devise. Allerdings fehlt mir etwas der Druck hinter Stimme, wenn Emma loslegt. Das Timbre lässt bisweilen auch ihre Grenzen erkennen. Toll funktioniert hingegen "Our fate", welches etwas moderater ist, was Tempo und Tönhöhe angeht. Vom Songwriting her hangelt sich das Quintett an den Gitarren entlang und fährt ganz gut damit, wobei der Stil der Combo natürlich extreme Geschmackssache ist. Auch in "Love doesn't love me" wird besagte klassische Ausrichtung beibehalten, denn Anfangs gibt es Harfenklänge und später wieder Streicher, während "We are" dann etwas an Carmina Burana angelehnt ist. Wer NIGHTWISH oder ähnliches erträgt, darf auch hier seine Resilienz testen. Nichts für mich, aber wer will, soll machen. ThEb (6)

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EIGHTY-TWELVE
Everyone Is Wrong CD
eighty-twelve.bandcamp.com


Das Trio aus Lausanne kokettiert mit Noiserock, Postcore und hat auch eine gehörige Indie-Affinität, so dass man NADA SURF und DINOSAUR JR als Inspiration angibt. Etliche Songs erinnern etwas an ELLIOTT und JUNO, in anderen schwingt ein THE SMASHING PUMPKINS-Vibe mit. Oftmals gibt man sich eher gesetzt und nimmt sich Zeit einen Song aufzubauen, was nicht immer mit aktuellen Hörgewohnheiten in Einklang zu bringen ist, aber wer Geduld hat, wird hier belohnt. "Mr. J" ist eine coole Fusion aus den PUMPKINS und J Mascis und definitiv einer der stärksten Songs auf dem sieben-Song-Album. Gesanglich geht Eric recht subtil zu Werke und lässt in "Highway Highland" eher das Piano und die Elektrische für sich sprechen. Ein absolut großartiger Song, der unheimlich flächig wirkt und auch an DREDG denken lässt. Ein ganz nettes Album, welches das Trio hier vorlegt, man muss sich nur mit der moderaten Grundgeschwindigkeit der Band und den zahlreichen Breaks arrangieren. ThEb (6,5)

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FRUIT OF THE ORIGINAL SIN
The Black Lodge CD
fruitoftheoriginalsin.com


Ein bemerkenswertes Quartett aus Nijmegen, Niederlande, das bereits sein zweites Album vorlegt und sich im Spannungsfeld Wave, Elektro und Alternative Rock bewegt. Ist nicht ganz so creepy, wie die Twin Peaks Referenz des Albumtitels vielleicht vermuten lässt, überzeugt aber absolut, was Songwriting und Produktion angeht. "Sophia" setzt zunächst auf den Industrial-Vibe und so könnte man FILTER, A PERFECT CIRCLE bzw. NINE INCH NAILS mal als Ideengeber heranziehen. Besagter Song verbindet kalte Elektronik mit einer mitreissenden Gesanglinie und wahrt zudem den Abechslungsreichtum. "Exit Lines" erinnert mich in seiner eher düsteren Konzeption dann an VNV NATION plus Powergitarren. Insgesamt eine ausgewogene Mischung von atmosphärischen Passagen, guten Hooklines und einprägsamen Melodien. Man bleibt meist unter der Vier-Minuten-Marke und so ist der Release äußerst gut zugänglich und die Band kommt absolut auf den Punkt. Rundum gelungen! Kommt als Digipak mit 12seitigem Booklet. ThEb (7,5)

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THE GRAND SHEEP
S/t CD
Landing Records


