tonzonen/sounds of new soma

Seit wann und aus welcher Motivation heraus existiert Tonzonen als Label und wer steckt alles dahinter?

Dirk: Tonzonen Records wurde von mir 2012 gegründet. Eigentlich gab es zwei ausschlaggebende Gründe um das Label plus den Webshop ins Leben zu rufen. Zum einen hatte ich mich mit Alex Djelassi, einem langjährigen Freund, auf ein gemeinsames Bandprojekt verständigt und das Ziel war es unsere Musik auch in Form einer LP zu veröffentlichen. Zum anderen meine innere Unruhe unbedingt eigenständig gute, innovative Musik aus den Bereichen Psychedelic, Krautrock und Avantgarde zu fördern. Ich betreibe das Label als DIY-Unternehmen, habe aber viele helfende Hände im Freundes- und Bekanntenkreis, denen ich alle sehr dankbar bin. Ohne die Unterstützung, zum Beispiel beim Verpacken einer neuen Lieferung, würde vieles nicht so reibungslos laufen.

Gibt es eine Labelphilosophie? Welche Gegebenheiten sind euch wichtig bei Gruppen, die ihr unter Vertrag nehmt?

Dirk: Ganz klar, was bei Tonzonen Records erscheint muss mir auch persönlich gefallen. Ich bin im Grunde Fan von jeder einzelnen Band die ich veröffentliche. Wichtig ist mir aber nicht nur, dass mir die Musik gefällt, es muss auch menschlich passen. Auch wenn ich mit manchen Bands lediglich über Emails oder Messenger kommuniziere (zum Beispiel Jay von Indica aus Australien oder Arturo von Cholo Visceral aus Peru), merkt man doch, ob es eine gemeinsame Basis gibt und man sich sympathisch ist.

LOVE MACHINE haben Verbindungen zur Kunsthochschule Düsseldorf und bei der Versiertheit der Band studiert bestimmt auch jemand an der Musikhochschule ... sieht es bei euren anderen Bands ähnlich professionell aus? Legt ihr Wert auf Könner?


Dirk: Wert auf Könner ... nein, die Musik muss stimmig sein, Atmosphäre transportieren und, wie bereits gesagt, mir gefallen. Love Machine sind eh ein Glücksfall für Tonzonen. Nach der Veröffentlichung des eigenen Bandprojekts war >A Present To The Galaxy< von Love Machine die erste Band die ich unter Vertrag genommen habe. Ich hatte zwar schon etwas Erfahrung sammeln können mit der ersten Veröffentlichung, aber im Grunde waren wir alle noch völlig frisch im Geschäft. Mir gefielen von Love Machine nicht nur die aufgenommenen Tracks, ich hatte auch den richtigen Riecher und das große Potenzial der Band erkannt. Love Machine und Tonzonen sind miteinander gewachsen und es geht noch weiter voran. Da bin ich mir sicher.

Spezialisiert seid ihr auf Vinyl. Sammelst du auch selbst und welche Schätze birgt die private Sammlung?

Dirk: Genau, obwohl auch CDs bei Tonzonen mit veröffentlicht werden, liegt doch das Hauptaugenmerk auf qualitativ hochwertiges Vinyl. Und ja, natürlich bin ich auch Sammler. Ob ich so viele Schätze habe, weiß ich gar nicht. Einige rare Metal-LPs aus der Zeit Ende der 80er sind noch in meiner Sammlung und ich habe auch ein paar feine alte Krautrock LPs, die durchaus selten sind. Ash Ra Tempel - Schwingungen im Original ist einer meiner liebsten LPs. Zuletzt konnte ich nicht widerstehen, da habe ich eine LP der Polit-Rock Band Wintauge erstanden, die 1983 in einer Auflage von lediglich 100 Stück hergestellt wurde.

Du betreibst unter tonzonen.de auch einen Shop. Was läuft bei dir gerade besonders gut? Worauf liegt euer Hauptaugenmerk?

Dirk: Besonders gut laufen gerade die eigenen Veröffentlichungen. Mit The Spacelords, Love Machine und Knall haben gerade drei extrem gute und mittlerweile auch in der Szene sehr bekannte Bands neue Alben veröffentlicht. The Spacelords - Liquid Sun ist mittlerweile sogar ausverkauft. Ansonsten was den Webshop angeht besteht das Programm hauptsächlich aus Psychedelic, Spacerock, Krautrock LPs, aber auch die ein oder andere Avantgarde und Post-Rock Veröffentlichung ist darunter. Ich schaue, dass ich für den Webshop Sachen einkaufe die man nicht überall bekommt, halt limitierte Editionen von kleinen, feinen Labels. SOUNDS OF NEW SOMA

Welche Bands/Künstler inspirieren SOUNDS OF NEW SOMA?

Alex: Mich haben schon zu Beginn meiner musikalischen Sozialisation „Freigeister" und Künstler fasziniert, die eigene Wege beschritten haben. Musikalisch ging die Reise quer durch den Garten, von Metal über Grunge, Space- und Stoner Rock, sowie Alternative bis hin zu Electronic, immer mit dem Bestreben, die Vorfahren und alten Helden dieser Genres zu finden und zu erkunden. Dirk: Ja, das stimmt. Wir haben uns über die vielen Jahre, die wir Musik intensiv konsumiert haben, zumeist im Underground der verschiedenen Genres bewegt. Ob wir allerdings bewusst inspiriert wurden, kann ich gar nicht sagen. Ich persönlich wohl am ehesten vom Krautrock, mit dem ich mich eine lange Phase beschäftigt habe.

Was hat es denn mit dem Bandnamen auf sich und was ist ein Moebius Tunnel?

