WITH LOVE, April 2014-Reviews

April 2014

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BAK XIII
In Omnia Paratus CD
Tenacity Records


Was ist diesen Monat los? Folk, Hip Hop, Hard Rock und jetzt noch Gothic-Wave-Breakbeat mit französischen Vocals? Okay, bevor ich jetzt unprofessionell werde, sage ich mal, dass BAK XIII sicherlich was für COMBICHRIST-Fans sind und die meisten Songs auch in Englisch sind. Leider wird "Oh no" aber recht schnell mainstreamig und die Synties sind mir eigentlich zu happy. Eigentlich mag ich's ja eher düster so à la VNV NATION, aber BAK XIII, die seit 2003 aktiv sind, sind doch recht mitreissend. Generaleinspruch bleibt die Happiness, das muss nicht sein, wogegen ein Track wie "Eternal Joy" echt in Ordnung geht, eben weil er kurz VNV NATION ins Gedächtnis ruft und auch noch Industrial-Gitarren integriert. Leider wird der düstere Vibe nicht durchgezogen, dafür gibt es aber smarte gesellschaftskritische Texte. Dieser Release zeigt mal wieder wie nahe Genialität und Peinlichkeit in der elektronischen Musik beieinanderliegen, aber BAK XIII umgehen viele Fettnäpfchen. Handwerklich gut gemacht, aber echt eine Spur zu harmonisch. ThEb (6)

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Laurin Buser
Nachtaktiv MCD
Deepdive Music/Believe Digital


Buser ist erfolgreicher Slam Poet, Rapper und Schauspieler aus Basel und wenn man "Nachtaktiv" zum ersten Mal hört, muss man unweigerlich an "Lauschgift" oder "Bambule" denken, denn auf dem Debüt fusioniert Buser die flüssigen und wortreichen Songs der FANTASTISCHEN VIER mit den Soul/Swing-Vibe von ABSOLUTE BEGINNER. Ein weitere Brückenschlag wäre der Output von Zach Records, die ebenfalls aus der Schweiz stammen und mit … auch einen Spoken-Word-Genie vorzuweisen haben. Sieben Songs, deren Trueness ich jetzt nicht bewerten kann und will, weil's eben nicht meine Szene ist, aber fest steht, dass Laurin Buser eher verkopft an die Sache herangeht und ein recht intelligenter Texter ist, der damit aber sicherlich entgegen aktueller Trends arbeitet. Kommt als Digipak und auch inklusive der Texte. Bin gespannt, ob sich hier etwas wie Mainstreamerfolg einstellen wird. ThEb (7)

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ELEPHARMERS
Weird Tales From The Thrid Planet CD
Go Down Records


Ob Name und Gesamtkonzept jetzt sinnig sind, entscheidet am besten jeder für sich, musikalisch aber ist das Trio mit seinen neun Songs wirklich über jeden Zweifel erhaben. "Endless summer" wurzelt in FREEDOM HAWK-Riffing, kombiniert diese aber mit Billy Corgan-Vocals, was auch ganz hervorragend funktioniert und wird gegen Ende noch schön psychedelisch. Spätestens mit besagtem Track platzt der Knoten und die Eigenwilligkeit der ELEPHARMERS wird deutlich. "The valley" versprüht zuerst SABBATH-Charme, mündet dann aber in ein Funkriff. Bevor jetzt Blasphemie-Rufe lautwerden, sei an Songs wie "Rat Salad" und "Evil woman" erinnert, die Fusion ist zwar gewagt, aber den Italienern gelingt hier echt ein eigenständiger Song, der sich von vielem in der Stonerszene emanzipiert. "Dragonfly pilot" und "Tiger mozquitos" liebäugeln schließlich mit Wüstenrock und insgesamt ist "Weird Tales From The Thrid Planet" echt ein unheimlich starkes Debüt geworden, selbst wenn mancher bemängeln wird, dass der Tieftöner fehlt. Die beiden Gitarristen geben sich aber alle Mühe diese Lücke zu schließen und da sie nicht gerade in standard tuning sind, sind sowieso reichlich Bässe vorhanden. ThEb (7)

