Den Credits nach ist Nico der Hauptsongwriter.
Heißt das alle Songs sind bereits fertig, wenn
ihr euch im Proberaum trefft, oder wie muss ich mir das vorstellen?
Nico: So in etwa kann man sich das vorstellen.
Die anderen nennen mich auch liebevoll den
"Band-Diktator".. Ganz so schlimm ist es aber nicht. Es ist auf jeden Fall jeder zufrieden mit seiner Rolle. Hoffe ich doch?!
Ihr habt auf eurem Debüt elf epische Songs mit
rund 40 Minuten Spielzeit. Wurde vorher einiges
aussortiert, oder findet man beinahe euer
gesamtes Schaffen auf dem Album? Wie habt ihr es
geschafft bei eurer langen Bandgeschichte eine Auswahl zu treffen?
Nico: Unser Album ist schon eine Art "Best-Of".
Aus ca. 20 Songs haben wir die 11 ausgewählt,
die uns vor allem live am meisten Spaß machen,
weshalb es auf unseren Konzerten auch das komplette Album zu hören gibt.
Musikalisch hab’ ich euch ohne Gewissensbisse
in die Emocore-Ecke gepackt, wobei auch viele
britische Elemente in euren Songs auftauchen.
Allerdings seid ihr für eine Sozialisation mit
THE GET UP KIDS und JIMMY EAT WORLD mit Anfang
Zwanzig eigentlich zu jung. Also, wie seid ihr
tatsächlich zu eurem Sound gekommen?
Nico: Schuld an unserem Sound ist auf jeden Fall
der 2000er US-Post-Hardcore mit Bands wie At The
Drive-In, As Cities Burn, Circa Survive, Finch,
Moving Mountains, Thrice oder Thursday. Der
britische Einfluss kommt wahrscheinlich u.a. von
der Band Second Monday, die mit 'Imagery' ein
grandioses, aber leider unbeachtetes Album
veröffentlichten. Jimmy Eat World habe ich aber
auch schon immer ganz gerne gehört...
Euer Album ist eine echte do it
yourself-Scheibe, denn Produktion, Mix und
Artwork habt ihr selbst in die Hand genommen. Wo
ist dennoch etwas Hilfe vonnöten, bzw. wovon lasst ihr lieber die Finger?
Marvin: Bei der Produktion von "Absence Makes
The Heart Grow Fonder" haben wir tatsächlich
außer dem Mastering alles selbst in die Hand
genommen und haben aber auch gelernt, dass das
nicht unbedingt der beste Weg sein muss.
Alleine, dass Nico die ganze Arbeit von Aufnahme
und Mixing auf sich genommen hat und
gleichzeitig aber noch kreativ Einfluss auf die
Songs nehmen musste, ist sicherlich eine große
Belastung und fördert im Endeffekt manchmal mehr
Frust als den Spaß an der Sache.
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In Zukunft
hoffen wir, uns nur noch auf den kreativen
Prozess bei der Aufnahme konzentrieren zu müssen
und für die restlichen Aufgaben jemand anderes
zu engagieren. Aber so viel Einfluss auf das
Endprodukt zu haben hat natürlich auch große Vorteile!
Nico: Eigentlich war es gar nicht unser Plan,
alles selbst in die Hand zu nehmen. Allerdings
fanden wir irgendwann heraus, dass wir bereits
so eine genaue Vorstellung davon hatten, wie das
Album klingen und gemixt sein sollte, dass es
dann doch der sicherste Weg war, um wirklich zufrieden zu werden.
Nico, du produzierst auch noch zahlreiche
andere Bands, was hast du schon aufgenommen und
setzt du auf analog, oder doch eher auf moderne
Methoden? Du studierst auch die Materie. Siehst
du Studioarbeit als zweites Standbein, oder eher die Band?
Nico: Momentan bin ich in einer ganz anderen
Richtung unterwegs und produziere das
Electro-Pop-Projekt 'Dream Girl' aus Toronto
(dreamgirlwhatever.tumblr.com).
Danach werde ich mich aber wieder lauten
Gitarren widmen, u.a. der zweiten Platte von
'Aldo Raine'
(www.facebook.com/aldorainedoom).
