Was muss man beachten, wenn man so ein räudiges Album wie ihr aufnehmen möchte. Im Klartext … ihr habt doch erstmal sämtliche Notenständer im Studio verbrannt
und dann die Fenster vernagelt, wie in Night of the living dead, oder?
Noten...was? Wir haben uns zusammen mit Björn Brodner von 7 Klang dazu entschlossen Live aufzunehmen um einen organischen Sound zu bekommen. Kleine
Unsauberkeiten, Störgeräusche, das Ganze sollte eine große wabernde Masse sein. Wir haben uns mit einem Click vorbereitet, bei der Aufnahme selber aber keinen verwendet. Wir hatten das
Tempo im Gefühl. Noch mal Gitarren doppeln, Gesang aufnehmen, das war's. Wir sind sehr zufrieden damit, denn es ist ziemlich nah an unserem Live Sound dran. Danke an 7 Klang.
Ihr scheint viele Shows zu spielen. Wie viel macht ihr denn so pro Jahr und nutzt ihr die Netzwerke, die die Stoner/Doom-Szene so zu bieten hat,
oder spielt ihr eher mit Bands, die bei euch aus der Gegend kommen?
Es geht, dürfen gerne noch mehr werden. Dieses Jahr waren es im Schnitt 2-3 pro Monat. Wir lernen Bands und Verantwortliche kennen knüpft so Kontakte. Wir
versuchen möglichst viel außerhalb von Lippe zu spielen. Ab und zu veranstalten wir eine kleine Konzertreihe mit GranDuca aus Detmold und Boner aus Oldenburg. Das nennen wir dann Gran
Boner Rodeo Tour. Ansonsten war es einfach toll mit Bands wie The Midnight Ghost Train oder Steak Number 8 zu spielen. Auch vor Devil Driver auf dem Festivalkult zu spielen war sehr geil.
Diese riesige Bühne, der Sound, so könnten wir jeden Tag proben!
Habt ihr live auch schonmal schlechte Erfahrungen gemacht? Ohne Kohle abgezogen, mit weniger Equipment als zuvor?
Wir haben mal einen Gig in einem Antifa Schuppen gespielt, in dem alles aber auch wirklich alles falsch gelaufen ist. Der Soundmann wurde an eine Band gekoppelt,
die nicht aufgetaucht ist,
ergo der Soundmann ebenfalls nicht, so dass ein Zuschauer ans Mischpult musste. Die Lichtanlage wurde eine Woche vorher von einem Dj entwendet, also haben wir noch schnell alte
Wohnzimmerlampen organisiert.
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Wir haben für Lau gespielt, war für nen guten Zweck (Rettet die Filzlaus oder so), aber die haben auch noch das Essen verplant. Auf die Frage ob man nicht nen
paar Burger oder Döner holen könnte, sagte man uns, das sei nicht mit den Prinzipien des Ladens vereinbar, weil nicht vegan. Es waren 1000 Grad in dem Laden, aber wir wurden gebeten
unsere Shirts wieder anzuziehen, weil wir unsere männliche Privilegien checken sollen. Hat man uns vorher nix von gesagt, die Shirts blieben weiterhin ausgezogen, wir haben wütender gespielt
als je zuvor, ein gelungener Abend. Wir hatten Wege und Mittel uns ein wenig zu rächen, das bleibt aber unser Geheimnis.
Eurem Album liegen leider keine Texte bei und ich versteh' ungefähr soviel wie bei EYEHATEGOD oder BRUTAL TRUTH … worum geht es inhaltlich?
Depression, Isolation, die menschliche Hybris, Religion, Drogenmissbrauch.
Nichts bahnbrechendes, aber Dinge die man selbst erfahren hat. Es gibt einfach vieles was uns anpisst.
Heritage handelt bspw. davon, dass der Mensch Angst davor hat, dass nichts von ihm zurückbleibt und manche alles dafür tun um sich Geltung zu verschaffen.
Voodoo Lady von Menschen die durch ihre Sucht paranoid geworden sind und Pitiful Men von Menschen die am Rande von Suizid und/oder Massenmord stehen.
"Iso" erinnert mich ein wenig an SABBATH, welche Bands haben euch denn maßgeblich beeinflusst? Geheimtipps aus Detmold?
Die Nola Szene lässt sich als Einfluss natürlich nicht leugnen: Acid Bath, Eyehategod, Crowbar, Down. Aber auch vor allem Tom Waits, der einfach
unvergleichliche Geschichten erzählt. Ansonsten hört man manche Einflüsse ja nur selbst, die andere gar nicht mehr nachvollziehen können, aber man selber weiß wo welcher Teil seine
Inspiration fand. Wir versuchen natürlich was eigenes zu machen. Aber am Ende des Tages schuldet natürlich jeder seinen Arsch irgendwo Black Sabbath. Jede Band pickt sich hier und da von
jemanden etwas raus, ob bewusst oder unbewusst, Hauptsache es hat am Ende was individuelles.
Aus Detmold muss man sich Gran Duca angehört haben. Wenn die es nicht packen, dann sind wir alle verdammt. Eigenständiger Sound, geiles Songwriting, tolle Musiker!
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Ihr habt bei Deafground stilistisch so einen kleinen Exotenbonus, habt ihr versucht bei Labels unterzukommen, die nur Doom/Sludge machen? Wie sieht die Gesamtlage aus?
Ihr habt bei Deafground stilistisch so einen kleinen Exotenbonus, habt ihr versucht bei Labels unterzukommen, die nur Doom/Sludge machen? Wie sieht die Gesamtlage aus?
Wir fühlen uns bei Deafground ganz gut aufgehoben. Sicherlich kann es helfen bei einem Label zu sein, wo der Stammbaum weniger Äste hat (musikalischer Inzest hat auch was positives), aber wir sind erst mal froh jemanden zu haben, der sich gut um uns kümmert. Ansonsten ist es mit der Art von Mucke in Deutschland nicht ganz einfach, vor allem im Westen nicht. Aber es macht auch einfach Spaß Konzerte zu spielen auf denen das Publikum nicht so richtig weiß, was das eigentlich ist. Den einen ist es zu langsam, den anderen zu kantig.
Wenn wir ein Unwohlsein und ein wenig Verwirrung hinterlassen, sind wir zufrieden.
Die mediale Resonanz zum Album ist extrem erfreulich, schmiedet man da große Pläne, nimmt einen Packen Scheine in die Hand, und will es richtig wissen?
Man ist überrascht, man fühlt sich irgendwo bestätigt. Sicherlich wollen wir nachlegen, neue Songs sind in der Mache. Wenn du merkst, das Leute dich ernst nehmen und deine Musik hoch einschätzen, dann will man es um so mehr wissen. Und wir lieben es einfach menschenverachtende Rockmusik zu machen.
Thomas Eberhardt
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