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THE GRAVIATORS
Motherload CD
Napalm Records


Mächtig hohe Erwartungen dürften die meisten haben, was das neue Album der GRAVIATORS angeht. So ist es jedenfalls bei mir der Fall, schlichtweg weil das selbstbetitelte Debüt und auch "Evil Deeds" hier rauf und runter liefen und ich die Alben göttlich finde. Nach mehrmaligem Hören entdeckt man dann auch die Perlen auf "Motherload", obwohl gerade die ersten zwei Lieder nur gesundes Mittelmaß sind. Dann hebt man mit "Bed of bitches" und "Tigress of siberia" das Niveau deutlich an. Besonders bemerkenswert ist noch "Drowned in leaves", welches nach knapp fünf Minuten das bietet, was man von den Schweden erwartet, nämlich doomige Riffs, die typisch-überdrehten Vocals, psychedelische Momente und ein Gitarrensolo das jeden Musiker neidisch werden lässt. "Eagles rising" ist dann ein recht typischer Doomsong, der sich aber mit Effekten auf den Vocals etwas von der Masse absetzt und auch eine Melodie integriert, die man sich später debil nachsummen hören wird, zugleich ist das Lied gegen Ende aber etrem düster. Die Neuauflage von "Druids ritual" könnte mancher als Anzeichen schwächelnder Kreativität werten, aber trotz der Neuaufnahme des fast vierzehn Minuten langen Songs ist "Motherload" insgesamt ein gutes Album geworden. Punktum. ThEb (8)

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Finn Nelé
Lark CD
In Bloom Records


Blues ist der gemeinsame Nenner aller Songs auf dem Debüt von Finn Nelé aus München. Schon der Opener "I saw the light" mit seinen eigenwillig-kauzigen Vocals überzeugt und das obwohl man weder Drums noch Bass hört, denn Finn Nelé setzt ganz auf die reduzierte Schiene. Der Titelsong erinnert mich mit seinem filigranen Picking dann etwas an Conor Oberst und was anfangs erstmal bemüht wirkte, entfaltet sich zu einer Scheibe, die viele positive Assoziationen hervorruft, ohne dass hier abgekupfert würde. Gesanglich kann man durchaus von einer Light-Version von Waits sprechen, denn "Stumblin' around" ist schon eher Varieté meets Stortelling als nur gesangliche Darbietung. Der Track ist auch ein deutliches Aushängeschild von "Lark". Einfach erstaunlich, dass Finn Nelé ganz ohne Tamtam und maximal durch Schellenkranz-Unterstützung bestehen kann und dass obwohl seine Songs kantig, schroff und dann wieder einlullend sind. ThEb (7)

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PRINZ CHAOS
TsunamiSurfer CD
Sturm & Klang/Alive


Politisches Songwritertum hat schon bessere Zeiten gesehen, aber das Label von Konstantin Wecker schafft es immer wieder aktuelle Künstler zu finden, die genüsslich ihren Hohn über die Gesellschaft, Lobbyismus und Militarismus auskippen, aber trotzdem konstruktiv bleiben. Ratzinger bekommt mit "Papamobil" zwar noch eine Spotthymne mit in den Ruhestand geschickt, aber die zwei Bookletseiten voller fiktiver päpstlicher Irrfahrten durch Berlin, inklusive Besuch am SO 36, sind einfach zu schön, als dass man sich beschweren möchte. Das Album hat aber durchaus auch seine ernsten Momente, so besingt Prinz Chaos II. in "Schwarzer November" den Tod der Liedermacher Franz Josef Degenhart, Georg Kreisler und Ludwig Hirsch und gibt damit auch seine musikalischen Ziehväter preis. Insgesamt hat mir das Album programmatisch zu wenig mit "TsunamiSurfer" zu tun, denn trotz des schrillen Covers, steht Prinz Chaos schon in einer Tradition, die eher an Reinhard Mey denken lässt, und dass, obwohl er natürlich auch eine schrille Seite hat und auch seine Homosexualität detailliert zum Thema macht. Kurzum, eigentlich verdient Weckers Label Kulturförderung, denn wie die bisherigen Alben hat auch der aktuelle Release von PRINZ CHAOS II Witz und Köpfchen zugleich. Darüber hinaus bleiben die Lieder im Ohr. ThEb (7)