Recht coole progressive Alternative-Band aus Aschaffenburg, die sich allerhand Details, wie beispielsweise Orchestrierung, für ihre Songs ausgedacht hat und auch durch markanten Gesang Pluspunkte sammelt. Klingt als ob JUNO und Bruce Dickinson in einen Raum gesperrt wurden. Hört man so jedenfalls nicht alle Tage. Die hohe Stimme ist zwar erstmal gewöhnungsbedürftig, aber sie setzt sich durch und hat auch etwas Druck. Der Opener "Rise my darkness" ist jedenfalls äußerst gelungen und "Something different" glänzt durch fesselnde Gitarrenarrangements, die später Platz für einen bombastischen Refrain machen, der trotz der Eingängigkeit nicht cheesy rüberkommt. Respekt. Zugleich übertreibt man es, was die Theatralik bei den Vocals angeht manchmal. Nach fünf Songs beschleicht mich dann das Gefühl den ersten Song nochmal zu hören, denn alles liegt recht nah beieinander. Manch einer würde sagen, dass es aus einem Guss ist. Ich sehe es als Wiederholung. Der psychedelische Song "Shiny teeth" mit seinen THE DOORS/PINK FLOYD-Referenzen sticht ebenfalls aus dem Gesamtwerk durch Experimentierfreudigkeit hervor. Fazit? Ein Album auf hohem Niveau mit schrägen, aber interessanten Texten und wenn nächstes Mal noch mehr Abwechslung beim Gesang kredenzt wird und die Selbstzitate wegfallen, dann kann man sich uneingeschränkt auf den nächsten Longplayer freuen. Ein Geheimtipp für Progfans. ThEb (7,5)

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GRUSOM
S/t LP
Kozmik Artifactz


Aus Svendborg im schönen Dänemark kommen GRUSOM, ein Sextett, welches sich anschickt Fans von VIDUNDER, HORISONT, WITCHCRAFT und anderen schwedischen Classic Rock Combos langfristig in seinen Bann zu ziehen. Ähnlich wie bei VIDUNDER gibt es eine dominante Orgel und Peter Pørtner legt sich ziemlich ins Zeug, soviel steht fest. In "Come closer" jagt er in bester Jon Lord-Manier über die Tasten, während er sich in "Evil" sakral bis gloomy gibt. Angesichts dieses Songs regt sich die vermutung, dass die Band in letzter Zeit ordentlich DANZIG gehört hat. No objection. Durch den Organisten können GRUSOM jedenfalls zügig mit länger etablierten Band gleichziehen und selbst wenn das Cover abstoßend ist, die neun Songs sind phänomenal. Die Band distanziert sich aber relativ klar vom Metal, hier wird eher Heavy Blues der 70er gespielt und mit marginalen Doom-Einflüssen angereichert. Die LP ist in drei verschiedenen Farben erhältlich und wer GRUSOM lieber live sehen möchte, die Band spielt Anfang September beim Copenhagen Psych Fest. ThEb (8,5)

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HARMORAGE
Psychico Corrosif CD
harmorage.com


Diese französische Combo aus der Region um Lyon ist seit 2004 aktiv und hat eine deutliche Vorliebe für METALLICA und BLACK LABEL SOCIETY, wobei dies nicht allzusehr ins Gewicht fällt, da man durch die französischen Lyrics eben recht apart klingt. Die neun Songs sind darüber hinaus rifforientiert und es wird reichlich Gebrauch von pinch harmonics gemacht, ganz in Stile von Zack Wylde eben. "Sacrifié" ist eigentlich ein Paradebeispiel für die Songs der Band, denn während die Riffs und Gesangsmelodien simpel und geraderaus sind, gibt sich die Sologitarre äußerst verspielt und steuert etliche Facetten bei. Das Songwriting an sich ist dann in "Je condamne et j'accuse" stärker, da man das Tempo gehörig anzieht und damit kurze Zeit über die Ideenlosigkeit hinwegtäuschen kann. Auf die volle Spielzeit gesehen, passiert hier einfach zu wenig bzw. zu viel Vorhersehbares und selbst im Hard-Rock-lastigen "Aurore Boréale" wird alles durch etliche Breaks ausgebremst, bevor man wieder Fahrt aufnimmt und einen stilistisch völlig andersartigen Teil inklusive Heavy Metal Solo anfügt. Gerade mal Durchschnitt. ThEb (5,5)