Alex: Das „Soma" ist in Huxleys „Schöne neue Welt" die Volksdroge, die ohne schädliche Nebenwirkungen stimmungsaufhellend und aphrodisierend wirkt. Ein Ansatz bei der Namensgebung ist, dass unsere Sounds im besten Fall auch ohne verstärkende Mittel als angenehme und bewusstseinserweiternde Trips wahrgenommen werden. Der Name Moebius steht sowohl in musikalischer, als auch in mathematischer Hinsicht für zeitlose, kosmische Unendlichkeit. Der Tunnel repräsentiert das Album, das während des Hörens „durchfahren" wird. Dirk: Soma bedeutet ebenso die Entstehung von etwas Neuem. Die Entstehung von neuen musikalischen Wegen. Turn On Tune In Psych Out, oder wie war das? Ja, der Moebius Tunnel, der ist was ganz Besonderes. Er gibt Dir Schutz, lässt dich Entschwinden wenn Gefahr droht und ist unfassbar schön wenn man ihn entspannt durchfliegen kann. Moebius Tunnel halt.

Könnt ihr euch noch an die Initialzündung Psychedelic/Ambient erinnern?

Alex: Der Song „One Million Billionth Of A Millisecond On A Sunday Morning" von den Flaming Lips hat mich damals mit ca. 16 musikalisch zum ersten Mal so richtig auf die Reise geschickt. Schnell waren da Querverbindungen gefunden, die über Pink Floyd bis hin zum Krautrock der frühen 70er reichten. Sicher manifestierte sich damals die Liebe zum - erst einmal rockigen - Psychedelic und auch dazu, sich mit Musik intensiv auseinanderzusetzen. Dirk: Schwer zu sagen. Eine Band die mich mit Sicherheit geprägt hat, ist Brainticket. Da ist der Name Programm und ich habe früher einigen Sessions beigewohnt, wo die Musik von Brainticket durchaus zu einer intergalaktischen Erfahrung wurde. Aber auch Guru Guru, Ash Ra Tempel, Amon Düül II oder Tangerine Dream hat mich sofort begeistert und auf die Reise geschickt.

Welche Effekte bringt ihr gerne zum Einsatz und wie muss man sich das Setup live vorstellen ... wer kümmert sich um die Beats? Wie ist eure aktuelle Einstellung, was das Thema Gesang angeht? Less is more ... ???

Dirk: Wir sehen uns eher als Instrumental-Projekt, dass Vocals aber in verschiedener Form einsetzt. Quasi als ein weiteres Instrument zur Vervollständigung des Gesamtbildes. So ist es auch mit den Effekten, egal ob vom Synthie, mit dem Theremien erzeugt oder mit der Gitarre eingespielt. Viel ist spontan im Kontext des Moments entstanden, wird verfremdet oder vielleicht durch einen Sequenzer gejagt. Es gibt keine Regel, das ist die Regel. An eine Live-Umsetzung haben wir noch nicht gearbeitet. Ob wir das je in Angriff nehmen ist fraglich.


Alex: Bei den (Gitarren-) Effekten sind natürlich Delay, sowie verschiedene Flanger, Phaser, sowie Wah und Fuzz im Einsatz. Im Mix jage ich oft auch die Synthie-Spuren gerne noch durch verschiedene Effektschleifen. Zum Thema Gesang: „Less is more" trifft das schon ganz gut. Beim Track „Subraumverzerrung" haben wir zum ersten Mal mit Gesang gearbeitet, da sich das bei diesem Song einfach richtig anfühlte.

Mich würde brennend interessieren, wie ich mir den Prozess des Songwritings in einer Ambient Combo vorzustellen habe ... was passiert da? Ist es eher eine Stimmung, die umgesetzt werden soll, oder gibt es Parts, die ergänzt werden müssen?

Alex: Das Songwriting ist ein fließender Prozess bei uns. Meist produziere ich Demos vor, an denen wir dann gemeinsam weiterarbeiten. Das kann sich dann auch so gestalten, dass von der Ursprungsidee nicht mehr als ein Gerippe übrig bleibt, das dann gemeinsam mit neuem Leben gefüllt wird. Das Einfangen der Stimmung im Hier und Jetzt steht immer im Vordergrund. Auch kommt es vor, dass wir einen Track live einspielen und nachträglich nur durch Field Recordings und/oder Sprache in die finale Fassung bringen.

Eroc (GROBSCHNITT) hat Moebius Tunnel gemastert. Habt ihr ihn persönlich getroffen, oder wie kam der Kontakt zustande?

Alex: Schon beim Vorgänger-Album „Beyond The Acid Dream" standen wir vor der extrem wichtigen Entscheidung des Masterings. Letztlich haben wir geschaut, welcher Name auf den Alben stand, deren Sound uns gefiel und den wir für passend hielten. Der erste Kontakt fand dann per Mail und später telefonisch statt. Nach dem Testmaster eines unserer ersten Tracks stand die Wahl schnell fest. Eroc ist einfach eine Koryphäe auf diesem Gebiet und weiss, wie man sowohl rockige, als auch elektronische Sounds noch diesen Hauch brillanter und offener hinbekommt. Zusätzlich erwies es sich als gute Wahl, unsere Alben bei SST in Frankfurt speziell für Vinyl nachbearbeiten zu lassen, damit die perfekte Vorarbeit von Eroc auch originalgetreu auf die Schallplatte fließen kann.

Dirk: So sieht´s aus. Eroc weiß was er macht und er mag unseren Sound. Das ist wichtig. Eroc ist cool, ich bin ihm echt dankbar. Er hat mittlerweile auch etliche andere Alben gemastert, die bei Tonzonen erschienen sind.

1000 Dank. Thomas Eberhardt