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QUI
Life Water Living CD
Cobraside/Cargo


Wie sagte Lenny Kaye beim Roadburn so schön: "definitions define limits", wieso QUI also ein Label aufdrücken, wenn sie einfach nur herrlich schräg sind? "Live Water Living" klingt ein wenig nach MEAT PUPPETS und "Mucho Sex America" knüpft eher an späte FAITH NO MORE und spinnerte Mike Patton-Experimente an, da man den Hörer durch unvorhersehbare und halsbrecherische Riffcanyons jagt. Konträr dazu ist "Awkward human interest" ein echt relaxter Song, der dank Mehrstimmigkeit beinahe radiofreundlich ist. Danach triumphiert wieder die Schrägheit, denn "You're a girl" setzt auf ansteigendes Riffing, drumrolls und reichlich disharmonische Untertöne. "Boogie down disappointment" stellt den Bass in zentrum und lässt auch deutlich werden, dass QUI auch die ein oder andere Jazz-Platte im Regal haben werden. In Summe echt was für Fans, die das Unkonventionelle an Bands wie SNACKTRUCK, THE PAPER CHASE und KARATE schätzen und auch mal Backups von Dale Crover (MELVINS) hören wollen. Verrücktes Duo, welches oft ohne Verzerrung spielt, sich aber trotzdem der Aufmerksamkeit des Hörers sicher sein kann, selbst wenn Ex-Sänger David Yow (THE JESUS LIZARD) nicht mehr mit von der Partie ist. Dafür hat er sich um's Artwork gekümmert, hat doch auch was. ThEb (7,5)

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RAGE OF SOUTH
I See, I Say, I Hear CD
Red Cat Records


SLIPNOT sind hier der Haupteinfluss und ich werde mich hüten schlecht über die Combo aus Iowa zu schreiben, da ihre Mitglieder mit tragischer Regelmäßigkeit ihr Leben für die Sache hingeben. Trotz der klaren Neunziger-Zentrierung und etlichen KORN-Verweisen beim Gesang, kann man RAGE OF SOUTH auch keinen Strick draus drehen, denn "Silence" fängt ganz gut die Atmosphäre von Songs wie "Shoots and ladders" ein, selbst wenn er nahe am Original hängt. Darüber hinaus haben die Italiener aber etliche coole Kniffe in Petto, als da beispielsweise die vertrackten Songstrukturen in "Prayer" wären, die etwas an DISTURBED erinnern. "Run away" verbindet dann Grunge und arabisch anmutende Gitarrenriffs, was mancher vielleicht noch als Crossover kennt. Eines ist klar, Zeitgeist und Aktualität sind keine Kategorien für RAGE OF SOUTH, aber wenn bei "Run away" der schnelle Part einsetzt, der echt höllisch nach ALICE IN CHAINS klingt, dann denkt man sich, egal, die Band ist gut, die Drums grooven, die Songs sind komplex und "That fear about me" zeigt nochmal, dass was in den Neunzigern als innovativ galt heute nichts an Zugkraft verloren hat. Für Genrefans echt Glücksgriff, für alle anderen ein Anschwimmen gegen die eigenen Vorurteile, welche man nach elf Songs überwunden hat. ThEb (7)

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REVENGE
Survival Instinct CD
Fuel Records