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KIRKBINSINEK
Sis Pus Sus CD/LP
World In Sound


Exzellentes, türkisches Psychedelic/Progressive Rockquartett, das seit 2008 aktiv ist und nun sein Debüt vorlegt. Das lange Warten hat sich gelohnt, denn hier stimmen sowohl Songwriting, als auch Instrumentierung. Neben einem Violincello hört man auch noch etliche sphärische Effekte und "Oyun" klingt herrlich optimistisch, während die Band in "Kara Iplik" durch orientalische Elemente untersteicht, dass sie vom Bospurus stammt. Gerade diese, der Hörgewohnheit fremden, Elemente sorgen für ein Mehr an Spannung und wenn man die anfängliche Irritation ob der fremden Sprache mal hinter sich gelassen hat, wird dieses Album schnell zum absoluten Dauerbrenner. Gesang kommt recht minimal zum Einsatz und so konzentriert man sich auf die unberechenbaren instrumentalen Passagen, bekommt andererseits aber auch bereits bekanntes geboten, schließlich wildern Psychedelic-Combos seitr jeher gerne im arabischen Raum. "Sis Pus Sus" ist mit knapp 45 Minuten Spielzeit ein leicht zugängliches Album und der Bandname einem Bukowski-Gedicht entliehen. Das Album kommt als Digipak oder als Gatefold LP, wahlweise als goldenes Vinyl. Ein echter Geheimtipp, die müssen sich echt nicht hinter SAMSARA BLUES EXPERIENCE verstecken. ThEb (8)

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KING DUDE
Songs Of Flesh And Blood In The Key Of Light CD
Ván Records


Kult, Kult, Kult. Anfangs hatte ich so meine lieben Probleme mit der recht theatralischen Herangehensweise von TJ Cowgill und seinem Neofolk aber wer DEATH IN JUNE, ANCIENT WISDOM, MADRUGADA, frühe GHOST und Scott Kelly schätzt, der wird sich an diesem Album nicht satthören können. Thematisch wird hier Trübsal auf hohem Niveau geblasen, oder es steht wie in "Deal with the devil" eine Vendetta an. "Rosemary" ist dann ein Cold Wave Track mit einem einem gigantisch verzerrten Dick Dale-artigen Solo und Rock n' Roll-Piano im Hintergrund. Schlichtweg ein absolutes Highlight. Reduzierter und etwas optimistischer geht es dann in "Little bit of baby gonna make me wanna live again" zu, denn hier geht der Okkultrocker aus Seattle wesentlich filigraner zu Werke. Stilistisch ähnlich agiert er in "The heavy curtain" und neben einer dominanten Orgel wird hier etwas Tom Waits-mäßig. Rundum ein geniales Album, dürfte hier so um die zehn Mal rotiert haben und kam vor drei Tagen mit der Post an. Ist jetzt nicht gerade eine Stimmungskanone, der King, aber wer eine melancholische Ader hat, wird "Songs Of Flesh And Blood In The Key Of Light" tagelang hören, versprochen. ThEb (9)

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LAST AVENUE
Interrogation Protocol CD
Tinplho Records


Bei LAST AVENUE aus Frankreich wird Groove definitiv groß geschrieben, soviel steht fest, denn die Combo orientiert sich an FILTER, FEAR AFCTORY und WHITE ZOMBIE. Im Klartext heißt das, dass man Industrial-Metal spielt und bisweilen auf melodische Gesangslinien setzt, die oft an Burton C. Bell denken lassen. Zur Abwechslung jagt die Band die Vocals mal durch den Flanger, mal durch den Verzerrer und baut schräge Synthiesounds ein. Einige Songs zeigen zwar deutliche Tendenzen Richtung Stampfer, aber die guten Gesanglinien relativieren dieses Problem recht zügig. Ganze zwölf Songs sind allerdings echt viele für eine Band, die doch recht konsequent einem bestimmten Stil folgt. Highlight des Albums ist "Spying from the future" mit seinem gigantischen Refrain und guten Songwriting. Ebenfalls stark ist "The factory" mit seinen maschinellen Effekten. Kann man Genrefreunden durchaus empfehlen, rhythmisches wäre aber mehr Variation drin. Insgesamt aber schon eine starke Veröffentlichung. ThEb (7)