Ich bin mit 22 natürlich noch relativ am Anfang
meiner "Karriere", aber irgendwann von Musik
leben zu können, sei es als Produzent oder
Künstler, wäre ein Traum und ist mein absolutes
Ziel! Auf meiner Facebook-Seite darf natürlich
auch reingeschaut werden:
www.facebook.com/vetternico
In Düsseldorf passiert, was Konzerte angeht,
inzwischen viel mehr als noch zur Zeit eurer
Bandgründung 2009. Vor allem die Bandbreite hat
zugenommen. Einige neue Veranstaltungsorte
beleben auch die gesamte Szenerie und
altbekannte Institutionen müssen sich nun auch
wieder mehr ins Zeug legen. Günstige Zeiten für Bands?
Marvin: Das ist sehr schön zu sehen, dass sich
in der Richtung in Düsseldorf wieder vermehrt
was tut, aber trotzdem oder gerade deswegen sind
es wohl eher schwierige Zeiten. Denn so schön es
auch für den Musikinteressierten ist, eine
breite Auswahl zu haben, wird es jedoch für den
Musiker scheinbar umso schwerer, da irgendwann
einfach ein Überangebot an Veranstaltungen
herrscht und das Publikum sich so auf viele verschiedene Konzerte verteilt.
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Dass sich dadurch einige Probleme ergeben,
stellen wir vor allem bei unserer Tourplanung
fest. Es ist unglaublich schwer geworden, als
eher unbekannte und nicht lokale Band an
Auftritte zu kommen, da Veranstalter
verständlicherweise die Angst haben, dass nur
wenige diese Konzerte besuchen. Dazu kommt
natürlich auch, dass es heute viel einfacher
geworden ist eine Band zu gründen. Dadurch
bekommen die Clubs auch sehr viel mehr Anfragen,
aus denen es schwerer geworden ist zu filtern,
wer ihnen zusagt. Da beeindrucken z.B. ein
Musikvideo oder bisherige, größere Auftritte
sehr stark. Die Messlatte, um an gute Auftritte
zu kommen, ist also heute, würde ich sagen, eher höher angelegt.
Nico: So sehr haben wir diese Veränderungen
nicht zu spüren bekommen. Toll ist aber auf
jeden Fall, dass im Pretty Vacant und The Tube
öfters Livemusik geboten wird. Und wir freuen
uns schon auf unseren Auftritt am 25.8. bei der
neuen Konzertreihe MUSIKZIMMER im Con-Sum in D'dorf-Flingern.
Ganz ehrlich, wie kommt man denn an einen Slot
beim Open Source Festival auf der Düsseldorfer
Trabrennbahn? Immerhin haben letztes Jahr sogar
THE EDITORS dort gespielt. Ist doch auch für
euch eine größere Sache gewesen, oder?
Marvin: Der Slot auf dem Open Source Festival
war schon ein echter Glücksfall und wir haben
uns auch tierisch darüber gefreut mal endlich
auf einem größeren Festival spielen zu dürfen
und ein bisschen die Luft der großen schnuppern
zu dürfen. Bitte bald mehr davon!
Nico: Wir haben uns riesig gefreut, dieses Jahr
dabei gewesen zu sein. Wir wurden direkt vom
Festivalteam aus gebucht, was eine angenehme
Abwechlung zu sonstigen Festivals ist, bei denen
man sich oft durch mühsame Voting- und Contestverfahren kämpfen muss.
Ihr habt etliche Shows für die nächsten Monate
geplant, was steht noch an Produktionen an und
wo soll der Schwerpunkt für die Band liegen?
Nico: Gerne würden wir endlich mal eine
zusammenhängende Tour zu spielen. Musik- und Livevideos sind auch in Planung.
Marvin: Wie schon gesagt würden wir sehr gerne
öfter bei größeren Events und Festivals spielen,
weil es einfach nochmal ein ganz anderes
Erlebnis ist und wir uns natürlich auch einem
viel größeren Publikum präsentieren können. An
neuen Songs haben wir schon ein paar neue
Kandidaten in der Mache, aber eine ausgereifte
Vorbereitung auf das nächste Album ist das noch
nicht, die startet wohl eher nächstes Jahr!
Thomas Eberhardt
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