Diese italienische Band wurde 1981 gegründet und tatsächlich hört man neben dem konventionellen Hardrock auch einige NWOBHM-Einflüsse, allerdings sind die Vocals doch eher POISON-lastig. Was mir besonders gut gefällt, sind auf alle Fälle die Produktion, die jedes Instrument gut abbildet und trotzdem erdig klingt. "Survival Instinct" klingt von der Gitarre her etwas nach Zakk Wylde und selbst wenn die Drumbeats manchmal etwas cheesy sind und die Vocals von "Crazy nights" dem in nichts nachstehen, wundert man sich doch, dass da in den Achtzigern nichts lief, denn spätestens während der Glam/Jon Bon Jovi-Ära hätten REVENGE echt Erfolg haben müssen. Sei's drum, wer mit besagten Stilen was anfangen kann, oder auch einfach mal dem Zeitgeist entfliehen will, darf hier gerne reinhören. Ist reine Geschmacksache, denn musikalisch sind die vier Herren echt über sämtliche Zweifel erhaben. "Can't hold me down" macht wieder den POISON-Vergleich offensichtlich, denn der Refrain ist schon recht nahe an "Nothing but a good time". Zehn Songs, die in jeder Rockerkneipe bestehen können. ThEb (7)

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ROCKEFELLER JUNIOR
Celebration Urban Alienation CD
Tschin Bumm Records


So sehr ich den Ansatz von Thomas Gartler auch schätze, so unzureichend wird er hier umgesetzt. Nach der Bandzeit im Alternative/Grunge-Bereich, versucht er es nun als Solokünstler, aber erst beim dritten Song "Faster" stellt sich sowas wie wohlwollende Aufmerksamkeit ein. Alles was zuvor steigt, ist recht dröge und unspektakulär. Mit "Leave this town behind" kommt Gartler teilweise aus der Talsole heraus, aber es gibt einfach massenhaft bessere Singer/Songwriter-Alben. Dass man größtenteils ohne Drums auskommen muss, macht die Sache nicht unbedingt spannender. Insgesamt wirken Songs mit Verzerrung wie "Someone else" stärker als die akustischen Counterparts, aber eigentlich liefert der Wiener hier zu wenig. ThEb (5)

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RORCAL
Világvége CD
Cal Of Ror/SickManGettingSick Records/Lost Pilgrims Records


RORCAL aus der Schweiz sind bereits seit 2006 aktiv und neben dem Debüt "Myrra, Mordvynn, Marayaa" und ihren Zweitling "Heliogabalus", einem Konzeptalbum über die Ausschweifungen des römischen Kaisers Marcus Aurelius Antoninus, und drei Splits (mit SOLAR FLARE, PROFOND BARATHRE und MALVOISIE, KEHLVIN) folgt nun das dritte Album. Trotz des Doom-Backgrounds ist der aktuelle Release etwas temporeicher als die Vorgänger. Die Vocals bleiben aber fieses slow-motion-Gekeife und irgendwie sind TERRA TENEBROSA gar nicht so weit vom Sound von RORCAL entfernt. Der zweite Song "D" schlägt schon mit fast zehn Minuten zu Buche, bleibt aber kurzweilig. Sein Nachfolger "II" macht dann deutlich, dass RORCAL inzwischen auch für Black/Death-Songs zu haben sind und "V" setzt dem ganzen noch die Krone auf, denn hier gibt es Gedresche und apokalyptischen Metal in Reinkultur. Kein Wunder, dass eines ihrer Shirt-Designs im DARKTHRONE-Stil gehalten ist, diese Songs huldigen Nocturno Culto und Fenriz eindrucksvool. Stellt sich die Frage, ob es nun nach acht Jahren bei RORCAL mit dem Doom vorbei ist. Jein, denn "IV" fusioniert Black Metal und Doom zu einem Track, der Fans beider Genres einen Kick geben dürfte. Insgesamt kann man wohl sagen, dass RORCAL aktuell viel facettenreicher sind als noch vor ein paar Jahren und mit "Világvége" bestimmt viele Black/Deather beeindrucken werden können, wenngleich der Vierer weiterhin viel zu extrem für ein breiteres Publikum ist. Unbedingt antesten! ThEb (8)