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LIVEWARE
Unity CD
Puppenstube Records


Irgendwie kommt hier Achtziger-Jahre-Flair auf, die Riffs sind total WHITESNAKE-mäßig und zu meiner Irritation muss ich feststellen, dass mir dass alles recht gut gefällt. Hatte die Band aber anders in Erinnerung. Eher proggy. Zwar stören mich aktuell die künstlich klingenden Keyboardsounds völlig ohne Sustain etwas, aber das Songwriting und die Soli funktionieren tadellos. Texte wie "tell the girls the band is back in town, they won't be sleeping tonight" ist schon ziemlich DEF LEPPARD/EUROPE/STEEL PANTHER-lastig und irgendwie so cheesy, dass man es beinahe abfeiern muss. Inwieweit bei LIVEWARE jetzt ironische Distanz zum Schaffen besteht, vermag ich nicht zu sagen, sei's drum, damit kann man eine gute Zeit haben. Seine Grenzen erreicht man dann mit der Powerballade "Live again", denn hier trägt die Combo eine Spur zu dick auf. Da kann geskippt werden. Schlussendlich bleiben die billigen Synthiesounds ein Ärgernis, da kann man doch bestimmt Organischeres hinbekommen und auch die Texte und das 80er Flair sind eben nur begrenzt unterhaltsam. Der Rausschmeißer "Far from heaven" ist dann etwas heavier, meiner meinung nach ein Türöffner für die Zukunft., nach diesem Muster könnte ein Longplayer funktionieren. ThEb (7)

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LEHNEN
Reaching Over Ice And Waves CD
Noise Appeal Records


Die beiden Österreicher und ihre zwei Mitstreiter aus den Vereinigten Staaten melden sich mit Album Nummer vier zurück und die Vorzüge fielen auch anderen Zines recht schnell auf, man bekommt hier atmosphärischen Postcore geboten, ohne dass man stundenlang auf Gesang oder Riffs warten müsste, denn LEHNEN gehen rasch in die Vollen, aber es gelingt ihnen trotzdem brilliant in "Immer Fremd" Entschleunigung und Atmosphäre zu generieren. Beim den anderen acht Songs gibt man sich zugegebenermaßen etwas mehr Zeit mit dem Aufbau, aber Ungeduldigkeit stellt sich beim Hörer definitv nie ein. "How's the tires" drückt vollkommen instrumental die größte Sorge des Reisenden aus, Ärger mit den Reifen, auch "Nightdrive, Mile high" ist der Straße gewidmet. Selbst wenn mir bei Titeln wie "Horsetooth" die Assoziationen dann ausgehen, funktioniert der Track, da er recht schnell mit PLACEBO-artigen Vocals untermauert wird. Ein schönes Album, welches die sphärische Note von ALCEST mit der Bodenständigkeit und dem organischen Drumming von DEATH CAB FOR CUTIE verbindet. Für Sammlernaturen ist der Release auch in einer limitierten Auflage von 300 Stück als koloriertes Doppelvinyl erhältlich. ThEb (7)

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MUTOID MAN
Bleeder CD
Sargent House/Cargo


Steve Brodsky von CAVE IN tat sich mit CONVERGE-Drummer Ben Koller zu Spaßzwecken zusammen und was eigentlich als bloßer Zeitvertreib gedacht war, führte bereits zu einem 6-Track-Release und dem aktuellen Album "Bleeder". First world problems, hah? Wie das Album klingt? Der Anfang von "Soft spot in my skull" kommt den Songs von "Antenna" ziemlich nahe, dann wird der Track aber nach allen Regeln der Kunst zerlegt, d.h. Highspeed-Parts und chromatische Läufe in Übertempo führen die Melodie ins Abseits. Ähnlich steht es mit "Deadlock", m Track, der extrem nach CONVERGE und THE DILLINGER ESCAPE PLAN klingt. Der Rausschmeißer "Bleeder" ist dann wieder so ein genialer, melodischer Track, dem man kaum widerstehen kann und selbiger wird nichtmal dekonstruiert, sondern ernnert angenehm an späte CAVE IN. Unterhaltsam und streckenweise brilliant, aber an die Großtaten der Haupcombos kann und will man nicht rankommen. ThEb (8)

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NAÏVE
Altra CD
naive.bandcamp.com


Neuerdings scheinen die Franzosen auf dem DEFTONES-Trip zu sein, selbst wenn dieser Vergleich jetzt natürlich etwas kurz greift, denn NAÏVE erinnern mich in "Mother russia" auch etwas an EMBODYMENT oder DREDG. "Monument size" geht dann eher perkussiv zu Werke und klingt in seiner Vertracktheit ein wenig nach GOJIRA, was nun wirklich nicht verkehrt ist und eben auch den Facettenreichtum von NAÏVE belegt. Insgesamt bleibt bei all der Vertracktheit doch das Songwrting ein wenig auf der Strecke, bzw NAÏVE gehen zunächst recht durchschaubar ans Werk und nur in Ausnahmefällen wie in ""Surge" und "Altra" kann man den Hörer wirklich fesseln. Die atmosphärischen Tracks funktionieren also wunderbar, die Wechselspiele zwischen brachial und sanft mag ich persönlich jetzt nicht so sehr. Insgesamt trotzdem, gerade gegen Ende ein tolles Album. Ich denke, die Band wurd sich entscheiden müssen, wo sie nun genau hinwill. Aktuell bewegt man sich zwischen sehr verschiedenen Genres. ThEb (6,5)

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OPHITE
Basic Mistakes CD
soundcloud.com/ophite


Wie klingt denn Grunge-Blues-Rock? Im Falle des Pariser Quartetts OPHITE hat es beinahe etwas Entrücktes, denn man meint in "Somebody take me surfing" TRICKY und Alana Amram & the Rough Gems zugleich verorten zu können, später frönt man Blues-Standards, wie in "My pretty columbine" und zeigt, dass stilistisch alles offen ist. Mein persönlicher Favorit hingegen ist "The catacombs of happiness", ein Offbeat-Smasher, der durch den fantastischen Gesang von Marie Portier erst richtig wirkt und gegen Ende schön chaotisch und rhythmisch gegenläufig wird. Wow. RADIO 4 meets PRETTY GIRLS MAKE GRAVES. Als Bonus gibt es einen Clip zu "Pheonician Sailors", welches wieder die Reggae-Vibes aufgreift. Eine vielversprechende Combo. ThEb (8)

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THE PRESTIGE
Amer CD
Imminence Records/Bad Mood Records


Chaotischer Hardcore aus Frankreich, der bisweilen auch dezent atmosphärisch geprägt ist, im Großen und Ganzen aber eher den heftigeren Momenten von CULT OF LUNA nacheifert. Die elf Songs sind unheimlich dynamisch und bringen eine Menge Energie mit, so dass man sich das Album problemlos zwei Mal hintereinander anhören kann, ohne dass sich Ermüdungserscheinungen einstellen, was ich dann auch prompt gemacht habe. Das Pariser Quartett hat sich auch beim Artwork nicht lumpen lassen und präsentiert ein Stillleben, welches die Italiener ja recht passend mit natura morte titulieren. Elf Songs, die sich irgendwo zwischen Noiserock á la GODFLESH und wütendendem Hardcore der Marke ANCHOR bewegen. Textlich ist miese Laune angesagt und Zeilen des Liebesfrustes wie "we rot in a bed of roses". Angesichts der Durchschlagskraft und der Tatsäche dieser nicht gerade alltäglichen Fusion sei die Band Genre-Fans wärmstens an Herz gelegt. ThEb (8,5)

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Q BOX
Black Orleans CD
Hell Awaits Records/Radar Music/In Bloom Publishing


Die Bayern selbst beschreiben ihren Stil als eine Fusion von Hardrock, Heavy Metal sowie Stoner und dem ist eigentlich wenig hinzuzufügen, außer dass man manchmal mit Glam- bzw. Schweine-Rock kokettiert. Ein überraschend gutes Album, hätte ich nicht gedacht. "Awkward bloom" ist mir dann etwas zu refrainorientiert, aber generell hört man während der Strophe raus, dass bei diesem Quartett auch mal gerne Hetfield und co auf der Anlage laufen. In den seichteren Momenten sind es dann wohl eher NICKELBACK, aber ein Track wie "Sleeping God" entschädigt für derartige Weichspüler-Affinität. Ein kraftvolles Album mit reichlich Wumms, guter Produktion und etlichen eingängigen Gesanglinien und feinen Hooks. ThEb (7)

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SMASH HIT COMBO Playmore CD SlamDisques/Dooweet

Djent/Crossover mit französischen Rap-Lyrics und vereinzelten melodischen Singalong-Refrains. Elf Songs, die von dem äußerst modernen Bassdrum-Sound leben und eben Rap und Djent verbinden, was irgendwo innovativ ist, aber natürlich nicht jedermanns Sache sein wird. Rein objektiv macht die Combo ihre Sache gut, in "Baka" denkt man stellenweise an LIMP BIZKIT. Auch was den Bekanntheitsgrad angeht, scheint das Sextett keine Probleme zu haben, denn Hits im fünfstelligen Bereich bei You Tube sind generell wohl nicht verkehrt. Mag allerdings daran liegen, dass man sich in den Clips recht Cosplay- und Videospielaffin präsentiert. Gemastert wurde das Album von Magnus Lindberg (CULT OF LUNA) und die Band scheint auch viel zu touren. Handwerklich stimmt also alles, der Rest ist Geschmackssache. ThEb (6)

Text?

TITUS ANDRONICUS
The Most Lamentable Tragedy 2CD
Merge Records/Cargo


Bei dem Namen hätte ich eher modernen Emocore erwartet, aber ich hatte nochmal Glück, auch Punkrocker mögen scheinbar Shakespeare-Dramen. Die Combo ist seit 2005 unterwegs und auf dem viertem Album der Band trifft Irish Folk auf Joe Strummer und RANCID, Rotz und Straße auf Intelligenz. So weit , so gut. "Lonely boy" huldigt dann THE CLASH, genauer gesagt deren "Jimmy Jazz" und ist damit äußerst erfolgreich, was mit so das größte Kompliment ist, welches man einer Combo machen kann, oder? Flankiert werden derartige Großtaten von Krachern wie "Look alive", in denen einfach mal eine knappe Minute durchgebolzt wird. Scheint für die Amerikaner das Natürlichste der Welt zu sein. Ob ein Doppelalbum jetzt unbedingt der Weisheit letzter Schluss war, mögen andere entscheiden,aber Patrick Stickles und seine Mannen schlagen sich selbst auf voller Länge äußerst respektabel, wie "Fatal flaw" auf CD zwei eindrucksvoll belegt. Value for money ist auf jeden Fall gegeben, denn 90 Minuten gibt es sonst nur bei G N' R. Bei Bedarf auch als Triple CD erhältlich, der Coversong "A pair of brown eyes" von THE POGUES ist aber überall drauf. ThEb (7)

Text?

THE VIEW ELECTRICAL
Roseland CD
Hummus Records


Ätherischer Dreampop mit Wave-Anleihen aus der Schweiz, genauer gesagt Lausanne. Die zwölf Songs werden Fans von DEATH CAB FOR CUTIE, POSTAL SERVICE oder BEACH HOUSE definitiv zusagen. Meist flüstert man sich unprätentiös und leichtfüßig durch die Lieder, deren Magie sich bereits beim ersten Hören andeutet, aber en gros handelt es sich eher um Grower, als um unmittelbar durchschaubare Instant-Hits. Dafür ist ein Song wie "Death and the young man" einfach zu komplex und abwegig; allein diese verhaltene Gesangslinie muss man erstmal durchschauen. Dann folgen Choräle, aus der Distanz hört man eine Gitarre durch Hallschwaden dringen und gegen Ende folgt ein phänomenal-nostalgisches THE SHADOWS-Outro. Ein subtiles Album, verhalten bis an den Punkt, wo man dem Sänger in den Arm kneifen möchte. Schön, aber die richtigen Gesangslinien fehlen mir etwas. Auch THE STATIC AGE möchte ich mal als Vergelich heranziehen, denn obwohl die Vocals bei denen auch sehr reduziert sind, zünden die Songs besser. THE VIEW ELECTRICAL sind jedenfalls ganz nett und haben Potential für mehr. ThEb (6,5)

Text?

VORON
Propaganda CD
Dooweet


Der Gesamteindruck bei VORON ist ein recht moderater, die Band zockt einerseits Djent, liebäugelt aber auch mit elektronischen Wavesounds aus dem Computer und lässt einen halbärschig growlenden Sänger drüberbrüllen. Hier handelt es sich also nicht um die Black Metal Band aus Rom, sondern um eine französische Gruppe. Aber zurück zu "Propaganda", letztlich läuft es darauf hinaus, dass hier querbeet alles geboten wird und Stilbruch sozusagen Programm wird. Obwohl ich ein großer Freund von Facettenreichtum bin, sind mir russische Chöre, die auf klassische Elemente treffen einerseits, und orientalische Einflüsse, die man mit PANTERA-Riffs kombiniert andererseits, echt zu viel des Guten. Mit den Soli hältm an es ähnlich, diese sind entweder traditionelle Hardrock-Soli oder skalenorientiert. Kurzum, alles wird kombiniert. Für den Hörer macht das die Orientierung schwer bis unmöglich. Wiedererkennungswerte? Fehlanzeige. Die Jungs scheinen sympatisch und engagiert zu sein, aber "Propaganda" ist eine völlig überflüssige Veröffentlichung. Als Gäste hört man Musiker von T.A.N.K. , ARKAN und MADONAGUN. ThEb (3)

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WAYNA PICCHU
Muchachita CD
Fump Records/ Tap Water Records


Peruanische Folklore mit Panflöte ist jetzt eigentlich nicht so mein Ding, da südamerikanische/spanische Musik sich nicht mit meiner Temperamentlosigkeit in Einklang bringen lässt, aber das Sextett um die Brüder Horlando, Ruben und Santos bietet ein abwechslungsreiches Oevre und der Titelsong geht sogar in Richtung Samba. Horlando verstarb 2014 leider an Krebs und so ist das aktuelle Album ihm gewidmet. Die für die Anden typische Flöte spielt aber keine extrem dominante Rolle, denn auch die Percussions kommen zu ihrem Recht und sowas wie Rap und Toasting darf auch mal stattfinden. In "Oh naturaleza" experimentiert man kurz mit Autotune obendrauf hört man Vogelgezwitscher, also wer da nicht entspannt wird, braucht echt Urlaub. Kubanische Klänge in "Anoche" untermauern dann nochmal die Universalbegabung der Band, was spanischsprachige Genres betrifft. Handwerklich bemerkenswert, auch "Solo solo" welches den Gesang ins Zentrum stellt, ist absolut überzeugend und dürfte den größten Skeptiker zum Schweigen bringen. Ich denke seine Brüder und die anderen WAYNA PICHHU-Mitglieder haben Horlando hiermit würdig verewigt. ThEb (7)